„Wie stellst du dir das vor? Was ist, wenn sie mit einem Auto fahren? Wir können denen doch nicht mit den Rädern hinterherjagen. Die sind zu schnell für uns, vielleicht fahren sie ja nach Buren, an das andere Ende der Insel!“ Paula winkte ab.
„Stimmt“, gab Katja zu, „aber es gibt sicher einen Grund, warum sie sich ausgerechnet in Hollum und nicht in Buren ein Zimmer genommen haben.“
„Lasst uns doch erst mal mit der Beschattung anfangen. Wenn sie wirklich ein Auto benutzen, können wir immer noch überlegen, was wir machen!“, schlug ich vor.
Die anderen nickten zustimmend. Nur Olli hatte einen seiner typischen Einfälle. „Wir mieten einen Hubschrauber, dann können wir sie von oben beobachten und überall hin verfolgen.“
„Halt die Klappe, Olli!“, meinte Lara, der die Ideen ihres kleinen Bruders manchmal auf die Nerven gingen. „Ich finde, zwei von uns gehen heute Abend zur Pension und stellen fest, ob die Typen noch da sind. Falls sie irgendwo hingehen, werden sie verfolgt!“ Laras Idee fanden wir gut.
Hanjo und Katja wollten die erste Wache übernehmen. Zumindest so lange ihre Eltern nichts bemerkten. Morgen würden wir dann weiter sehen, denn natürlich konnten wir sie nicht die ganze Nacht beobachten.
Wir liefen zum Strandcafé. Unsere Eltern warteten schon auf uns. „Wo seid ihr gewesen?“, rief Rainer uns entgegen. „Wir wollten doch zusammen essen. Jetzt wird es aber Zeit, sonst ist alles kalt. Eet smakelijk!“ Zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit gab er mit seinen Niederländischkenntnissen an.
Wir ließen uns das aber nicht zweimal sagen, denn inzwischen hatten wir einen ziemlichen Kohldampf. Zum Schluss gab es für jeden ein Eis und die drei Väter löffelten genüsslich ihren Eierlikör mit Sahne, auf den sich Papa schon die ganze Zeit gefreut hatte.
„Ich kann nicht mehr“, stöhnte Paula und hielt sich mit beiden Händen ihren Bauch. „Und ich bin total fertig“, antwortete ich. „Ich freu’ mich nur noch auf mein Bett.“
„Aber morgen früh müssen wir uns sofort treffen“, flüsterte Katja. Die Mütter bezahlten und wir verließen das Strandcafé.
Da die Franzens und die Münstermänner fast in der Dorfmitte wohnten und wir an der Wattseite, trennten sich unsere Wege, das letzte Stück fuhren wir allein.
Zu Hause gingen Meike und ich sofort schlafen. „Was meinst du, ob Katja und Hanjo die beiden Männer sehen?“, fragte sie. Ich gähnte. „Keine Ahnung, morgen wissen wir mehr. „Jetzt bin ich jedenfalls zu müde, um noch darüber nachzudenken. Schlaf gut.“ Ob Meike noch antwortete, konnte ich später nicht mehr sagen, denn mir fielen sofort die Augen zu.
*
Die Begegnung am Geheimversteck
Am nächsten Morgen hatten wir es ziemlich eilig, zu Franzens zu kommen. Papa und Mama saßen schon beim Frühstück.
„Ich soll euch von Katja ausrichten, dass ihr euch um 10.00 Uhr treffen wollt“, sagte Papa. Er hatte sie beim Brötchenholen getroffen. „Es schien wohl ziemlich wichtig zu sein. Habt ihr irgendwas Bestimmtes vor?“
„Ähm nein, ja, wir ... wir wollen zusammen an den Strand und Muscheln suchen, zum Ketten basteln.“ Die Ausrede gefiel mir, sie klang ganz gut.
„Wie kommst du denn darauf?“, meinte Meike und schaute mich verwundert an.
Ich trat gegen ihr Bein.
„Ach, stimmt ja, das hätte ich fast vergessen“, sagte sie schnell.
Unsere Eltern sahen sich an und Mama zog leicht ihre Augenbrauen hoch. „Na ja, dann nehmt doch die Tragetasche mit, darin könnt ihr eure Muscheln sammeln.“ Sie hatte immer praktische Ideen, auch wenn wir die Tasche jetzt eigentlich gar nicht gebrauchen konnten. „Ihr seid aber gegen halb eins zurück!“
Mit einem: „Klar, Paps!“, sausten wir nach draußen.
