Hans Becker - Der Sonderermittler

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Vom tödlichen Absturz des ZK-Politbüro-Mitglieds Werner Lamberz, dem Angriff auf einen Wagen der Sicherungsgruppe von Erich Honecker über den Mord eines MfS-Offiziers an seiner Ehefrau bis hin zu den aufwühlenden Knabenmorden in Eberswalde: Hans Becker hat nicht nur diese, sondern noch unzählige Kapitalverbrechen und Katastrophenfälle mehr als Ermittler bearbeitet: als Angehöriger, später Leiter des Referats 1 (unnatürliche Todesfälle) der Hauptabteilung IX/7 des MfS war er der «Sonderermittler», der immer dann mit seinen Kollegen hinzugezogen wurde, wenn Verbrechen und Todesfälle bzw. zivile Katastrophen auch eine mögliche politische Bedeutung beigemessen wurde.
Sein Report ist der eines Insiders, der bei spannenden Ereignissen, merkwürdigen Todesfällen, spektakulären Rauben und großen Katastrophen ermittelte: Serien- und andere Morde, Suizide, operativ relevante Verkehrsunfälle, Havarien in Betrieben sowie Katastrophen in der Luftfahrt und im Bahnverkehr. Seine Arbeit führte ihn nicht nur durch die ganze DDR, sondern auch ins Ausland.
Becker berichtet über komplizierte Ermittlungen, Erfolge, Niederlagen und auch über Gefühle, die selbst hartgesottene Kriminalisten nicht immer außen vor lassen konnten. Ein schillernder Erfahrungsbericht aus einem weithin unterbeleuchteten Teilbereich der MfS-Historie!

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Hans

Becker

Der

Sonder-

ermittler

Als Kriminalist in Diensten des MfS

Mit einem Vorwort

von Remo Kroll

edition berolina

ISBN 978-3-95958-797-6

1. Auflage

© 2020 by BEBUG mbH / edition berolina, Berlin

Umschlaggestaltung: BEBUG mbH, Berlin

Alexanderstraße 1

10178 Berlin

Tel. 01805/30 99 99

FAX 01805/35 35 42

(0,14 €/Min., Mobil max. 0,42 €/Min.)

www.buchredaktion.de

Vorwort

Wir leben in unruhigen Zeiten. Immer wieder lesen und hören wir von versuchten, verhinderten, aber auch gelungenen Terroranschlägen und anderen Gewaltakten. Und die passieren nicht tausende Kilometer von uns entfernt, sondern auch mitten unter uns. Ob die Terrorgefahr größer geworden ist, seitdem die USA nach den Anschlägen vom 11. September 2001 den weltweiten Kampf gegen den Terror ausgerufen haben und mit ihren Verbündeten die Welt mit »Feuer und Schwert« zu befrieden suchen, muss jeder für sich selbst entscheiden. Fakt ist: Das Gefühl, nicht mehr sicher zu sein, hat unter den Menschen zugenommen.

Daraus resultiert auch ein Aufwachsen der Sicherheitsbehörden der Staaten, um dem zu begegnen. Schon bei kleinsten Anlässen werden Staatsschützer, Spezialeinsatzkommandos und andere Sicherheitsexperten mit der Untersuchung und Aufklärung ungewöhnlicher Vorfälle betraut, und zwar in allen Ländern, unabhängig davon, ob es sich um lupenreine westliche Demokratien oder Russland, Polen, Rumänien oder Syrien handelt. Und dass in den »lupenreinen« Ländern die Sicherheitsgesetze verschärft wurden – so hat Frankreich nach drei Jahren Ausnahmezustand diesen zwar beendet, nicht aber ohne vorher eine Reihe von Gesetzen zu verabschieden, die sonst nur im Notstand galten –, scheint auch niemanden so richtig zu interessieren.

Begeben wir uns nun zurück in die Zeit des Kalten Krieges: Winston Churchill, der angeblich nach dem Zweiten Weltkrieg in Bezug auf den Sieg über Hitlerdeutschland und den Verbündeten der Anti-Hitler-Koalition, die So­wjetunion, gesagt haben soll: »Wir haben das falsche Schwein geschlachtet …« (zit. nach Handelsblatt, 1. Januar 2006), legte dann 1947 auf einer Rede in Fulton (USA) nach und beschrieb die Befürchtung des Westens vor einer weiteren Ausbreitung des Kommunismus. Dabei benutzte er erstmalig die Metapher vom ›Eisernen Vorhang‹: »Von Stettin an der Ostsee bis hinunter nach Triest an der Adria ist ein ‚Eiserner Vorhang‘ über den Kontinent gezogen. Hinter jener Linie liegen alle Hauptstädte Zentral- und Osteuropas: Warschau, Berlin, Prag, Wien, Budapest, Belgrad, Bukarest und Sofia. Alle jene berühmten Städte liegen in der Sowjetsphäre, und alle sind in dieser und jener Form nicht nur sowjetrussischem Einfluß, sondern auch der Moskauer Kontrolle unterworfen.« (Zit. nach wikipedia.de: Eintrag zu »Eiserner Vorhang«) Die Hoffnung der westlichen Staaten, dass die Sowjetunion durch den Krieg gegen Hitlerdeutschland ganz entscheidend geschwächt würde, hatte sich nicht erfüllt. Ganz im Gegenteil, in vielen von der Sowjetarmee befreiten Ländern Osteuropas kam eine antikapitalistische Entwicklung in Gang, die im Osten als sozialistische, im Westen als kommunistische interpretiert wurde. Auch heute noch, nach dem Untergang aller Versuche hin zu einer sozialistischen Entwicklung in Europa, wird immer von der Niederlage des Kommunismus gesprochen.

