Leben ist Alltag. Und Alltag ist häufig Stress. Für viele von uns.
Doch ist die allerorten anzutreffende Zunahme von Hektik, Zeitmangel und ‚Verdichtung‘ ein Naturgesetz? Ist es schicksalhaft und unabdingbar, dass wir keine Zeit mehr für Muße haben und zunehmend nur noch, wie es scheint, funktional, fremdbestimmt und getrieben sind? Ist es ein zwingender Preis der Moderne, dass alles immer schneller, höher, weiter gehen muss? Und ist es genauso vorgegeben, dass wir als „Kollateralschaden“ immer mehr Burnout-Fälle, stressassoziierte Beschwerden und Erkrankungen sowie eine insgesamt eingeschränkte Lebensqualität in Kauf nehmen müssen? Etwas, was wir passiv ertragen oder hilflos erdulden müssen und auf das wir keinen Einfluss haben?
Und nicht zuletzt: Stimmt genau diese Einschätzung unserer Situation überhaupt?
Leben ist Herausforderung und, ja, zuweilen Stress. Leben ist auch Überleben. Leben ist aber genauso, in einem positiven Sinn, das volle Leben, Fülle, Freude und Glück. Und fraglos: Es gibt Menschen, die ‚surfen‘ geradezu auf den Wogen des Lebens, auch in harten und herausfordernden Zeiten. Wie hochtrainierten Athleten – oder Felsen in der Brandung – macht ihnen scheinbar der Stress, das Unwetter, die raue See wenig aus. Ist das wirklich so? Können wir von jenen Menschen etwas lernen?
Dieses Buch richtet sich an alle, die vermuten, dass Stress und Stresserleben auch etwas mit den inneren Bewältigungspotenzialen, Widerstandsressourcen und der eigenen Gesundheitsfürsorge zu tun haben könnte. Und an alle anderen auch: An diejenigen, die den Alltag als Belastung und Quelle von Stress empfinden, und an diejenigen, die im Alltag Inspiration und Energie finden, Schutz- und Kraftquellen. An alle, die im täglichen Leben etwas für sich selbst, die eigene Gesundheit oder Stresskompetenz tun wollen. Denn dort, im Alltag, ist die Stressbewältigung relevant. Dort entscheiden sich Gesundheit und Krankheit, Leistung und Effizienz, Flow, Glück und Zufriedenheit. Dort entscheiden wir, wie wir uns verhalten. Dort findet das Leben statt, jetzt, in jedem Moment neu.
Wir möchten Sie mit diesem Manual einladen, verschiedene Techniken der Mind-Body-Medizin kennen zu lernen und Ihr persönliches Potenzial zur Stressbewältigung zu entdecken, zu testen, zu schulen und zu stärken.
Und, wer weiß, vielleicht finden Sie beim Lesen das eine oder andere Neue und Gute für sich heraus?
Wir wünschen Ihnen dabei viel Freude!
Berlin, Juni 2013
Tobias und Sonja Maren Esch,
Stefanie Thees und Annette Kerckhoff
Einleitung
Modul 1 Stress und Einführung in die Stressbewältigung
Was ist Stress?
Die Antilope und der Löwe – Stressor und Stressreaktion
Stress erkennen
Mit Stress leben lernen
Modul 2 Entspannung
Aktiv entspannen
Die Entspannungsantwort
Mini-Entspannungen
SARW-Technik
Praxiseinstieg: Entspannung
Modul 3 Zeit-/Selbstmanagement und Bewegung
Rhythmus, Rituale und Zeitmanagement
Bewegung
Modul 4 Achtsamkeit und Ernährung
Das Achtsamkeitsprinzip
Achtsamkeit und Ernährung
Ernährung und Stress bzw. Stressbewältigung
Esskultur
Intervallfasten/Intermittierendes Fasten
Die Ernährungspyramide
Der ausgewogene, gesunde Teller
Saisonalität und Regionalität von Lebensmitteln
Achtsamkeit und Genuss beim Essen
Modul 5 Soziales Netz: Freude, Stressabbau und Unterstützung durch das Umfeld
Das Flow-Prinzip
Soziales Netz und soziales Umfeld
Resilienz und Kohärenz
Modul 6 Sprache und Ausdruck
Gedankenmuster
Gedankliche (kognitive) Umstrukturierung
Modul 7 Selbsthilfe und Selbstheilung
Selbstheilung ist Regulation
Naturheilkundliche Selbsthilfestrategien
Mitgefühl und Selbstmitgefühl
Modul 8 Rückfallprävention
Fazit zum Kurs
