Andrew Abbott - Zeit zählt

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Eine zeitgemäße Sozialforschung sollte prozessual angelegt sein, argumentiert der US-amerikanische Soziologe Andrew Abbott. Damit vertritt er einen radikal anderen Blickwinkel auf die soziale Welt als in den Sozialwissenschaften üblich. Nicht die Stabilität gesellschaftlicher Verhältnisse ist der Normalfall, sondern ihr Wandel. Nicht die kontinuierliche Veränderung sozialer Strukturen und kultureller Deutungen ist erklärungsbedürftig, sondern ihre Konstanz. Nicht die Modellierung sozialer Vorgänge mit Variablen wie Bildungsniveau, Haushaltseinkommen oder soziale Herkunft ist die angemessene Methode ihrer Analyse, sondern die Narration ihrer prozesshaften Entfaltungen, Wendungen und Abbrüche. Andrew Abbott geht es darum, die Temporalität des Sozialen als zentralen Aspekt sozialwissenschaftlicher Methodologie und soziologischer Theoriebildung zu verankern.
Mit dem Band «Zeit zählt» liegen erstmals ausgewählte Aufsätze von Abbott gebündelt in deutscher Übersetzung vor. Sie eröffnen den Zugang zu einem Autor, der in den USA und in Frankreich längst zu den prominentesten Sozialwissenschaftlern der Gegenwart gehört und der nicht nur gegen den Strich, sondern auch gegen sich selbst denkt.

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Zunächst möchten wir jedoch noch darauf aufmerksam machen, dass in diesem frühen Aufsatz bereits ein theoretischer Sachverhalt auftaucht, 18den Abbott zukünftig ins Zentrum all seiner Überlegungen stellen wird: Ihm zufolge sind nämlich viele, wenn nicht die meisten statistischen Modelle, aber auch zahlreiche nicht formalisierte Prozessbehauptungen, wie sie in der Soziologie gang und gäbe sind, auf fragwürdige Kausalannahmen gebaut. Der theoretische Sachverhalt, um den es Abbott hier geht, ist die irrige Unterstellung einer allgemeinen Linearität kausaler Verhältnisse, die es ihm zufolge zu verwerfen gilt. Er problematisiert insbesondere sechs Annahmen innerhalb dieses Weltbildes einer »allgemeinen Linearität kausaler Verhältnisse« (General Linear Reality), 19das sich auch deshalb so lange und hartnäckig hält, weil die Soziologie aus seiner Sicht kein angemessenes Zeitverständnis besitzt. Es handelt sich um die Annahmen,

1)dass die soziale Welt immer schon aus festen, abgrenzbaren und insofern leicht zu identifizierenden Einheiten bestehe, denen lediglich ein sich zeitlich ändernder Wert zugeschrieben werden müsse – beispielsweise die Durchgriffsfähigkeit eines vorhandenen Staatsapparates, die je nach Beamtenzahlen zu- und abnimmt, die Stärke einer klar zu beschreibenden Arbeiterklasse, die sich – gemessen an den Zahlen zur Parteizugehörigkeit – verändert etc.;

2)dass Kausalität vom Großen zum Kleinen verlaufe, also große und massive soziale Veränderungsprozesse auch durch ebenso bedeutende Kausalstränge (und nicht durch kleine Zufälle) herbeigeführt würden;

3)dass das Attribut, also der Wert einer Einheit, eine und nur eine kausale Wirkung habe;

4)dass die Ordnung und Reihung der Ereignisse für ein Kausalgeschehen keinen großen Unterschied ausmachten (mit Ausnahme der banalen Einsicht, dass das Explanans zeitlich vor dem Explanandum zu verorten sei);

5)dass die Einheiten und die von ihnen ausgehenden Kausalwirkungen als unabhängige Fälle zu behandeln seien, dass man also eine strukturelle Determiniertheit vernachlässigen könne;

6)dass Ereignisse im Sinne von Variablen unabhängig vom Kontext immer die gleiche Wirkung entfalteten. 20

Ein solches Weltbild, so Abbott, sei zwar im Hinblick auf die meisten statistischen Verfahren, auch im Hinblick auf die meisten sozialwissenschaftlich-theoretischen Argumente insofern sehr praktisch, als sich damit Zusammenhänge vergleichsweise einfach darstellen und modellieren lassen. Vergessen wird dabei aber, dass all dieses Rechnen und Modellieren auf den eben genannten Annahmen beruht, die mehr oder minder zweifelhaft sind. Abbott zieht daraus den – in den frühen Aufsätzen eher tentativen, später dann sehr viel systematischer herausgearbeiteten – Schluss, dass Ereignisse und Prozesse stets lokalen Charakter haben. Sie sind, um es ethnomethodologisch zu formulieren, unvermeidlich indexikal, sodass ihre Analyse eine Art holistischen Zugriff erfordert. Dafür greift er auf den Terminus »Ökologie« zurück, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bereits ein Schlüsselbegriff der Chicagoer Schule der Soziologie war, dann aber etwas in Vergessenheit geraten ist. 21Abbott wird das Konzept insbesondere in seiner Studie The System of Professions stark machen, um »fields of contextuality« zu begreifen. 22Darauf kommen wir zurück.

