(Sylvie Caputo)
Erwachsene mit ADHS denken in Bildern, kommen auch in (reaktiver) depressiver Stimmung aus dem Dauergrübeln nicht raus, können sich blitzartig in die Befürchtung der Befürchtung hineinsteigern. Versuche, sich zu erklären, führen oft eher zu Verwirrung des Gegenübers (weil zu viele »Bilder« berichtet werden, ausmalend, sich in Details verlierend). Durch die Reizfilterschwäche bekommt man zu viel Input; weil es keinen automatischen Filter gibt, werden unendlich viele Gedanken ausgelöst. Das bedeutet, dass schnell eine »kognitive Überlastung« entsteht, eine Orientierung setzt erst sehr verspätet ein, was Unsicherheit, teilweise auch Angst auslöst. Die syndromtypische Entscheidungsschwäche kommt dazu mit negativer Folge für die Handlungsebene mit wenig Selbstwirksamkeitsempfinden. Bei »schlechtem Gefühl« besteht kein Zugriff auf Altwissen, ein Gefühl des Überfordert- und Erschöpftseins entsteht. Menschen mit ADHS, in welchem Alter auch immer, brauchen eine wesentlich längere Phase, bis sie sich orientieren können und einen Überblick haben. Ständiger Sitzplatzwechsel in der Schule oder andauernde Umstrukturierungen im Job sind für sie besonders hart.
ADHS diagnostizieren zu können bedeutet, dass man ADHS mit seiner Symptomatik in jedem Lebensalter profund versteht. Die Diagnose steht und fällt mit einer sorgfältigen Anamnese – sie gelingt nicht mit einem schnellen Screening mit Fragebögen!
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass wohl kaum ein anderes psychiatrisches Störungsbild existiert, mit dem so widersprüchlich umgegangen wird: Auf der einen Seite wird nach wie vor sehr kontrovers darüber diskutiert, auf der anderen Seite gibt es inzwischen einen großen »Markt« mit allen möglichen Hilfsangeboten und Erklärungsansätzen, was für Betroffene und ihre Familien, aber auch für Erzieher, Lehrer und Therapeuten äußerst verwirrend ist.
• Ganz besonders intensiv hat sich Gerhild Drüe mit diesem Problem in ihrem Buch »ADHS kontrovers – betroffene Familien im Blickpunkt von Fachwelt und Öffentlichkeit«, Kohlhammer, 2006, mit diesen Aspekten auseinandergesetzt.
Eltern-Selbsthilfegruppen sind mit ihren Erfahrungen wohl die wertvollste qualitätssichernde Anlaufstelle, auch hinsichtlich der Frage, wer gut diagnostizieren und behandeln kann.
• ADHS Deutschland e. V., Bundesgeschäftsstelle, Poschinger Str. 16, 12157 Berlin, Tel.: 030/85 60 59 02, Fax: 030/85 60 59 70, www.adhs-deutschland.de, E-Mail: info@adhs-deutschland.de
• Juvemus, Obergraben 25, 56567 Neuwied, Tel. 02631/54641,
• www.juvemus.de, E-Mail: info@juvemus.de
• Österreich: ADAPT, Hardtg. 19 (Eingang Kreindlg. 2) 1a–1d, 2.4.2, 1190 Wien, Tel: +43 676/5165687, www.adapt.at., E-Mail: verein-adapt@yahoo.com
• Schweiz: ELPOS, Walkeweg 19, CH 5600 Lenzburg, Tel. +41 31/301 36 26, www.elpos.ch, E-Mail: info@elpos.ch
• ADHS 20+: Bahnhofstr. 15, CH 5600 Lenzburg, Tel. +41 62/534 04 04, www.adhs20.plus.ch, E-Mail: info@adhs20plus.ch
Die S3-Leitlinie
Kurzfassung der interdisziplinären evidenz- und konsensbasierten S3-Leitlinie »Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter«
Über 30 Fachgesellschaften, Verbände und Berufsgruppen, die mit ADHS-Betroffenen in unterschiedlicher Art und Weise befasst sind, erarbeiteten im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AMWF) Empfehlungen zu Diagnostik, Behandlungsplanung, psychosozialen Interventionen (bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen), Neurofeedback, diätetischen Interventionen, medikamentöser Behandlung, stationärer und teilstationärer Therapie, Transition und Selbsthilfe. Unter anderem durch die Orientierung am Schweregrad der Symptomatik und der Qualität der Evidenz ergaben sich zur Diagnostik, der nichtmedikamentösen und der medikamentösen Therapie eine Graduierung von Empfehlungen: Empfehlungsgrad A (starke Empfehlung), Empfehlungsgrad B (Empfehlung) und Empfehlungsgrad 0 (Empfehlung offen) sowie nach guter klinischer Praxis (KKP). Nach langwieriger und sorgfältiger Sichtung von Studien und Metaanalysen ergaben sich zur Wirksamkeit nichtpharmakologischer Therapieansätze auf die Kernsymptomatik von ADHS deutlich geringere Effekte im Vergleich zur Pharmakotherapie (bei unzureichender Evidenzlage, wenn strenge methodische Kriterien zugrunde gelegt werden).
Eine ADHS-Diagnostik soll bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen durchgeführt werden, wenn Entwicklungs-, Lern-, Leistungs- oder Verhaltensprobleme oder andere psychische Probleme bestehen und dabei Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit und Konzentration oder auf erhöhte Unruhe oder Impulsivität vorliegen.
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