Die anderen saßen schon bei Franzens, bis auf Lara und Paula, die seit einer Stunde vor der Pension Wache hielten. „Und, was ist gestern Abend passiert?“, fragten Meike und ich wie aus einem Mund.
„Wir sind noch bis kurz vor Mitternacht vor der Pension geblieben“, antwortete Hanjo.
„Nach dem Schwimmen haben Katja und ich so getan, als wären wir total kaputt. Dann sind wir ins Bett und kurze Zeit später durch unser Zimmerfenster abgehauen. Ich glaube, wir waren gerade fünf Minuten da, als Walross, der kleine Dicke mit dem Schnauzbart, und der Große mit der Nackenlocke mit Fahrrädern in die Dünen fahren wollten.“
„Woher wusstet ihr, dass sie dorthin fahren wollten?“, staunte ich.
„Ich konnte hören, wie der Dicke jemanden nach dem Weg fragte. Wir sind dann hinterher.“
„Die suchen eine Galionsfigur von einem Schiff, das irgendwann mal am Strand von Ameland gekentert sein soll“, erklärte Katja.
„Was ist denn eine Galionsfigur?“, wollte Olli wissen.
„Eine Art Verzierung am Bug von Segelschiffen. „Mehr weiß ich auch nicht. Walross jedenfalls will die Figur unbedingt wiederhaben, um endlich sein Geld kassieren zu können.“
„Wieso Geld und was heißt wiederhaben?“, erkundigte ich mich.
„Keine Ahnung“, antwortete Katja.
„Und wieso ist diese Figur ausgerechnet hier in Hollum in den Dünen?“, fragte Meike.
„Weiß ich auch nicht. Aber sie haben in der Nähe unseres Geheimverstecks fast alles umgegraben“, raunte Hanjo aufgeregt.
„Und, haben sie was gefunden?“ Olli rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her.
„Nein, Walross war deshalb auch stinkesauer und hat den Großen die ganze Zeit angemeckert. Wollt ihr wissen, was der dann gemacht hat?“
„Klar, jetzt erzähl schon“, antwortete ich ungeduldig.
„Er hat den Dicken gepackt, ihn in die Luft gestemmt und durchgeschüttelt wie eine Puppe.“ Wir waren echt beeindruckt. Leicht war die Kugel auf zwei Beinen bestimmt nicht. „Walross hat keinen Ton mehr gesagt und dann sind sie zurück zu ihrer Pension.“ Hanjo schaute uns erwartungsvoll an.
Olli sprang begeistert hoch. „Cool, jetzt suchen wir die Figur, kassieren eine fette Belohnung und können bis zum Ende der Ferien Pommes und Frikandel spezial essen!“ Dazu machte er einen Handstand.
„Jetzt stell dich mal wieder auf die Füße“, meinte Pit, der mit seinem Lieblingsspielzeug, dem Fußball, jonglierte. „Aber du hast recht, die Idee ist gar nicht so schlecht.“
„Genau. Wir fahren jetzt zu unserem Geheimversteck und suchen sie. Vielleicht haben wir ja mehr Glück als die Typen. Zwei von uns sollten die beiden aber beobachten, um rechtzeitig Bescheid zu sagen, falls sie wieder auftauchen“, schlug ich vor.
„Okay, so machen wir’s“, nickte Hanjo.
„Na, was habt ihr denn hier für eine geheime Beratung?“, fragte Heike, die in den Garten gekommen war.
„Das willst du doch nicht wirklich wissen, Mama“, antwortete Hanjo, „schließlich hast du selbst gesagt, die Beratung sei geheim.“
„Wir haben gerade überlegt, zum Strand zu fahren, um dort Fußball zu spielen“, antwortete Pit geistesgegenwärtig.
Wir stimmten schnell zu, sodass es für Heike wohl ziemlich echt aussah. Jedenfalls fragte sie nicht weiter nach, sondern hielt es für eine gute Idee.
„Seid ihr gegen Mittag wieder zurück? Papa will nämlich kochen.“
„Na klar, Mama, Hauptsache es gibt Spaghetti!“, rief Pit noch, während wir schon losrannten, um Paula und Lara in unseren Plan einzuweihen. Sie hielten seit einer Stunde vor der Pension Wache, hatten aber bis jetzt nichts Auffälliges bemerkt.
„Walross stand eben vor der Tür zum Telefonieren. Ich schätze, es war sein Boss, denn er sagte fast nichts außer: „Ja, ja ...“, und dazu machte er ein ziemlich ernstes Gesicht. Im Augenblick sind sie drinnen“, berichtete Paula. Sie und Lara waren einverstanden, die Typen weiter zu beobachten, während wir nach der Figur suchten.
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