„Aus den Fugen gegangene Zeiten“. Bonhoeffer denkt an die Zeiten der Nazi-Herrschaft. Wie sieht es heute aus? Leben wir in „festgefügten Zeiten“? Oder geht auch bei uns einiges „aus den Fugen“? Was Bonhoeffer schreibt, ist sicher bedenkenswert. Das Reden von der Barmherzigkeit Jesu für die Sünder darf nicht dazu führen, den Unterschied von Gut und Böse, von Recht und Unrecht einzuebnen. Es darf nicht zu einer Geringschätzung der Redlichen, der Treuen und der Sich-Mühenden führen. Wir leben in einer „permissiven“ Gesellschaft, in der fast alles erlaubt ist. Da geraten diejenigen manchmal in Erklärungsnot, die sich noch „ein Gewissen machen“ aus dem, was sie tun. An den Geboten Gottes festhalten zu wollen, scheint ein Zeichen von Einfallslosigkeit oder von Zwangskrankheit zu sein. Ein evangelischer Theologe meinte, dass heute gerade diejenigen, die sich keine Eskapaden leisten, „einiger Streicheleinheiten“, das heißt einer Ermutigung bedürfen; die Gesellschaft verdanke ihnen viel. 18
Trotzdem : Die Betonung der zuvorkommenden und barmherzigen Güte Gottes und Jesu, die wir in den Evangelien finden, gilt auch für unsere Zeit und ist für alle von Bedeutung. Denn: auch die „Gerechten“ (das Wort ist hier nicht ironisch gemeint) leben nicht nur von ihrer eigenen Leistung. Vieles, Grundlegendes ist vorgegeben durch das schöpferische und gnadenhafte Wirken Gottes, durch Vorgaben aus dem menschlichen Bereich. Und auch im Verlauf des Lebens, wenn es einigermaßen gut und rechtschaffen läuft, ist nicht nur das eigene Wollen und Können im Spiel. Es ist auch „Glück“ oder „Gnade“ dabei; man spricht von guten „Fügungen“. Den Betreffenden sind vielleicht manche schwierige und gefährliche Situationen erspart geblieben. Sie sind unter Umständen an Abgründen vorbeigeführt worden, ohne dass sie es so recht gemerkt hatten. Die heilige Theresia von Lisieux hat von sich gesagt, im Blick auf ihre Anlagen und ihre eigenen Kräfte sei es nicht ausgeschlossen, dass sie unter bestimmten Bedingungen zum Verbrecher geworden wäre. Dem entspricht, was jemand einmal so ausdrückte: „Ich bin nicht anders als manche, die gescheitert sind; ich hatte es nur anders.“ Wir sind selbst nicht so eindeutig auf das Gute eingestellt und sind darin nicht so gefestigt, dass wir ein ehrenwertes Leben allein unserer Leistung zuschreiben könnten. 19
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