Robert von Lucius - Drei baltische Wege

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Litauen, Lettland und Estland sind nach einem halben Jahrhundert als Sowjetrepubliken wieder unabhängig. Und auf dem Vormarsch: Tallinn ist Kulturhauptstadt Europas 2011. Von Lucius erinnert an die Aufbruchsstimmung nach 1990, erzählt vom gesellschaftlichen Wandel und Begegnungen mit Prominenten. Dabei geht es weniger um Tagespolitik oder wirtschaftliche Analysen: Licht fällt u. a. auf das Selbstverständnis der Balten, aber auch auf deutsche Wurzeln, die Nachbarländer, neuerliche Brüche und die Chancen, die die neue Zeit den »baltischen Tigern« bietet.

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Robert von Lucius

DREI BALTISCHE WEGE

Litauen, Lettland, Estland –

zerrieben und auferstanden

mitteldeutscher verlag

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.deabrufbar.

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Freigrenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Für Beiträge aus der F.A.Z.:

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

Zur Verfügung gestellt vom Frankfurter Allgemeine Archiv.

Fotografien:

© Dirk Bleyer (drei eingefügte Bildtafelteile, Umschlag)

© Robert von Lucius (im Textteil integrierte Bilder)

2., aktualisierte Nachauflage, 2012

© mdv Mitteldeutscher Verlag GmbH, Halle (Saale)

www.mitteldeutscherverlag.de

Gesamtherstellung: Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale)

1. digitale Auflag: Zeilenwert GmbH 2013

ISBN 9783954621576

Inhalt

Cover

Titel Robert von Lucius DREI BALTISCHE WEGE Litauen, Lettland, Estland – zerrieben und auferstanden mitteldeutscher verlag

Impressum Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Freigrenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Für Beiträge aus der F.A.Z.: © Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt. Zur Verfügung gestellt vom Frankfurter Allgemeine Archiv. Fotografien: © Dirk Bleyer (drei eingefügte Bildtafelteile, Umschlag) © Robert von Lucius (im Textteil integrierte Bilder) 2., aktualisierte Nachauflage, 2012 © mdv Mitteldeutscher Verlag GmbH, Halle (Saale) www.mitteldeutscherverlag.de Gesamtherstellung: Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 1. digitale Auflag: Zeilenwert GmbH 2013 ISBN 9783954621576