Wie auch immer, vorsozialistisch, sozialistisch oder kommunistisch – auch der sowjetisch besetzte Teil Deutschlands schloss sich dieser Entwicklung an. Die DDR wurde demzufolge auch, nachdem die Bundesrepublik zuvor konstituiert worden war, als ein Staat gegründet, der sich auf den Weg zum Sozialismus machen wollte.

Nun warfen sich aber beide Systeme gegenseitig vor, gewaltsam expandieren zu wollen. Für den Westen war klar, dass die kommunistische Theorie immer die Weltrevolution verlange und daraus ad hoc geschlossen werden müsse, dass sich die Kommunisten mit Gewalt den Rest der Welt holen wollten.

Der Osten betrachtete misstrauisch und argwöhnisch die Versuche des Westens, sein Militär immer dichter an die Sowjetunion und die anderen Volksdemokratien zu bringen. Hinzu kam, dass 1949 die NATO gegründet wurde, und in vielerlei Papieren und Reden war vom »roll back«, also dem Zurückdrängen des Ostens, zu lesen resp. zu hören. So fühlte sich auch der Osten bedroht, und sechs Jahre nach der NATO entstand mit dem »Warschauer Vertrag« das östliche Militärbündnis.

Ein Riss ging mitten durch die Welt, und an den Nahtstellen dieses Risses standen sich riesige Militärmassen gegenüber, bereit zum großen Finale. Unterstützt wurde das zuletzt von einem Kernwaffenarsenal, mit dem die Welt sich mehr als vierzig Mal hätte vernichten können, als wenn ein einziges Mal nicht reichen würde. Und dieser Riss ging quer durch Deutschland, auf der einen Seite die BRD und die NATO und auf der anderen Seite die DDR und der Warschauer Vertrag.

Dieser lange Vorspann ist nötig, um die Zeit zu charakterisieren, in dem sich das Leben des Autors im Wesentlichen abgespielt hat. Er war qua seiner Tätigkeit Teil dieser Geschichte. Und der lange Vorspann ist auch wichtig, um das, was unser Autor getan hat, einzuordnen in größere Zusammenhänge.

Natürlich kann man es sich auch einfach machen, wie heute vielerorts üblich: Der Mann hat beim MfS, heute meist nur Stasi genannt, gearbeitet, und damit ist automatisch alles falsch und verdammenswert, was er getan hat. So einfach ist Geschichte dann wohl nur für Bild-Konsumenten.

Differenzierter betrachtet, hat der Mann eine wichtige Aufgabe in einer eben auch nicht einfachen Zeit gehabt. Er hat, wie das heute so viele ebenfalls tun, für die Sicherheit seines Landes und die Sicherheit seiner Bevölkerung gearbeitet. Dazu war es notwendig, über die vorhandenen Polizeiorgane hinaus eine Dienststelle einzurichten, die sich mit der Schnittstelle von Verbrechensbekämpfung und Sicherung des Staates beschäftigte, mit der Staatssicherheit. Und der Mann ist ein Profi gewesen, er hat sich seine Meriten sowohl in der kriminalpolizeilichen Praxis verdient als auch einen akademischen Abschluss erlangt.

Hans Becker, Diplomkriminalist und Oberstleutnant a.D., nimmt den Leser mit auf eine Reise in seine berufliche Vergangenheit von 1953 bis Ende 1989. Als ehemaliger VP-Kriminalist der Hallenser Morduntersuchungskommission und späterer Leiter des Referates 1 (unnatürliche Todesfälle) der Hauptabteilung IX/7 des Ministeriums für Staatssicherheit war er einer der erfahrensten Kriminalisten der DDR. Sein Report ist der eines Insiders, der bei spannenden Ereignissen, merkwürdigen Todesfällen, spektakulären Rauben und großen Katastrophen ermittelte.

So untersuchte der Autor Serien- und andere Morde, Suizide, operativ relevante Verkehrsunfälle, Havarien in Betrieben sowie Katastrophen in der Luftfahrt und im Bahnverkehr. In der DDR selbst in Zusammenarbeit mit den Kollegen und Spezialisten der Volkspolizei. Seine Arbeit führte ihn nicht nur durch die ganze DDR, sondern auch nach Ungarn und Angola. Becker berichtet über komplizierte Ermittlungen, damit verbundene Probleme, Erfolge, Niederlagen und auch über Gefühle, die selbst hartgesottene Kriminalisten nicht immer außen vor lassen konnten.

Hans Becker ist Dank dafür zu sagen, dass er seine Erinnerungen für die Nachwelt zu Papier gebracht hat. Wer seine Lebenserinnerungen gelesen hat, sieht vielleicht nun die Arbeit jener Leute, die sich um die Sicherheit ihres Landes kümmerten, in einem anderen Licht.

Wandlitz, im Juli 2019

Remo Kroll

Frühe Kindheit

bis 1948

Ich wurde 1934 in der kleinen Stadt Ammendorf bei Halle an der Saale geboren. Mein Vater war Elektriker und meine Stiefmutter Schneiderin. Meine leibliche Mutter lernte ich erst später kennen. Warum meine Eltern geschieden waren, weiß ich bis heute nicht, aber ich bin sicherlich nicht der Einzige, dem es so geht.

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