Peter Strasser - Umdrehen und Weggehen
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Es gibt nun aber auch ein Paradox der Entdichtung (wenn man hier von einem „Paradox“ sprechen möchte). Überall dort, wo sich in unseren Gesellschaften menschenreiche Orte befinden, besonders in den städtischen Ballungszentren, erzeugt die Institutionalisierung von Regeln, die dabei helfen, Räume zu entdichten, ein dichtes Geflecht an Verhaltens- und Redevorschriften , die ihrerseits irgendwann als beengend empfunden werden. In den letzten Jahren hat dieses Phänomen besonders an den amerikanischen Eliteuniversitäten üppig Blüten getrieben. Um den Studierenden zu helfen, sich „nicht bedrängt zu fühlen“ – und womöglich über Gebühr gestresst zu werden –, wurden im Rahmen der regulatory compliance Regeln eingeführt, die, wie sich bald herausstellte, das genaue Gegenteil bewirkten.
In den Geistes- und Sozialwissenschaften mussten die Lehrenden schon vor Beginn des Kurses bekannt geben, dass in den verwendeten Unterrichtsmaterialien möglicherweise Passagen auftauchten, die einige Teilnehmerinnen oder Teilnehmer belästigen, verstören, ja krankmachen könnten. Außerdem mussten die Lehrenden eine Reihe von sogenannten Trigger-Wörtern vermeiden. Denn solche Wörter, besonders sexuell offensive, könnten – so die zimperliche Sorge – zur Folge haben, dass sich der eine oder die andere aufgrund der Erinnerung an eigene Erlebnisse aufgewühlt und verletzt fühlte. Hinzu kamen alle Ausdrücke oder Redensarten, die der Political Correctness zuwiderliefen. Schließlich wurden auch Ansichten verbannt, die dem angeblich liberalen Lebensstil mit seinen vielen Nichtdiskriminierungsregeln widersprachen.
Was inneren Raum schaffen sollte, um die äußere Enge im multikulturellen System erträglich zu machen, wurde rasch zu einer unerträglichen Zwangsjacke in den Beziehungen zwischen Lehrenden und Schülern, und auch zwischen den Studierenden selbst. Statt zu entdichten, wurde sozial verdichtet, und zwar auf eine widersinnige Weise: Es wurden nicht nur die höchstpersönlichen Sensibilitäten in Höhen geschraubt, wo ein gedeihliches Miteinander bald unmöglich schien, es wurden darüber hinaus der Intoleranz gegenüber abweichenden Gesinnungen und, schlimmer noch, dem Denunziantentum Tür und Tor geöffnet.
Das ganze System der Kontrollen, die dazu dienen sollten, den inneren Raum der jungen Menschen nicht zu beschädigen und außerdem freizuhalten für die Öffnung des Geistes und der Emotionen, machte es schließlich unmöglich, die entscheidende Bewegung gegenüber andrängenden Erlebnissen auszuführen – jene Bewegung, die ein Entkommen aus dem System der „korrekten“ Zwänge bedeutet hätte: sich umzudrehen und wegzugehen.
Denn gerade in einem solchen Verhalten sah die Compliance der angeblich zwanglosen Eingliederung in den Sozialverband das zwanghafte, neurotische und passiv-aggressive Abrücken aus der Gemeinschaft. Da das Universitätssystem auf die „Verflüssigung“ von Zwängen durch diskursive Verfahren normativ ausgerichtet ist, wäre eine Abwendung vom „Diskurs“ zugleich ein Zeichen dafür, dass man die Regeln des Systems ablehnt . Es ist eine besonders repressive Strategie gewissermaßen liberal-geschlossener Institutionen, die womöglich stolz auf ihre lückenlose moralische Strukturierung sind, dass man sich entweder freiwillig und einsichtig den vorgegebenen Sprachregelungen und Verhaltensnormen unterwirft oder als Außenseiter zu erkennen gibt.
Die angesprochenen Szenarien zeigen zweierlei: Erstens, dass die biologische Rattenfabel auf menschliche Gesellschaften nicht zutrifft, sobald in ihnen kulturelle Regeln den Ton angeben, ausgenommen den Fall, wo der kollektive Stress aufgrund innergesellschaftlicher Katastrophen oder von außen eindringender Gefahren zu groß wird. Zweitens, dass das kulturelle Programm der Entdichtung dichter Räume und Verhältnisse in sein Gegenteil umschlagen kann, wenn die Vorsichtsmaßnahmen gegen die aufdringliche und womöglich verstörende Nähe der anderen so engmaschig werden, dass sie schließlich das Gegenteil einer Entdichtung bewirken.
