Ich tue es fast, weil ein Teil von mir denkt, dass er es will. Ich spreche fast den Umzug an, weg von New York, wie wir es schon angedacht haben, als Melody von irgendwo im Eingangsbereich meinen Namen ruft. Mir wird klar, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für dieses Gespräch ist.
„Ich bin hier“, rufe ich zurück, und Naz lässt meinen Arm los. Gleich darauf erscheint Melody im Türrahmen. Sie hat sich das Haar hochgesteckt.
„Wie sehe ich aus?“, fragt sie und dreht sich, um mir ihre Aufmachung zu präsentieren.
„Du trägst das Moreau“, sagt Naz.
Melody hält inne und sieht an sich herunter. „Das was?“
„Moreau“, sagt er. „Das ist der Designer des Kleids.“
Sie sieht ihn überrascht an. Und ich auch.
„Woher weißt du das?“, frage ich ihn.
Er zuckt mit den Schultern. „Ich kenne den Mann. Er hat mir was geschuldet.“
„Er hat dir etwas geschuldet.“
Okay, jetzt wiederhole ich, was er sagt, und er bemerkt es und sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an. „Ja, er hat mir etwas geschuldet und das war seine Rückzahlung.“
Er zeigt auf das Kleid.
„Oh, Mist“, sagt Melody und streicht den Rock des Kleides glatt. „Soll ich es ausziehen?“
„Nein“, sagen Naz und ich gleichzeitig. Ich sehe ihn an, er zuckt mit den Schultern und fährt fort. „Karissa wird es nie tragen, also kannst du es ebenso gut anziehen. Ich habe nur dafür gesorgt, dass er zahlt. Nur das war mir wichtig.“
Melody wirft ihm einen verwunderten Blick zu, fragt aber nicht, was es heißt, dass er sich um die Bezahlung gekümmert hat. Wir sprechen das Thema, was Naz für seinen Lebensunterhalt tut, niemals an. Wenn man bedenkt, was letztes Jahr alles passiert ist, bin ich ziemlich sicher, dass Melody inzwischen Bescheid weiß. Sein Name tauchte in allen Zeitungen auf, nachdem er Ray getötet hatte. Auch wenn es Notwehr gewesen war, hatte das die Reporter nicht vom Spekulieren abgehalten um jedes kleinste Detail ausgegraben, und zu zeigen, dass er bei diesem Zwischenfall keinesfalls der Held gewesen war.
Sie hat die Artikel gelesen. Das weiß ich. Das Mädchen hat wahrscheinlich noch nie in ihrem Leben eine Zeitung gekauft, aber sie weiß ganz bestimmt, wie man mit Google umgeht. Sie hat mit Sicherheit nach diesen Informationen gesucht.
„Danke“, sagt Melody und lächelt. „Ich hoffe, dass es Leo gefällt.“
Bevor ich sagen kann, dass ich überzeugt bin, dass er es lieben wird, mischt sich Naz ein. „Leo?“
„Da denkt man sofort an DiCaprio, oder?“, frage ich.
Er schüttelt den Kopf. „Ich habe an den Löwen gedacht.“
Das weckt Melodys Interesse. „Glaubst du an Astrologie?“
„Nein.“
Ihr Lächeln verblasst. Melody ist die Art von Mädchen, die sich täglich ihr Horoskop schicken lassen und aufpassen, wenn Merkur rückläufig ist, was immer das heißen mag. Sie munterte sich nach Pauls Verschwinden damit auf, dass ihre Sternzeichen sowieso nicht zusammengepasst hatten, es also nie funktioniert hätte.
Und Naz und ich? Wir sind die absoluten Seelenverwandten, sagt sie. Ich hielt das alles für blöden Hokuspokus, bis sie das sagte.
„Ich habe einiges in der Stadt zu erledigen“, sagt Naz, klemmt sich das Buch unter den Arm und sieht mich kurz an, bevor er sich Melody zuwendet. „Soll ich dich nach Hause fahren?“
Melody zuckt mit den Schultern. „Klar.“
„Soll ich … äh, soll ich mitfahren?“, frage ich neugierig.
„Unsinn“, sagt Naz, beugt sich herunter, küsst mich auf die Wange und geht zur Tür. „Ich bin bald zurück.“
Melody schnappt ihre Sachen und winkt mir zu. „Kaffee morgen früh?“
„Klar.“
Sie verschwindet hinter Naz durch die Tür. Ich stehe einfach nur im Arbeitszimmer und lausche ihren Schritten nach. Ich glaube nicht, dass die beiden jemals allein miteinander waren. Und natürlich vertraue ich ihnen, wäre auf dieser Fahrt aber gern eine Fliege an der Scheibe.
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