Dankmar H. Isleib - Das Sprechen der Wände

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Der Autor, Ein Ex-Rockmusiker und Journalist, erzählt aus seinem Leben in Deutschland Ost und Deutschland West. 1.000 Tage verbrachte er als politischer Häftling in Zuchthäusern des Staatssicherheitsdienstes der DDR, bevor er im Sommer 1976 von der Bundesrepublik freigekauft wurde.
456 Tage davon saß Isleib unter verstörenden, zerstörenden Bedingungen in Einzelhaft. Der Staatssicherheitsdienst verfolgte den Autor auch dann noch, als er bereits im Westen angekommen war, denn die Stasi war und ist überall …
DAS SPRECHEN DER WÄNDE ist heute 2020 aktueller denn je, 30 Jahre nach der Wiedervereinigung.

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Eine Eisentür.

»Gesicht zur Wand!«

Schließen. Durchgehen.

»Gesicht zur Wand!«

Schließen. Zweite Tür, vergittert. Durchgehen.

Ich bin im Gefangenenflügel. Noch immer Teppiche auf dem Boden. Stufen abwärts. Noch eine Treppe, schmale, düstere, fensterlose Gänge. Kein Bild mehr. Dafür zu beiden Seiten dicke, dreckig-graue Eichentüren mit riesigen Stahlbeschlägen und kleinen Klappen in der Mitte. Und weiter oben an den Türen kleine, runde Blechscheiben. Noch weiß ich nicht, dass sie Spione heißen, durch die die Gefangenen ständig und fast unmerklich beobachtet werden. Vierundzwanzig Stunden. Tag für Tag, Nacht für Nacht. Das hatte mich bisher noch nicht interessiert.

Ein schmaler Raum, zwei neue Uniformen in Silber und Weiß.

»Ausziehen. Ganz!«

Man betrachtet mich von Kopf bis Fuß. Wie ein Stück Vieh. Man gibt mir volkseigene Wäsche.

»Zum Drunterziehen!«, raunzt mich die eine Uniform an.

Hart, unförmig und stinkend. Nach Desinfektionsmittel. Meinen Jeansanzug kann ich wieder anziehen. Darüber bin ich sehr froh. Melancholie. Ein Stück Erinnerung. Ein Stück Leben, ein Stück Musik, denn ich trug ihn am Wochenende, als wir unsere – letzten? – Konzerte gaben …

»Sie werden vermutlich einige Zeit bei uns bleiben«, sagt die Uniform in der Kleiderkammer mit lässiger Stimme. »Führen Sie sich mal gut, sonst kriegen 'Se Ärger. Lesen 'Se sich das mal hier durch. Muss sein.«

Verwahrungsordnung für Untersuchungshäftlinge des Staatssicherheitsdienstes der DDR:

Ich darf nicht an Wände klopfen, ich darf nicht singen, ich darf nicht pfeifen, ich darf nicht brüllen, ich darf keine Verbindung mit anderen Personen aufnehmen, ich darf nicht onanieren, ich darf tagsüber nicht im Bett liegen.

Ich darf nicht ich sein. Ich muss mich widerstandslos den Anordnungen des Personals fügen.

Wie benommen folge ich erneut den Uniformen über Gänge und Treppen. Überall liegen Teppiche, nur das Knarren der Dielen ist ab und an zu hören. Verdammt feiner Laden! Muss ich schon sagen!

»Stehenbleiben. Gesicht zur Wand!«

Schlüsselklappern. Ratsch, ratsch. Zwei Riegel knallen dumpf zur Seite. Eine Zelle.

Meine Zelle.

Meine Zelle!

Ich spüre einen fürchterlichen Druck auf meiner Stirn, mein Kopf droht nun endgültig zu zerplatzen. Die ganze Machtlosigkeit, das Ausgeliefertsein steigt in mir hoch. Schweiß bricht aus. Der Atem wird kurz, fliehend. Zwei graue Decken werden mir nachgereicht, die Riegel schnarren nun noch dumpfer. Unheimlich. Grausam. Endgültig.

Schlüsselgeklapper.

Dann Stille.

Ich bin allein.

Das ist nicht richtig. Ich bin nicht allein – ich bin einsam. Eine Einsamkeit, wie ich sie noch nicht kannte. Eine Einsamkeit, die sich mit keiner anderen Einsamkeit vergleichen lässt. Denn sie ist nicht freiwillig gewählt. Durch diese Mauern dringen nicht einmal mehr Gedanken bis zu mir vor. Den Eindruck habe ich. Er stellte sich in der Sekunde ein, als die Riegel in die Armierungen in der Wand schlugen. Außen. Außerhalb meiner Einflussnahme. Ich habe nur noch mich. Bin auf mich gestellt, allein auf mich. Ein Häufchen Elend – nicht mehr! Ein Nichts!

Und diese Zelle. Im Sozialismus „Verwahrraum“ genannt. In mir steigt etwas auf, was ich noch nicht verarbeiten kann. Ein unendlich schwer beschreibbares Gefühl der Machtlosigkeit. Gelebt werden. Was heißt das? Was wird es für mich bedeuten? Keine Entscheidung, die ich treffen kann, und sei sie noch so klein und unwichtig. Gelebt werden. Ohne sich eines Unrechts schuldig gemacht zu haben, gelebt, bestimmt werden. Wie sehr braucht man als Mensch den Menschen? Einen Menschen. Wenigstens einen. Doch mit wem kann ich jetzt meine Gedanken tauschen? Visionen, schreckliche Visionen drängen sich in mein Hirn. Mein Körper wird sich nun von seiner Seele trennen müssen. Mein Körper ist gefangen. Die Gedanken können den Mauern entweichen. Können fliehen. Noch.

