Gerade für High-Handicapper, die etwas für ihr Ego tun wollen, empfehlen sich schön schwere Stahlschäfte, so um die 330 Gramm das Stück. Möglichst bolzenhart, weil extra-stiff. Je steifer, desto besser, dann haben Sie auch gleich ein anständiges Feedback in den Fingern, wenn Sie den Ball nicht richtig treffen. Also immer. Merke: Wenn es sich so anfühlt, als ob Sie einen elektrischen Schlag abbekommen hätten, haben Sie alles richtig gemacht. Die 230-Volt-Schocktherapie, die Sie übrigens bei niedrigen Außentemperaturen potenziert genießen können, hat sich gewaschen und wirkt enorm stimulierend. Viel spektakulärer als eine öde, gute Runde.
Apropos spektakulär: Haben Sie schon mal was vom guten alten Sam Snead gehört? Der Kollege lebte von 1912 bis 2002 und war und bleibt einer der größten Golfer aller Zeiten. Siebenfacher Major-Sieger und so. Sam »Slamin« Snead gewann im Verlauf seiner Karriere 82 Turniere auf der PGA Tour und 70 weitere weltweit. Seine fantastische Laufbahn begann er – wie so manche der alten Größen – als Caddie auf einem Golfplatz. Falls Sie es nicht lassen können und doch ins verschärfte Training einsteigen wollen: Snead nutzte alte Tomaten-Konservendosen als Löcher und allerlei Stöcke aus der durchaus üppigen Waldlandschaft in Virginia als Schläger.
Mit 62 Jahren wurde Sam Snead – mit nur drei Schlägen Rückstand auf den Sieger – spektakulärer Dritter der PGA Championship. Meistens trug er einen kecken Strohhut (eben doch!). Und manchmal spielte er Turniere sogar barfuß. Das konnte er sich leisten, er hatte seine Schläger im Griff. Seine Persimmon-Hölzer und die bocksteifen Blades. Geräte, mit denen heute niemand mehr spielen würde, weil sie geradezu brüllend veraltet und ungeeignet sind. Immerhin spielte er 1984, also mit 72, auf dem Platz von »The Homestead« mit exakt diesen ollen Gurken eine Sechziger-Runde.
Und was lernen wir daraus? Nichts. Oder vielleicht, dass er, hätte er mit heutigem Material gespielt, wahrscheinlich laufend unter sechzig gescorend hätte, was auf eine Form von Talent schließen lässt, auf die Sie erst einmal nicht hoffen sollten. Deshalb bietet es sich an, sich eher an der leicht auffälligen Außendarstellung von Snead zu orientieren, um im Low-Profile-Golfalltag von unsereins zumindest optisch herauszustechen.
So zum Beispiel wie Nordkoreas verstorbener Machthaber Kim Jong Il, der zwar eher selten zum Golfen kam, laut offizieller Propaganda aber dennoch nicht nur der schönste, sondern auch der beste Golfer der Welt war. Für einen Achtzehn-Loch-Kurs soll er nämlich bloß 38 Schläge gebraucht und während der Runde obendrein fünfmal ein Hole-in-one geschossen haben. Chapeau!
Wenn Sie aus diesem Sachbuch etwas lernen müssen, dann das, dass es eine geradezu hirnrissige Idiotie ist, absichtlich ein Hole-in-one zu schießen. Vor allem bei einem offiziellen Wettspiel wird ein Ass zum Supergau, weil es doch die Etikette verlangt, im Anschluss an die Runde nicht nur den eigenen Flight zum Champagner-Umtrunk einzuladen, sondern gleich das ganze Teilnehmerfeld.
Gehen wir also von 72 Spielern aus, von denen sechzig Nasen je einen Deziliter eines ordentlichen Champagners trinken (zum Beispiel jenes rund zweihundert Jahre alten Veuve Clicquot, von dem Forscher 2010 vor der finnischen Küste auf dem Grund der Ostsee 145 Flaschen aus den Zwanzigerjahren des vorletzten Jahrhunderts fanden), dann benötigt man rund zehn Flaschen à 15 000 Euro. Vorausgesetzt, es sind nicht auch noch die Partner der Teilnehmenden mit dabei!
