Die klare Sonne bringts
doch
an den Tag
– Eine Krimi-Mär –
Impressum
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© Du-Lac-Verlag, Kassel, 2020, 1. Auflage
Titelzeichnung & Umlaufcover: Stefan Böttcher, Gerlingen
Typografie & Layout: Klaus-Peter Hünnerscheidt, Kassel
Created in Germany
Internationale Standardbuchnummer: ISBN 978-3-9818642-6-7
Inet: www.du-lac-verlag.de
Klaus Scheidt
Die klare Sonne bringts doch
an den Tag
– Eine Krimi-Mär –
Für ‚sachdienstliche Hinweise‘
und gute Ratschläge danke ich:
Stefan Böttcher, Gerlingen
Christian Hagedorn, Schenefeld
Horst Marquard, Walsrode
Werner Schubert, Chaiyaphum/Thailand.
Einen besonderen Dank sage ich
meinem befreundeten Kollegen,
dem Schriftsteller Miguel de Torres,
Chaiyaphum/Thailand,
für das Lektorat.
Du-Lac-Verlag
Verlagsbuchhandlung
Inhalt
Erster Teil
Fundsache
Zweiter Teil
Witterung
Dritter Teil
Erkundung
Vierter Teil
Aufklärung
Fünfter Teil
Enthüllung
Sechster Teil
Genugtuung
Anhang
Personalien
Die Hauptpersonen sowie die Handlung
sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten der handelnden Personen
mit lebenden oder verstorbenen Menschen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Für die historischen Begebenheiten
sowie Ortsschilderungen und Zeitangaben
wird keine Gewähr gegeben.
Erster Teil
Fundsache
Freie und Hansestadt Hamburg,
Bezirk Altona, Stadtteil Altona-Altstadt, Fischmarkt
Sonntag, 26.08.2001, 6:30 Uhr
»Ich werd‘ noch bekloppt wegen euch!«
Karl Stormann horchte auf und reckte den Hals, um nach dem Brüllenden zu fahnden. Er sah von fern, wie Wurst-Achim zu einer ellenlangen armdicken Salami griff und beidhändig mit ihr auf den hölzernen Verkaufstresen einprügelte, als habe dieser Schuld an seiner Misere.
»Darauf wartet ihr doch schon die ganze Zeit, während ich euretwegen mir den Mund fusselig rede. Und jetzt bin ich‘s wohl, denn nur ein Bekloppter macht so etwas wie ich.«
Der bullige Marktschreier warf die malträtierte Salami hinter sich; beidhändig raffte er zwei Handvoll Bockwürste zusammen und warf diese in hohem Bogen über die Menschenmenge. Die vor dem Stand dicht an dicht versammelten Leute staunten, lachten, schnappten nach den fliegenden Würsten und hatten ihren Spaß. Und Wurst-Achim tobte weiter in seinem Wurstladen auf Rädern wie auf einer Showbühne. Schließlich hatte er Erfolg, denn eine Gruppe von Touristen kaufte in Mengen Pfeffersalamis sowie andere Würste, herübergereicht in etlichen vollgestopften braunen Tüten aus Kraftpapier.
»Ihr macht‘s richtig!«, schrie er ihnen lauter hinterher als ein Brüllaffe. »Denn Wurstesser sind die besten Liebhaber. ‘Ne Dauerwurst und ordentlich Butter helfen dem Vater endlich wieder auf die Mutter.«
Während Stormann langsam umherging und das geschäftige Treiben um sich herum aufmerksam verfolgte, lächelte er gönnerhaft, denn seit einem seiner Mordfälle wusste er, wie hart die Jobs der Marktschreier waren. Seit einigen Wochen war er Rentner und kam häufiger hierher, was ihm leichtfiel als Frühaufsteher. Außerdem blieb er hier unter Menschen und konnte deren Tun und Lassen beobachten. So schien die Zeit schneller zu vergehen und er vermisste seine anspruchsvolle Tätigkeit als Kriminalhauptkommissar weniger als allein zu Hause.
