Das war in Sophies Augen das geringste Problem. Wenn sie sich entscheiden würde, davon zu laufen, würde sie wohl kaum zu ihm zurückkehren wollen, das verstand sich doch wohl von selbst. Allerdings – sie war soweit gegangen, hatte so lange nach Dominus Unbekannt gesucht, jeden für ihre Suche eingespannt, der ihr dafür nützlich erschien. Wenn sie jetzt aufgab, war alles umsonst gewesen und sie würde nie erfahren, ob sich der Versuch gelohnt hätte. Wie sollte sie den anderen gegenübertreten und ihnen erklären, dass ihre Mühen umsonst gewesen waren? Er war bereit, sie aus dieser Vereinbarung zu entlassen, wenn sie absolut nicht zusammen passten. Das war doch immerhin eine gewisse Option für sie, wenn auch nur eine kleine.
»Verdammt, ich wollte einfach nur die Sub eines wahrhaft dominanten Herrn sein und eine Zeitlang ein aufregendes Spiel …« Sophie schluckte. Panik erfasste sie. »Sie hatten die Möglichkeit, mich die ganze Zeit über zu beobachten, mich zu begutachten. Werde ich Sie sehen, bevor ich unterschreibe?«
»Nein. Dieses Risiko muss es dir wert sein. Falls du nicht unterschreibst, werde ich für dich auf ewig ein Unbekannter bleiben. Dieses Gespräch und warum aus unserer Verbindung nichts geworden ist, würde im Gegenzug hundertprozentig unter uns bleiben.«
Ein letztes Aufbäumen, eine letzte Frage, die Sophies mentale Kräfte strapazierte. »Und – wie sieht es mit Sicherheit aus, mit einem Safeword?«, stieß sie hervor. Das war das Mindeste, was er ihr zugestehen musste. An die Sicherheitsregeln hielten sich alle Spieler.
Er lachte leise. »Es wird kein Safeword geben. Du hast es nicht verstanden, Sophie. Wenn du meine Sklavin bist, wirst du meinem Willen ausgeliefert sein, ohne Ausnahme. Du wirst dich absolut unterwerfen und mir bedingungslos vertrauen. Ich alleine weiß, was gut für dich ist. Du hast kein Mitspracherecht, dafür aber jede Menge Pflichten.«
Sophie starrte auf die Dokumente und dachte fieberhaft nach. Sie zitterte am ganzen Körper. Verdammt, dieser Dom konnte absolut jeder sein. Sie führte sich die absoluten No Go’s noch einmal vor Augen: Klein und fett, picklig und hässlich, unrasiert und schlampig gekleidet. Das hier war das Riskanteste, was ihr je in ihrem Leben begegnet war, ungeachtet seiner Argumentation. Wenn sie diesen Vertrag unterzeichnete, könnte alles mit ihr geschehen und niemand würde es mitbekommen, nicht einmal Nadine. Schließlich wäre sie Tag und Nacht der Gnade ihres Herrn mit Haut und Haaren ausgeliefert. Vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche.
Sie stöhnte leise. Dieser Dom wusste genau, wie er ihr Demut abverlangen und sie dabei erregen konnte. Schon jetzt war sie diesem Aufruhr ihrer Gefühle und vor allem ihres Körpers vollkommen hilflos ausgeliefert. Das Adrenalin, das seit Beginn ihres Gesprächs durch ihren Körper jagte, ließ keine andere Entscheidung zu. Wenn sie ablehnte, würde sie verwirrt, ziellos und frustriert aus diesem Zimmer gehen. Sie würde ewig bereuen, nicht zu wissen, ob es sich gelohnt hätte. Wenn sie dagegen zustimmte, würde sie in eine unbestimmte, aber auf jeden Fall aufregende Zukunft aufbrechen.
»Also gut«, presste sie hervor.