Stolpersteine und Gegenmaßnahmen
Erinnerung an Dinge, die Ihre Widerstandskraft und Stressresistenz stärken
Zum Abschluss …
Anhang
Meditationsanleitungen und theoretische Aspekte der Meditationspraxis
Meditation im Sitzen/Atemmeditation (ca. 15–20 Minuten)
Meditation im Liegen/Achtsamkeitsmeditation – Body-Scan (ca. 20 Minuten)
Mitgefühlsmeditation/Meditation der „liebevollen Güte“ (ca. 10 Minuten)
Theoretische Aspekte der Meditationspraxis
Yogaübungen (Beispiel für Hatha-Sequenz)
Allgemeine Hinweise zur Durchführung
Die Übungen im Einzelnen
Adressen, Links und weiterführende Literatur
Mind-Body-Medizin und Stressreduktion
Ausbildung, Fort- und Weiterbildung (Beispiele im deutschsprachigen Raum)
Literatur zur weiteren Vertiefung
Das Autorenteam
Kurzurlaub in der Provence. Ein alter Bordeaux. Ein reifer Käse. Und auch die Möglichkeit, per Skype mit Freunden und Verwandten in der ganzen Welt zu kommunizieren. Hier und dort „gleichzeitig“ zu sein. Permanente Erreichbarkeit über das Handy, eine Erleichterung für alle Eltern, eine große Freiheit für zahlreiche Berufstätige, das Gefühl einer großen Community und einer schier unbegrenzten Freiheit für die Jugend. Unzählige Fernsehprogramme, die Welt des Internets, die mit einem Klick den Zugriff auf weltweite Informationen erlaubt. Unendliche Möglichkeiten.
Welche fantastischen Errungenschaften. Welcher Komfort, der uns das Leben erleichtert.
Und doch: Ein Leben mit zwei Gesichtern. Der Segen kann zum Fluch werden. Die interaktive, mobile, globalisierte Welt von heute bietet nicht nur weit mehr als früher, sie fordert auch weit mehr. Ihr Tempo macht manchmal schwindelig. Sie bestimmt den Rhythmus, den globalen Puls, selbst Zeitverschiebungen werden nivelliert. Sie bindet Gedanken und Gefühle, schafft neue Aufgaben und Verpflichtungen. Immer gibt es irgendetwas, was wir noch tun müssen . Und wir vergleichen uns jetzt bei dem, was wir tun, nicht mehr nur mit unserem realen Sitznachbarn zur Rechten oder zur Linken, sondern mit einer exponentiell angewachsenen Zahl von weltweiten virtuellen Usern im „globalen Dorf“. So paradox es klingt: Obwohl gerade die technischen Erleichterungen das Ziel haben, Zeit zu sparen, führen sie bei vielen von uns zu Zeitdruck und Hetze. Es bleibt das Gefühl, nicht genug Zeit für eine Aufgabe zu haben und vor allem: nicht genug Zeit für die Dinge zu haben, die einem letztendlich wichtig sind – und nicht genug Zeit für sich selbst. Permanent erreichbar und gleichzeitig hier und dort – geht das? Was bleibt auf der Strecke?
Die Mehrzahl der Erkrankungen und Anlässe, wegen derer Menschen einen Arzt aufsuchen, so weiß man heute, sind auf die eine oder andere Weise mit Stress assoziiert. Tendenz steigend. Dabei ist es eben nicht der Stress an sich, der krank macht, sondern der Umstand, dass es häufig nicht nur den einen Stressor gibt, sondern viele Stressoren, auf die wir gleichzeitig oder zeitnah reagieren müssen. Dass manche Anforderungen vielleicht tatsächlich gar nicht so groß sind, aber unterschwellig über eine lange Zeit auf uns einwirken und erst dann übermächtig erscheinen, sodass wir uns ausgeliefert fühlen. Oder dass wir keine Zeit zum Abbau der Stresseinwirkung haben, ein Gegengewicht fehlt, ein Ausgleich. Dass wir uns selbst damit stressen, zu viel in zu kurzer Zeit und zu viel gleichzeitig tun zu wollen. Dass wir uns mit Sorgen und Befürchtungen quälen, uns gehetzt und letztendlich ohnmächtig fühlen. Dass wir uns ständig vergleichen und beobachtet fühlen. Und oft auch allein gelassen, selbst wenn wir unzählige „Freunde“ in virtuellen sozialen Netzwerken haben.
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