Unser Besucher hatte sich wieder ein wenig gefaßt, während Holmes sprach, und nun erhob er sich aus seinem Sessel mit eisigem Hohn in seinem bleichen Gesicht.
»Vielleicht ist es so, vielleicht ist es nicht so, Mr. Holmes«, sagte er, »aber wenn Sie schon so scharfsinnig sind, dann sollten Sie auch scharfsinnig genug sein, um zu wissen, daß Sie derjenige sind, der im Moment das Gesetz bricht, nicht ich. Ich habe von Anfang an nichts getan, dessentwegen man gegen mich Anklage erheben könnte, aber solange Sie diese Tür da verschlossen halten, setzen Sie sich selbst einem Verfahren wegen tätlicher Drohung und ungesetzlicher Nötigung aus.«
»Wie Sie sagen, kann das Gesetz Sie nicht belangen«, sagte Holmes; er schloß die Tür auf und öffnete sie. »Aber es hat nie einen Mann gegeben, der eine Strafe mehr verdient hätte als Sie. Wenn die junge Dame einen Bruder oder einen Freund hat, dann sollte er Ihnen die Peitsche über den Rücken ziehen. Beim Zeus!« fuhr er fort, erregt angesichts des grimmigen Hohns auf dem Gesicht des Mannes, »es gehört nicht zu meinen Pflichten gegenüber meiner Klientin, aber da ist eine Jagdpeitsche in Reichweite, und ich schätze, ich werde mir das Vergnügen ...« Er machte zwei schnelle Schritte hin zur Peitsche, aber bevor er sie ergreifen konnte, ächzte die Treppe unter schnellen Tritten, die schwere Haustür fiel krachend ins Schloß, und vom Fenster aus konnten wir Mr. James Windibank sehen, wie er, so schnell es ging, die Straße hinablief.
»So ein kaltblütiger Schurke!« sagte Holmes lachend, als er sich wieder in seinen Sessel fallen ließ. »Dieser Bursche wird von Verbrechen zu Verbrechen aufsteigen, bis er etwas ganz Übles tut und am Galgen endet. In mancher Hinsicht war dieser Fall keineswegs uninteressant.«
»Ich kann auch jetzt noch nicht all Ihre Denkschritte nachvollziehen«, bemerkte ich.
»Nun ja, es war doch von Anfang an klar, daß dieser Mr. Hosmer Angel sehr schwerwiegende Gründe für sein seltsames Benehmen haben mußte, und genauso klar war, daß der einzige Mann, der wirklich Nutzen aus dem Vorfall zog, der Stiefvater war, soweit wir sehen konnten. Dann die Tatsache, daß die beiden Männer nie zusammengekommen sind, sondern der eine immer nur erschien, wenn der andere abwesend war; das war sehr aufschlußreich. Aufschlußreich waren auch die getönten Gläser und die merkwürdige Stimme, die genau wie der buschige Backenbart auf eine Verkleidung hinwies. Mein Verdacht wurde dadurch bekräftigt, daß er seine Unterschrift mit der Maschine schrieb, woraus sich schließen ließ, daß ihr seine Handschrift so vertraut war, daß sie sie sofort wiedererkennen würde. Wie Sie sehen, wiesen alle Tatsachen für sich genommen, zusammen mit vielen kleineren, in dieselbe Richtung.«
»Und wie haben Sie das alles überprüft?«
»Nachdem ich den Mann einmal ausfindig gemacht hatte, war es einfach, die Verdachtspunkte zu bestätigen. Ich wußte, für welche Firma dieser Mann arbeitet. Ich habe die gedruckte Beschreibung genommen und daraus alles gestrichen, was das Ergebnis einer Verkleidung sein könnte – Backenbart, Brille, Stimme –, und dann habe ich die Beschreibung an die Firma geschickt, mit der Bitte, mir mitzuteilen, ob diese Beschreibung auf einen ihrer Vertreter zutrifft. Die Eigentümlichkeiten der Schreibmaschine hatte ich bereits bemerkt, und ich habe dem Mann an seine Geschäftsadresse geschrieben und ihn gebeten, herzukommen. Wie erwartet, war seine Antwort mit der Maschine geschrieben und wies die gleichen nebensächlichen, aber charakteristischen Mängel auf. Mit der gleichen Post erhielt ich einen Brief von Westhouse & Marbank auf der Fenchurch Street, des Inhalts, daß die Beschreibung in allen Einzelheiten auf ihren Angestellten James Windibank zutrifft. Voilà tout! «
»Und Miss Sutherland?«
»Sie wird mir nicht glauben, wenn ich es ihr erzähle. Sie erinnern sich vielleicht an das alte persische Sprichwort ›Gefahr droht dem, der das Tigerjunge stiehlt, und Gefahr auch dem, der einer Frau ein Trugbild nimmt‹. Bei Hafis findet sich ebenso viel Vernunft wie bei Horaz, und genauso viel Weltklugheit.«
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