Abbott startet also schon als junger Nachwuchswissenschaftler eine massive Attacke auf zentrale Annahmen sozialwissenschaftlicher Methodik und Theoriebildung. Mit dem zweiten schon genannten Aufsatz »Event Sequence and Event Duration« wirft er die vor allem die Soziologie irritierende, aber in der Geschichtswissenschaft und erst recht in der phänomenologisch orientierten Philosophie längst verhandelte Frage auf, ob nicht der Erzählung in den Sozial- und Humanwissenschaften wieder eine sehr viel stärkere Bedeutung gegeben werden müsse. Nur sie – also letztendlich: die Praktik der Erzählung – sei in der Lage, Ereignissen wirklich gerecht zu werden. 23Das zieht die weitere Frage nach sich, was denn überhaupt als ein (historisches oder soziales) Ereignis zu gelten und wie man es zu definieren habe. 24Abbott unterzieht sich auch hier der Anstrengung einer Grundlagenreflexion und befasst sich – wie Historikerinnen und Philosophen auch – damit, ob Ereignisse nur durch das Mittel der Erzählung (Storys!) einzufangen und darstellbar seien. 25Er geht jedoch noch einen Schritt weiter als die meisten von ihnen, indem er die Unterscheidung zwischen »events« und »occurrences«, also zwischen Ereignissen und Vorkommnissen, einfordert, da sie aus seiner Sicht entscheidend ist, wenn man als Soziologe nicht nur erzählen, sondern auch generalisieren will.

»Events« sind im Prinzip abstrahierte Konzepte, »occurrences« dagegen »the actual happenings we use to indicate that an ›event‹ has taken place«. 26Um ein Beispiel aus der Psychiatrie und der Professionssoziologie zu geben, mit der sich Abbott seit den späten 1970er Jahren beschäftigte: Der Sachverhalt der Existenz eines systematisch-medizinischen Unterrichts wäre als ein Ereignis (Konzept) zu bezeichnen, während die Einrichtung von medizinischen Schulen an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten eine mögliche Okkurrenz wäre, ein Vorkommnis, das auf die Existenz eines solchen Ereignisses hinweist. 27Umgekehrt kann ein Vorkommnis Teil vieler denkbarer anderer Ereignisse sein, insofern sich etwa die Einrichtung medizinischer Schulen auch als eine Okkurrenz im Hinblick auf das als Ereignis zu wertende Aufkommen eines staatlichen Konjunkturprogramms verstehen lässt.

Die Unterscheidung hat zentralen Stellenwert für Abbott, weil es mit ihr zum einen möglich ist, genauer darzulegen, was im Hinblick auf ein theoretisch interessantes Phänomen genau erklärt werden soll – und was gewissermaßen »nur« aufschlussreiche Daten zur Analyse dieses Ereignisses sind. Abbott bemüht sich somit, ein Ereignis nicht über die vermeintlich auf der Hand liegende Bedeutung eines historischen Phänomens zu definieren, nach dem Motto: Jeder sieht doch, dass die deutsche Wiedervereinigung, die klimapolitische Entscheidung der Kanzlerin, ein antisemitisches Pogrom, eine Leitzinserhöhung einer Zentralbank etc. jeweils ein wichtiges Ereignis ist. 28Vielmehr theoretisiert er ein Ereignis von vornherein als Konzept. Er möchte damit die willkürliche Zuschreibung von »ereignishafter« Bedeutsamkeit an alle möglichen historisch-sozialen Phänomene verhindern, vor allem geht es ihm aber darum, überhaupt bestimmte Gegenstände als (problematische) Entitäten begreifen zu können. Damit adressiert er zum anderen ein für alle Sozialwissenschaftlerinnen zentrales Problem, wie es auch im Aufsatztitel mit dem dortigen Verweis auf jenes schwer ins Deutsche übersetzbare Wort »colligation« aufscheint: Hier wird die Frage angeschnitten, wie Vorkommnisse verknüpft sind. Gemeint ist damit das begründungsbedürftige Zusammenziehen von bestimmten empirischen Vorkommnissen zu einem ereignisförmigen Gesamtphänomen. Ein Beispiel ist die von Historikerinnen wie von Soziologen zu lösende Frage, ob und wie Bismarcks außenpolitische Schachzüge aus der Zeit vor 1870/71 konstitutiver Teil eines Gesamtplans zur Schaffung des Deutschen Reiches waren oder eben nicht, was genau also als indikative Einheit der Analyse zu gelten habe und was nicht. Forschende stehen somit vor der Aufgabe, nach den empirischen Elementen der Kolligation zu fragen, wobei es sich nicht zwingend nur um konkrete Subjekte handeln muss. Abbott sieht nämlich jede Form des methodologischen Individualismus kritisch, da er geltend macht, dass Individuen nicht per se oder von vornherein die maßgeblichen Einheiten sind, die soziale Prozesse antreiben. 29

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