Ich spüre, als er in mir kommt. Aber in der nächsten Sekunde ist er weg. Er ist nicht mehr in mir. Er lässt mich los. Seine Hände berühren meinen Körper nicht mehr. Sofort vermisse ich seine Wärme.
Es geht so schnell, dass ich mich nicht an die Veränderung gewöhnen kann. Meine Beine geben nach, ich gleite von der Arbeitsplatte und knalle mit dem Hintern auf den Boden. Zwischen meinen Beinen klopft es und meine Brust zieht sich zusammen. Ich weiß nicht, wie er das geschafft hat, aber ich fühle mich, als hätte ich zwölf Runden im Ring gestanden und verloren. Ich sehe zu ihm hoch, als er zurücktritt.
„Ich habe noch ein paar Minuten“, sagt er mit ruhiger, gefasster Stimme. „Wenn du noch mal willst.“
Ich mache eine abwehrende Handbewegung. „Ich habe genug.“
Ein Lächeln erhellt seine Miene, als er seine Kleidung in Ordnung bringt, den Reißverschluss hochzieht und die Gürtelschnalle schließt. Für das alles braucht er nur dreißig Sekunden. Ich werde den ganzen Abend brauchen.
Er kommt zu mir und geht in die Hocke, damit wir auf Augenhöhe sind. Er legt die Hände auf meine Knie und seine Daumen ziehen langsame Kreise auf meiner Haut. Schweigend sieht er mich eine Weile an.
Ich versuche immer noch, zu Atem zu kommen. Mein Höschen hängt wie eine Fessel um meine Waden, und meine Jeans ist verschwunden.
„Bist du in Ordnung?“, fragt er und mustert mich, wobei sein Lächeln breiter wird.
Selbstgefälliger Hurensohn .
„Alles in Ordnung“, sage ich und nicke. „Mir geht es gut.“
Allerdings nicht, wenn er nicht aufhört, meine Knie zu streicheln. Meine untere Körperhälfte beginnt zu prickeln. Ist es möglich, dass man kommt, nur weil man von jemandem berührt wird?
Er beugt sich vor, drückt einen kleinen Kuss auf meine Stirn und steht auf.
„Ich weiß nicht, wann ich nach Hause komme“, sagt er. „Du solltest nicht aufbleiben und auf mich warten.“
Ich will ihn fragen, wohin er fährt. Ich will wissen, was er machen wird. Ich will genau wissen, was er vorhat. Aber ich frage ihn nicht, sondern sitze schweigend da, als er geht.
Er hat recht. Ich bin nicht dumm. Ich könnte seine Pläne herausfinden, wenn ich wirklich wollte.
Es ist sehr schwierig, ein Treffen mit allen fünf Familien in New York zu arrangieren.
Vor langer Zeit gab es mal etwas, das Kommission genannt wurde, eine Organisation, die über allen Organisationen stand. Die Mitgliedschaft war auf die Oberhäupter der New Yorker Familien beschränkt, dazu kamen die Anführer aus Chicago und Buffalo. Die sieben mächtigsten Männer des Landes trafen sich im Geheimen, fällten Entscheidungen, als ob Kriminalität eine Demokratie wäre. Man wollte, dass jemand ermordet wurde? Dann fragte man die Kommission. Man wollte jemanden in die Gemeinde einladen? Die Kommission war die einzige Möglichkeit dafür. Ohne deren Erlaubnis zu handeln, wäre Selbstmord gewesen.
Vor einigen Jahren ging die Kommission den Weg alles Irdischen. Man konnte sich glücklich schätzen, jetzt zwei Bosse zu finden, die bereit waren, sich zu treffen, ganz zu schweigen von allen. Allerdings gibt es immer noch Regeln, und sie bestehen darauf, dass diese Regeln befolgt werden.
Diese Regeln habe ich gebrochen, als ich das Oberhaupt einer Familie tötete.
Raymond Angelo .
Ich stehe auf der vorderen Veranda eines alten Herrenhauses in Long Island. Es ist noch hell, aber die Abenddämmerung naht. Am wolkenlosen blauen Himmel zeigt sich ein Anflug von orange. Es sieht fast aus, als würde in der Entfernung ein Feuer brennen.
Die ganze Nachbarschaft kann mich dort stehen sehen, aber ich bin noch nicht bereit zu gehen, auch wenn ich mich zum wichtigsten Treffen meines Lebens verspäten könnte. Denn ich weiß, wenn ich durch diese Tür gehe, besteht das Risiko, dass es das letzte Mal ist, dass ich irgendwohin gehe.