Kern, Schnittstelle, Brücke

Litauen

Großfürsten und Breitband

Vilnius – wie eine mehrmals überschriebene Handschrift

Großfürstenpalast – unten authentisch, oben Symbol

Klaipeda (Memel) – Stadt, Land, Meer

Kaunas – Von Teufeln und Engeln

Litauens Geburtsurkunde

Doppelbödige Schwermut in der Literatur

Litauischer Jazz – zündende Intensität

Lettland

Die fetten Jahre sind vorbei

Riga: Stolz, schön und zerbrechlich

Schloss des Lichts: Die Nationalbibliothek

Kaspar Hauser lebt: Das Goethe-Institut als Türöffner

Ohne Klagelieder: Leben in Riga

Kurland: Idylle im einstigen Sperrgebiet

Letzte Laute des Livischen

Münchhausiaden – der Lügenbaron in Livland

Zwei, drei, vier Oligarchen

Estland

Ein halbnordisches Erfolgsland

Zwei Gesellschaften: Jugendkult und E-Wahlen

Tallinn – Suche nach dem Weg zur See

Tartu/Dorpat – Studentenkorporationen als Keimzelle

Jeder Hundertste ist infiziert

Lennart Meri: Eine Renaissancegestalt als Gründungsvater

Vertrieben, deportiert, ermordet

Meisterwerke der Kunst

Musik als „größter Exportartikel“

Deutsche Wurzeln

Bürgerstolz

Lambsdorffs Heimkehr

Buch und Butter: Flucht in die westfälische Provinz

Mauritiuskopf am Revers: Die Schwarzenhäupter

Jüdische Spuren

Vilnius – Jerusalem des Nordens

Streit um Synagogen

Karäer

Langsame Heimkehr: Mark Rothko

Blutsonntag: Jüdische Massengräber

Künstler im Widerstand gegen Hammer und Sichel

Sängerfeste und die Singende Revolution

Niemals aufgeben – Jaan Kross

Welche Sünde? – Oper als Zeichen

Noch kein Grün – Vizma Belsevica

Ente, antisowjetisch – Rock in Litauen

Lasten der Vergangenheit

Symbole und Geschichtsdeutungen

Lettland – wachsendes Selbstbewusstsein

Litauen – Energie als Waffe

Estland – Grenzen und Cyberterrorismus

Die Nachbarn

Achse der Freiheit: Von Weißrussland bis Georgien

Forum Neuer Demokratien

Der Weg nach Brüssel

Blick nach Washington

Bildteil

Quellenverzeichnis

Ebenfalls erhältlich

Kern, Schnittstelle, Brücke

Die drei baltischen Länder Estland, Lettland und Litauen sind historisch und kulturell ein uralter Teil Kerneuropas und waren doch lange abgeschnürt. Wie kaum ein anderes Gebiet Mitteleuropas liegt das Baltikum an der Schnittstelle zwischen West und Ost, diente als Brücke für Handel und Kultur, wurde aber auch zwischen den Großmächten zerrieben. Dennoch bewahrte es ­seine innere Eigenständigkeit, der die äußere Unabhängigkeit in den Zwanziger- und Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts spät und kurz folgte. Nach fünf Jahrzehnten der Besetzung – kurz durch das Deutsche Reich, länger durch die Sowjetunion – sind Lettland, Litauen und Estland seit 1991 wieder frei und unabhängig.

Wer heute erstmals nach Tallinn (Reval), Riga oder Vilnius (Wilna) kommt, wird es kaum glauben können: Vor zwei Jahrzehnten standen dort russische Panzer – Estland, Lettland und ­Litauen waren Sowjetrepubliken. Heute steht ein Designer-Laden mit den bekannten westlichen Modemarken neben dem anderen. Im Jahr 2011 war Tallinn Kulturhauptstadt Europas, zwei Jahre zuvor führte Vilnius diesen Titel. Die drei Länder erzielten in den ersten fünf Jahren nach ihrem Beitritt zur Europäischen Union und zur Nato 2004 mit jeweils zwischen neun und zehn Prozent das ­höchste Wirtschaftswachstum innerhalb der EU und beklagten sich über bürokratische Regelungen aus Brüssel, die den freien Markt behindern. Ihre einfachen Steuerregeln fanden Anhänger und Neider in Westeuropa. Alle drei Länder begannen als Agrarstaaten. Sie wurden rasch Dienstleistungsgesellschaften – Estland für die Informationstechnologie, Lettland und Litauen für ­Energie und Transport. In kaum einem anderen Land der EU spielen Computer, Internet und Mobilfunk eine solch herausragende Rolle wie in Estland. Als erstes Land der Welt konnten die Bürger dort vom heimischen Computer aus über das Internet wählen statt in der Wahlkabine. Dann kam die Krise, ebenso wie zuvor der Aufschwung, stärker als anderswo. Die Esten waren die Ersten in der Region, die sie überwanden – beschleunigt durch den Anstoß, den die Euro-Einführung zum Jahresbeginn 2011 ihnen gab.

Wirtschaftlich haben sich die drei Nachbarn der Marktwirtschaft zugewandt, auch wenn es Rückschläge gibt und viele Veränderungen nur schleppend vorankommen. Dies gilt für die Privatisierung, die ausufernde Korruption oder den Versuch, eine überalterte und träge Bürokratie und Justiz auszuwechseln mit neuem Denken, neuen Regeln und neuen Menschen. Überall sind junge Gesichter zu sehen, Menschen, die erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion studierten. Minister, Abteilungsleiter, Generaldirektoren, Marinebefehlshaber: Viele sind um die dreißig Jahre alt, kaum jemand ist über 40. Sie sehen sich als „Generation der Gewinner“. Anpassungsfähigkeit, rasches Handeln und hartes Arbeiten sind gefragt. So ist es kein Wunder, dass Estland zum Modell wurde (und gerne damit kokettiert), das in der Welt des Webs ideenreicher und weiter ist als die meisten „alten“ Länder der EU. Für die Boutiquen haben vorerst nur Besucher aus Russland Zeit. Diese aber geben dann so viel Geld aus, dass sich auch diese, meist leeren Luxusläden lohnen. Zumindest zum Feiern kommen junge Litauer, Letten und Esten selbst während der Woche. Restaurants und Diskos sind auch noch am frühen Morgen voll mit übermütigen „Jungen“.

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