Nein, wenn Sie einigermaßen schlau sind, dann lassen Sie den Quatsch mit dem Hole-in-one. Es sei denn, Sie sind Nordkoreaner oder Diktator oder reich. Und gut versichert. Oder alles auf einmal, was in der Regel nur auf nordkoreanische Machthaber zutrifft. Anyway, erfahrungsgemäß macht es sich enorm gut, wenn Sie bereits am ersten Abschlag verkünden, dass Sie, für den Worst Case eines Hole-in-one, gut versichert sind und einer größeren Party im Klubhaus somit nichts mehr entgegenstünde. Das entspannt die Runde ungemein.
In Deutschland wurde 2007 laut Informationen des Deutschen Golf Verbandes insgesamt 473-mal ein Hole-in-one erzielt, was bei rund 4,8 Millionen gespielten Par-3-Löchern einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 10 150 entspricht. Leider hängt ein derartiger Glücksfall aber nicht vom Schwung ab – wenns dumm läuft, kann es also auch Sie treffen.
Wenn Ihnen Ihre Beziehung am Herzen liegt, wenn Sie nicht schon bald als Single auf der Straße stehen möchten, weil Sie nur noch ans Golfen denken, dann hören Sie nicht auf esoterischen Schwachsinn wie »slow down your backswing, slow down your life«. Das Leben ist zu kurz, um langsam zu schwingen.
Ganz tragisch sind ja jene Kollegen, die den Schwung-Rhythmus mit einer Eselsbrücke zu verlangsamen versuchen. Die, die beim Rückschwung »Co-ca« und beim Schlag »Co-la« murmeln. »Sprite« heißt das Zauberwort. Zack! Michael Douglas soll sich sogar in die Aussage verstiegen haben, dass er sein Handicap mit dem simplen Trick verbesserte, bei jedem Schlag »Cin-dy Craw-ford« zu denken. Dann heiratete er die hübsche Catherine Zeta-Jones, und der Schwung war voll im Eimer.
Also hauen Sie einfach drauf. Hau ruck! Rock’n’Roll! Volles Rohr! Krawummm! Ihr Ball wird ästhetische Bananen beschreiben, die sich gewaschen haben. Wenn Sie sich nicht dreinquatschen lassen, werden Sie diese Technik ohne großen zeitlichen Aufwand im Nu perfektioniert haben, und Ihre Freunde werden vor lauter Staunen den Mund nicht mehr zukriegen.
Die Länge des Schlages und die Breite der Streuung ergeben die auf dem Golfplatz genutzte Fläche. Nur für den Pseudoprofi besteht Golf zu 75 Prozent aus »kurzem Spiel« und davon wiederum zu 40 Prozent aus Putten. Das wuchtige Spiel mit den Hölzern und langen Eisen kommt bei den trainingsfleißigen Aficionados viel zu kurz. Am Ende des Tages fehlen denen locker die siebzig Schläge, die Sie mehr machen dürfen. Was doch eigentlich sauschade ist. Genau genommen besteht Golf für die Streber nämlich zu einem großen Teil aus dem, womit kein Golfer in Verbindung gebracht werden möchte: aus Minigolf.
Streng wissenschaftlich betrachtet, handelt es sich beim Golf ja um eine Verbindung zweier grundverschiedener Sportarten, die miteinander nicht die Bohne zu tun haben. Die eine findet auf dem Golfplatz statt, die andere auf dem Green. Die eine wird mit Vorliebe von jenen ausgeübt, die gern draufhauen und die weiße Kugel über die Fairways fliegen sehen. Die zweite richtet sich an Frauen und Weicheier. An Ingenieure, Neurochirurgen oder andere Haarspalter, die im Tausendstel-Millimeter-Bereich herumzirkeln wie unsereiner in einem dieser affig engen Parkhäuser, die vermutlich von fahrradelnden Lehrlingen gezeichnet wurden, bestimmt aber nicht von SUV-Besitzerinnen.
Okay, jetzt sind wir ein bisschen abgeschweift. Der langen Rede kurzer Sinn: Es gibt Golfer – und es gibt Bastler. Pingelige Pingelsingles, die es kaum erwarten können, auf dem grünen Grün anzukommen und den Ball über den Teppich rollen zu lassen, zu hören, wie er ins Loch fällt. Aber Achtung: Golf findet draußen statt. Bei jeder Witterung. Und nicht in der Stube.
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