Vielleicht tragen sie mich in eine Plane gewickelt heraus und werfen meine Leiche in den East River. Ich würde nie wieder auftauchen.
Die Tatsache, dass sie mich bei Tageslicht hierher gerufen haben, hat nichts zu bedeuten. Ich bin kein Dummkopf. Das war ich nie. Jemand hat am helllichten Tag auf den Laden meines Vaters geschossen. Diese Männer lassen sich von der Erdrotation nicht ihren Terminplan diktieren.
Die weiße Holztür hinter mir öffnet sich mit einem Quietschen. Ich drehe mich sofort um, drücke das Pfefferminzbonbon in meine Wange, sauge aber weiterhin daran in dem Versuch, meine Nervosität zu mindern. Ein junger, bulliger Kerl steht vor mir, sein Gesicht ist mit Kratern übersät. Er ist einer von Genovas Lakaien, denke ich. Der Mann bevorzugt einen Typ. Brutalos . Ich bin mit den inneren Strukturen der anderen Familien nicht allzu gut vertraut, obwohl ich in der Vergangenheit mit allen ein paar Geschäfte gemacht habe. Sie hatten einen Job und ich habe ihn erledigt, ohne Fragen zu stellen.
So wussten sie, wie sie mich an diesem Nachmittag in die Hände kriegen und zu diesem Treffen einberufen konnten. Offensichtlich hatten sie meine Nummer immer noch auf Kurzwahl. Dagegen sollte ich wohl etwas unternehmen.
„Sie warten auf dich“, sagt der Kerl. Seine Stimme ist so hoch, dass es fast komisch wirkt, als ob seine Eier noch nicht abgesunken wären. Vielleicht haben sie sie auch jedes Mal, wenn sie ihm die Fresse polierten, in ihn zurückgestopft . „Folg mir.“
Ich hätte wissen müssen, dass sie mich beobachten. Es wäre nicht nötig zu klopfen.
Mir gefällt es nicht, Befehle von anderen Menschen anzunehmen. Es hat mir sogar missfallen, Befehle von Ray zu befolgen. Ich überlege, ob ich mich weigern soll, unterdrücke aber meinen Instinkt und folge dem Kerl. Jetzt ist wahrscheinlich der falsche Zeitpunkt, um meine Dominanz unter Beweis zu stellen.
Jemand schließt die Tür hinter uns. Ich blicke zurück und sehe einen Mann, der direkt im Eingangsbereich steht und sich bemüht, außer Sicht zu bleiben. Hm . Ich drehe mich wieder um und folge dem bulligen Kerl durch das Haus, einen langen Flur entlang.
Als wir um eine Ecke biegen, sehe ich, dass wir direkt auf ein paar Türen zusteuern, vor denen zwei weitere Männer Wache stehen. Die AK-47 über ihren Schultern sagen mir, dass diese beiden durchaus gesehen werden wollen. Ich denke, dass sie versuchen, mich einzuschüchtern.
Als wir uns nähern, öffnen sie die zwei Türen, und ich wäre fast gestrauchelt. Allerdings lasse ich mir mein Zögern nicht anmerken.
Der Kerl, der mich hergeführt hat, bleibt am Rand stehen, doch ich gehe weiter. Ein Zurückweichen ist nicht mehr möglich. Es ist eine Art Mischung aus Ess- und Besprechungszimmer. Ein langer Mahagonitisch mit vielen Stühlen beherrscht den Raum. Nur vier von ihnen sind besetzt.
Einer der Männer, Boss Frank Genova, winkt zu den Türen hinter mir. „Lass uns allein.“
Der Mann gehorcht sofort. Es ist nicht überraschend, dass Genova die Führung übernimmt. Schließlich findet das Treffen in seinem Haus statt. Ich stehe nur da und warte auf etwas. Ich weiß nicht, wie das ausgehen wird. Wie ich schon sagte, diese Treffen sind selten.
Sobald der Mann das Zimmer verlassen hat, weist Genova auf den Tisch zwischen uns. „Waffe.“
Ich hebe die Hände. „Ich habe keine dabei.“
Er runzelt die Stirn. „Du bist unbewaffnet gekommen?“
„Ich habe nie eine Pistole dabei“, sage ich, „was nicht bedeutet, dass ich unbewaffnet bin.“
Alles kann als Waffe dienen, wenn man es richtig betrachtet.
„Dann eben die Messer.“
„Ich habe auch keine Messer dabei.“
„Was trägst du dann bei dir?“
„Nicht viel.“ Ich überlege einen Moment. „Ein bisschen Kleingeld, Pfefferminzbonbons, mein Portemonnaie … oh, und ich habe einen Kugelschreiber in der Tasche.“
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