Solche Maßnahmen wirken dann eher wie Fesseln, die nicht nur den Einzelnen binden, sondern außerdem beständig Gefühle der Übervorsicht und des Misstrauens mit all den damit verbundenen Störungen des Zusammenlebens bewirken. Im Rahmen entsprechender Fehlentwicklungen wird jeder Versuch der Abwendung dadurch vereitelt, dass er als ein Akt der Aggression gegenüber der „politisch korrekten“ Gemeinschaft stigmatisiert wird – statt als ein Akt respektiert zu werden, dessen Ziel es ist, sich aus einem wesensmäßig unfriedlichen Feld wegzubewegen.
DER ZWANGLOSE ZWANG
Wer sich der fragwürdigen Gnade der späten Geburt erfreuen durfte – zum Beispiel ich, fünf Jahre nach Ende des letzten Weltkriegs in Österreich geboren und fernerhin dort aufgewachsen –, der wurde mit zwei menschlichen Panzerungen konfrontiert. Die eine Panzerung trug den Namen der „Ideologie“ oder „Weltanschauung“. Die zweite war das Schweigen darüber, was gewesen war.
Auch ich wurde mit diesen Panzerungen konfrontiert, sobald ich einigermaßen imstande war, die politischen Dinge um mich herum als solche zu begreifen. Man hatte eine Weltanschauung oder gar keine, war „neutral“. In jedem Fall blieb einem erspart, mit dem weltanschaulichen Gegner in ein ernsthaftes Gespräch einzutreten. Denn die eigenen Werte, ob sozialistisch, christlich, bürgerlich, nationalistisch oder marktliberal, nicht zuletzt die Desinvolture waren sakrosankt, und zwar schon deshalb, weil sie eingelagert waren in die mächtigen Institutionen, die das Land beherrschten – selbstverständlich nun, nach dem Krieg, unter demokratischem Vorzeichen.
Es gibt sie, die nicht diskursive Demokratie, in ihr bin ich groß geworden. Ihr Stil bestand darin, dass man sich auf Kompromisse einigte, die Sozialpartnerschaft pflegte, einigermaßen tolerant gegeneinander, man hatte ja noch gut die Verheerungen des Freund-Feind-Denkens der Vorkriegszeit in Erinnerung.
Also: Nie wieder?
Aber: Was dann?
Man hielt an der eigenen politischen Überzeugung ungefähr so fest, wie man dem Wetterbericht Glauben schenkte – es würde schon alles einigermaßen passen und verschaffte einem das gute Gefühl, zur neuen demokratischen Ordnung dazuzugehören. Und man gehörte dazu und profitierte davon. Persönliche Freundschaften pufferten politische Feindschaften ab. Das war die eine Seite.
Die andere Seite war eine Art Verschwörung des Schweigens. Was war unter den Nazis wirklich geschehen? Darüber sprach man nicht oder nur stockend. Man gab nicht mehr zu, als man musste. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein wollte Österreich von den Nazis „gewaltsam annektiert“ worden sein. Seltsam nur, dass man Menschen traf, die erzählten, und zwar noch nachträglich überwältigt von Nostalgie, wie sie fast in Ohnmacht gefallen wären, als Hitler und seine Truppen in unsere Stadt ein- und an den jubelnden Menschen vorüberzogen.
Nachdem dann, gegen Ende des Krieges, das Bombeninferno der Alliierten Teile der Stadt verwüstet hatte (an ihrem Rand befand sich eine Waffenfabrik) und nun aber ebendiese Alliierten als Befreier Kaffee, Tabak und Schokolade brachten, wollte man schleunigst Hitlers erstes Opfer gewesen sein. Man blieb im Herzen der Finsternis, das in der eigenen Brust schlug, antisemitisch, hatte aber nie etwas von den Abtransporten der jüdischen Mitbürger gewusst, geschweige denn eine Ahnung von den Vernichtungslagern gehabt. Aber auch diese Ahnungslosigkeit wurde nur auf eindringliches Befragen geäußert, das Wesentliche jener Sprache der Verleugnung war das Schweigen.
An der Universität, im philosophischen Seminar, diskutierten wir dann Martin Heideggers Schweigen „auf hohem Niveau“, hatte den epochalen Philosophen doch kein Geringerer als der jüdische Dichter Paul Celan in einem seiner Gedichte um ein befreiendes Wort gebeten. Nichts. Ja, wir Jungen diskutierten, wir wollten verhindern, dass man sich weiterhin abwendete von dem, was im Untergrund vor sich hindämmerte: dieses aus dem Ungeheuer des Kollektivs aufsteigende Ungeheuerliche, der heilsgeschichtliche Ideenfundus des Leviathan, der totalitären Staatsmacht, und jenes andere Ungeheuer, das von Immanuel Kant so benannte „böse Herz“ des Menschen – das Herz, das Freude findet am Bösen an sich.
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