Gordon räusperte sich und warf ein: »Außerdem ist er Elizabeth Karens Sohn, womit klar sein dürfte, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt.«
»Wie Präsident Van Zandt sagte«, fuhr Josh fort, »ist er Elizabeth Karens Sohn – der einzige –, und sie ein ehemaliges Mitglied des Rates der Republik aus der Zeit vor der Konstitution.«
Hunter blickte Gordon fragend an.
Josh sprach weiter: »Eine Woche später ist ein vertrauliches Memo eines namenlosen Gesetzesvollzugsbeamten vor Ort auf meinem Schreibtisch in Austin gelandet. Darin beschrieb er ausführlich die Begegnung der Polizei von Austin mit einer Gruppe, die man zunächst für eine lokale Verbrecherbande gehalten hatte. Bei der Durchsuchung ihres Appartements ist man auf zahllose Indizien gestoßen, dass es sich nicht bloß um städtische Kleinganoven handelt, sondern um Handlanger der Zentralamerikanischen Volksrepublik, mit dem Plan, die Regierung in Austin und eine Verbindungsstelle zu uns hier in Olympia zu unterwandern. Abermals ist William Colemans Name neben anderen aus seinem engen Mitarbeiterkreis aufgetaucht.«
»Eine kommunistische Verschwörung«, murmelte Gordon.
»Plump gesprochen, ja, genau das ist es«, pflichtete Josh bei.
»Welchen Plan, glauben Sie, verfolgt Coleman?«, fragte Haley.
Alle schauten sie an, weil niemand damit gerechnet hatte, dass sie sich zu Wort melden würde.
Xavier hob an: »Wir gehen davon aus, dass er zwei Dinge im Schilde führt. Erstens schart er Anhänger aus dem Volk um sich, in erster Linie Jugendliche. Diese Unterstützer sollen ihm bei der Wahl im nächsten Jahr helfen, und zweitens vermuten wir, dass er insgeheim Terrorzellen ausbildet, um in Kaskadien Anschläge auf die Regierung und Infrastruktur zu verüben, falls er nicht gewählt wird. Sein Ziel besteht unseres Erachtens darin, die Macht über die Republik an sich zu reißen, sei es rechtmäßig oder durch einen Staatsstreich.«
Gordon lachte leise.
»Ich habe mit dem Präsidenten von Texas gesprochen«, sagte Autry, »und seine Leute glauben, dass auch dort eine Gegenbewegung im Gange ist.«
»Ich habe alles gehört, was ich wissen muss. Wie reagieren wir nun darauf?«, fragte Gordon.
»Zuerst möchte ich betonen, dass es uns eine Ehre ist, Sie hier zu haben, Mr. President«, sagte Josh. »Als wir erfahren haben, dass Sie noch leben und aus Ihrem Unterschlupf kommen würden, um uns dabei zu helfen, diese unsägliche Entwicklung aufzuhalten … also, da fühlten wir uns geehrt.«
»Ich will nur, dass unsere Republik für zukünftige Generationen sicher ist«, gab Gordon zurück. »Dieser linke Abschaum versucht immer wieder, das Heft zu übernehmen und alles kaputtzumachen. Ihre neofaschistischen Ansichten verbreiten sich wie die Pest im Mittelalter. In Anbetracht meiner Anwesenheit hier sollte Ihnen klar sein, dass Sie gut daran tun, unmittelbare Maßnahmen zu ergreifen.«
Alle verstummten, als es an der Tür klopfte.
Autry fuhr hoch und ging darauf zu. »So wie es aussieht, ist unser besonderer Gast eingetroffen.« Er öffnete die Tür, woraufhin Leonard Shiver eintrat, der amtierende Präsident der Republik Kaskadien.
»Verzeihung, dass ich spät dran bin«, entschuldigte er, während er zügig in den Salon kam, und ging auf Gordon zu. »Mr. President, welche Ehre.«
Gordon erhob sich langsam, nahm Shivers Hand und schüttelte sie verbindlich. »Mr. President, freut mich, dass wir uns treffen.«
»Die Freude ist ganz meinerseits«, erwiderte Shiver. Er sah sich nach einem freien Platz um und setzte sich. »Also gut, wo waren Sie stehen geblieben?«
»Sir, ich habe sie auf den neusten Stand gebracht und einen allgemeinen Überblick dessen gegeben, was uns Sorgen bereitet«, antwortete Josh.
Hunter bekam den Mund nicht mehr zu, während er sitzen blieb und Shiver anstarrte. Hätte jemand vor nur einer Woche behauptet, dass er hier sein würde, hätte er es nicht geglaubt, ja nicht einmal in seinen kühnsten Träumen daran gedacht.