Und sperrt man mich ein

im finsteren Kerker,

das alles sind rein

vergebliche Werke;

denn meine Gedanken

zerreißen die Schranken

und Mauern entzwei:

Die Gedanken sind frei.

Mir fällt die vertonte Fassung von Gustav Mahler ein. Ich summe still in mich hinein. Die Gedanken sind frei. Ein Hohn! Wie kann ich Körper und Seele trennen? Empfindungen, Freude, Schmerz, Glut, Wachsamkeit, Liebe, Zärtlichkeit. Auf all das werde ich verzichten müssen. Muss meine Seele fortschicken, damit wenigstens sie überlebt. Geht das überhaupt? Körper und Seele bilden eine Einheit. Eines kann ohne das andere nicht leben. Beide Teile leiden unter einer Trennung, zerreißen uns. Wie kann ich das verkraften? Bin ich vielleicht schon tot? Sind das alles Fantasien meiner toten Seele? Ist das mein zweites Leben? Habe ich das verdient, schon jetzt, einfach weg? Ist das der Tod?

Ich friere, zittere und weine. Spüre Tränen über meine Wangen laufen. Sie erreichen die Mundwinkel, warm und salzig. Nur lebende Wesen können weinen. Nur fühlende Wesen können das Salz des Schmerzes kosten. Was ist geschehen?

Wie elend ich mich fühle. Unsagbar müde und schwach. Könnte ich doch blind sein! Muss ich die Zelle auch noch sehen!? Bis zur Kopfhöhe grüne Ölfarbe. Dreckig. Dann – einst – weißer Kalk, auch die Decke. Dreckig. Ein vierbeiniger Holzhocker, braun. Ein kleiner Tisch, Kunststoffplatte, braun. Ein Waschbecken, klein und dreckig. Ein Klo. Es stinkt. Die ganze Zelle stinkt. Bald werde auch ich so stinken.

Nach Zelle stinken.

Nach Gefängnis.

Nach Stasi.

Wie riecht Gefängnis? Wie riecht eine Zelle? Muffig. Nach kaltem Schweiß, Rauch, der sich im Laufe der Jahrzehnte in die Wände, in das Holz des kurzen, schmalen Bettes geätzt hat. Nach schlechtem Essen, nach Urin, Kot, nach Chlor, nach Furcht, nach Bohnerwachs, nach Zelle. Furcht, ja.

Die Holzpritsche, von der Tür aus betrachtet an der linken Wand der Zelle stehend, ist zu kurz für mich. Höchstens Einssiebzig und an den Stirnseiten durch ein hohes Brett begrenzt. Da fehlen zehn Zentimeter. Das heißt immer krumm liegen. Aber nicht krumm werden. Folter?

Eine Eintragung, eingeritzt, am Kopfende:

Otto Pranger wegen Weiber 5. April bis 20. Juli 1908.

Die Zelle hat kein Fenster.

Die Zelle hat kein Fenster!

Zwei Reihen Glasbausteine. Milchig. Da, wo früher mal ein Fenster war. Die Gitter davor kann man nur ahnen. Das ist die neue Humanität. Zwischen den beiden Reihen der Glasbausteine ein Luftschacht. Fünf Zentimeter breit. Wie soll da Luft reinkommen? Und Licht? Über der Tür eine Neonröhre, mit einem Stahlgitter gesichert. Der Schalter entzieht sich meinem Einflussbereich. Soll eine Neonröhre meine Sonne sein?

Luft holen. Richtig tief Luft holen. Es geht nicht. Ist das Einbildung, ist es die Angst, die mich in einer eisernen Zange hält? Bin ich so ein Waschlappen, dass ich nicht einmal mehr richtig Luft holen kann? Ich stehe vor dem Lichtschacht und schlage mir an der hässlichen, harten, stinkenden grünen Wand die Knöchel wund. Ich will den Schmerz spüren, will mich ablenken. Ja, ja, blutet nur, ihr unbrauchbaren Hände! Ich lebe. Hurra. Meine Knöchel bluten, sie schmerzen. Wie mein Herz. Wie mein Rücken. Wie meine Seele. Ich werde mich jetzt hinlegen. Ist mir egal, ob das am Tage verboten ist oder nicht. Ich muss schlafen, abschalten, an nichts mehr denken. Nicht an Karin, nicht an Lena. Nicht an die Mutter, die Freunde, die Freiheit.

Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit. Schlafen.

Wie oft habe ich eigentlich bewusst etwas über Zellen gelesen? Victor Hugo, Tolstoi, Isaac Babel. Vier Schritte hin, vier Schritte zurück. Wie wenig man sich davon vorstellen kann. Zeilen, harmlos auf Papier gebracht. Wie wenig hat mich das bedrückt, berührt, physisch angefressen! Das waren „nur“ Bücher. Zerkleinertes Holz, bearbeitet, gepresst, bedruckt. Wie oberflächlich habe ich über Schicksale anderer Menschen nachgedacht. Warum habe ich nie Schmerz empfunden, wenn ich über Gefangenschaft gelesen habe. Warum hat mich die Beschreibung einer Zelle nie bedrückt? Bin ich abgestumpft, oberflächlich? Liegt es daran, dass im allgemeinen Verbrecher, also Mörder, Diebe oder Vergewaltiger in Zellen leben? Empfinde ich mehr Schmerz, weil ich kein Verbrechen begangen habe? Weil sie mich „nur so“, wegen meiner Geisteshaltung, meiner für mich einzig möglichen Auslegung von Freisein, Freiheit, Menschenwürde abgeholt haben und nun einsperren?

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