Eine Bö fegte über die Elbe und den Fischmarkt hinweg. Die meisten Besucher zogen die Köpfe ein und blickten missbilligend empor zum wolkenverhangenen Himmel, denn das Wetter war keineswegs sommerlich und die meisten Leute waren angezogen wie im Herbst.
Mit der rechten Hand fasste Stormann rasch an die Krempe seines einfachen Panamahuts – er hatte noch einen naturfarbenen aus Ecuador von der Marke Montechristi-Fedora, den er nur trug, wenn er sicher war, dass kein Hanseat ihn damit ertappen konnte. Flugs wandte er sich von der Richtung des kühlen Windes ab. Sein stets wacher Blick erfasste eine Notlage und im Reflex eilte er zur Hilfe, gerade noch rechtzeitig, um mit seiner Linken einen Stapel loser Blätter am Davonfliegen zu hindern.
»Danke schön!«, bekam er zu hören, hastig gesprochen aber höflich im Ton, denn der junge Mann war beschäftigt, den Rest seines Sammelsuriums auf einem wackeligen Tapeziertisch aus Sperrholz zusammenzuhalten.
»Gern geschehen.« Mit seiner linken Schuhspitze stieß Stormann seitlich gegen einen der beiden Unterständer, damit dieser einrastete und der Tisch stabiler stand. Mit der rechten Hand nahm er ein altes Buch von einem Stapel und pfiff anerkennend, denn es war ein richtiger Wälzer. Um dessen Gewicht zu schätzen, hielt er ihn waagerecht auf der flachen Hand, bevor er das Druckwerk auf den Stapel loser Blätter legte. Dann entspannte er sich und sah zu, wie der junge Mann hinter dem Tisch seine Bücher, Militaria, Porzellan sowie allerlei Andenken auf knapp drei Meter Breite zurechtrückte.
Kein Krempel dabei. Anerkennend nickte Stormann mehrmals, während er die Rückentitel der längs und hochkant gestellten Bücher studierte. Nur gute Bücher und kostbare Sachen.
Er musterte den schlanken Verkäufer, der ihn um etwa zehn Zentimeter überragte, folglich über einen Meter neunzig groß sein musste. Der Mittzwanziger machte einen redlichen Eindruck und stammte wohl aus der gehobenen Hamburger Bürgerschaft, obwohl seine Kleidung etwas unordentlich arrangiert war. Dies lag wohl daran, dass er sichtlich unter Zeitdruck stand und entsprechend nervös agierte; außerdem schien er erstmalig einen Stand für einen Flohmarkt aufgebaut zu haben.
»Sie haben sich für Ihre wertvollen Sachen aber keinen guten Platz ausgesucht, mein Herr.« Stormann schüttelte den Kopf und blickte skeptisch, dann richtete er seine grünen Augen unverwandt auf des Gegenübers seit etlichen Tagen nicht rasiertes Gesicht. »Die gehören nächstes Wochenende auf den Collectors Antique-Market in den Colonnaden. Da sind Sie mit Ihren Kleinodien besser aufgehoben.«
Der junge Mann senkte seine Lider und sah verlegen lächelnd über seine Antiquitäten hinweg. Dann breitete er mit resignierender Geste die Arme aus. »Und ob ich dort besser aufgehoben wäre, da haben Sie völlig recht, mein Herr. Aber ich kann nicht so lange warten, weil es dann zu spät ist.«
»Zu spät für was?«
»Das ist viel zu spät sogar, denn meine finanzielle Deadline ist morgen schon um zehn Uhr. Bis dann muss ich in bar eingezahlt haben, sonst bekomme ich mächtig Ärger.«
»Von Seiten eines Gläubigers?«
»Nein, nicht was Sie denken, es wäre viel schlimmer.« Mehrmals wedelte der junge Mann mit beiden Händen, die Finger fächerförmig gespreizt, und spitzte den Mund wie zu einem stummen Pfiff. »Mein alter Herr macht mir die Hölle heiß, wenn ich morgen früh in Bremen nicht zur Abschlussprüfung zugelassen werde, denn er hat das Geld fürs Studium und die Prüfungsgebühren bereits vorgeschossen.«
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