»Gut. Nun denn, meine Herren, William Coleman und seine Volkspartei sind nicht bloß eine politische Organisation, sondern stellen eine eindeutige latente Gefahr für unsere Republik dar. Ich hätte sie am liebsten einfach festnehmen lassen, als mir vor ein paar Tagen zu Ohren kam, dass Präsident Van Zandt noch lebt und in Besitz maßgeblicher Informationen ist, die unser Vorgehen gegen Mr. Coleman begünstigen können. Wenn wir Schritte gegen die Partei einleiten, möchten wir für alle Eventualitäten gesorgt haben, um ihn rechtskräftig verurteilen zu können. Er ist ein Charismatiker, der sich mit vielen flammenden Eiferern umgeben hat. Ihn einfach aus dem Weg zu räumen kommt nicht infrage; wir müssen ihn vor Gericht stellen und zeigen, dass ein Plan hinter alledem steckt, den seine Gruppe schon vor langer Zeit geschmiedet hat.« Während Shiver dies darlegte, fiel sein Blick auf Gordon.
Dieser fragte: »Das ist alles? Sie wollen nur die Aufnahmen, die ich habe?«
»Nicht nur diese alten Bänder. Sie müssen für uns an die Öffentlichkeit gehen und dem Volk mitteilen, was Sie bezüglich seiner Mutter wissen. Das kommt unserer PR-Kampagne gegen Coleman zugute. Es gilt sozusagen, alle Punkte miteinander zu verbinden.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich gerne vorführen lasse«, zögerte Gordon. »Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass Sie mich in anderer Befugnis brauchen würden. Wie wäre es, wenn ich Ihnen einfach die Aufnahmen gebe und nach McCall zurückkehre? Allerdings möchte ich hinzufügen, dass die Informationen, die ich gegen diese Frau in der Hand habe, über fünfzig Jahre alt sind. Nichts davon betrifft ihn.«
Haley neigte ihren Kopf zur Seite und fragte: »Was?«
Gordon sah sie an und sagte: »Wir reden später darüber.« Er wandte sich wieder an Shiver. »Wie gesagt, meine Informationen sind über fünfzig Jahre alt und nur relevant, was sie angeht. Bezüglich Coleman spielen sie eventuell keine Rolle.«
»Aber Großvater, ich dachte, an die Öffentlichkeit zu treten sei sowieso Teil deines Plans«, sagte Hunter, der sichtlich verwirrt wirkte.
»Lass uns das später gemeinsam besprechen.« Gordon bedeutete dem Jungen mit einer Hand, erst mal ruhig zu bleiben.
»Ich verstehe Ihre Vorsicht, doch bitte überlegen Sie es sich noch einmal. Wäre das nicht eine sagenhafte Geschichte, wenn Sie sich genau zum fünfzigjährigen Geburtstag der Republik am Freitag zeigen würden? Und die Informationen können etwas bewegen, denn unsere Presseabteilung wird in der Lage sein, diese Aufnahmen gegen Coleman einzusetzen.« Shiver sagte dies breit grinsend mit überschwänglichem Tonfall.
Haley neigte sich Gordon zu und flüsterte. »Alles in Ordnung, Dad?«
»Mir geht es gut«, murmelte er.
»Präsident Van Zandt, haben Sie diese Informationen mitgebracht?«, fragte Shiver.
Gordon bejahte.
»Gut«, erwiderte Shiver. »Wir brauchen sie schnellstmöglich. Wegen ihres Alters müssen wir sie bestimmt klanglich von unseren Technikern aufbereiten lassen.«
»Sie werden ihn also einfach festnehmen, das ist alles?«, hakte Gordon nach.
»Ja, doch dazu brauchen wir handfeste Beweise, um diese Arschlöcher eine Zeit lang von der Bildfläche verschwinden zu lassen«, antwortete Shiver mit heiterer Stimme. »Wir dürfen nicht zulassen, dass sich Coleman von seinen Verbündeten bei den Medienanstalten helfen lässt, Sympathien für sich zu schüren. Darum muss die Faktenlage wasserdicht sein, und diese Bänder werden dazu beitragen.«
»Aber in dieser Situation können wir uns nicht auf Gesetze berufen, sondern müssen militärisch eingreifen«, beharrte Gordon. »Dieser Mann plant einen Regierungsumsturz und steht mit einem unserer Gegner in Verbindung – einem Gegner, der geschworen hat, uns zu zerstören. Verdammt, die führen im Moment an der Grenze zwischen Mexiko und Texas einen Stellvertreterkrieg gegen die Texaner.«
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