Sophie nahm den Stift in die Hand und schloss ihre Augen. Sie sah Nadines Gesicht vor ihrem geistigen Auge. Ihre Freundin musterte sie mit gerunzelter Stirn, tippte sich mit dem Finger an die Schläfe und fragte, wie – verdammt noch mal – Sophie so etwas Dummes tun konnte. Es gab doch noch mehr Doms auf der Welt als ausgerechnet diesen einen mit seinem kranken Vertrag. Vielleicht in einer anderen Stadt, sie würde irgendwann …
Sophie riss ihre Augen auf. Genau, das war der Knackpunkt. Nicht irgendwann! Es blieb ihr gar keine Wahl, sondern nur die Hoffnung, dass dieser Mann, dem sie sich anvertraute, gütiger war, als der Vertrag versprach und sie trotz oder gerade wegen seiner Dominanz glücklich und zufrieden machen würde.
Ohne noch weiter überlegen setzte Sophie schwungvoll ihre Unterschrift auf das Papier und die beiliegenden Vollmachten für die Verwendung ihrer Wohnung und ihres Girokontos.
Kapitel 4 
Nadine drückte den roten Ausschaltknopf ihres Handys. Sie ließ es in die Kissen fallen und wand sich wimmernd unter Laurins züngelnder Leidenschaft.
Seit sie das Telefonat mit Sophie begonnen hatte, hatte er ihr keine Ruhe gegönnt. Zuerst hatte er an den Fingern ihrer freien Hand gelutscht und dabei die Augen verdreht, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Als dies nichts nützte, wurde er offensiver. Er zog ihr die Hose aus. Zuerst hatte sie sich dagegen gesträubt, aber die Frauen nachgesagte Multitaskingfähigkeit traf auf sie nie zu, und schon gar nicht in einer solchen Situation. Entweder sie konzentrierte sich auf die Unterhaltung mit Sophie oder auf ihren Geliebten, beides zu gleichen Teilen klappte nicht.
Laurin lag mittlerweile zwischen Nadines Schenkeln und hielt sie auseinander. Seine Zunge hatte das Feuer in ihrem Schoß im Nu entfacht. Es prickelte und kribbelte und reizte sie, sich zu winden und vor Lust zu kichern. Nur unter großer Mühe hatte sie es geschafft, Sophie zuzuhören und zu antworten. Die wunderte sich bestimmt, warum sie so plötzlich abgewürgt worden war, wo sie ihrer besten Freundin doch unbedingt von dem Treffen mit dem unbekannten Dom erzählen wollte.
»Endlich hörst du auf zu telefonieren«, knurrte Laurin in Nadines Schoß und saugte an ihrer Perle und ihren Schamlippen.
Das war unfair. Sie hatten es sich gerade auf dem Bett gemütlich gemacht, sich geknuddelt und geküsst, als das Telefon klingelte.
Laurin selbst hatte sie aufgefordert ranzugehen, als wüsste er, dass sie andernfalls vor Neugierde sterben würde. Es war nicht nur unfair, sondern auch ganz schön raffiniert von ihm, sie währenddessen auszuziehen und lüstern zu machen, um sie möglichst schnell wieder vom Telefonieren abzubringen.
»Aaah«, Nadine schrie auf vor Lust.
Sie krallte ihre Finger in das Laken und warf ihren Kopf hin und her. Laurin war der absolute Kenner ihres Körpers. Er wusste ganz genau, wie sie es mochte, obwohl sie noch nicht solange ein Paar waren.
»Das ist unser Abend«, ergänzte er grimmig und knabberte sanft an ihren Schamlippen. »Habe ich dir nicht befohlen, dein Handy auszuschalten, wenn wir zusammen sind?«
Hatte er. Nadine hielt die Luft an. War er also doch ein wenig sauer oder tat er nur so?
»Strafe«, brummte er gefährlich tief und Nadine erfasste ein lüsterner Schauer.
Falls er sich nur missgestimmt gab, dann sicher um einen ausreichenden Grund zu finden, sie zu züchtigen. Als ob es eines Grundes bedurfte. Seine Züchtigungen waren die sinnlichsten und aufregendsten, die Nadine bisher erlebt hatte.
Seine Zunge stieß sich tiefer hinein, drängte sich ein Stück in ihre Vagina und Nadine jauchzte entzückt auf. Sie krallte ihre Finger in seine Haare. Er machte sie ganz verrückt mit seinem heißen Atem, seinen saugenden Lippen, den kurzen Blicken, die er ihr über ihren Venushügel hinweg zuwarf.
Ein Spiel. Oh ja, er wollte ein Spiel. Laurin war nicht der typische Dom und Nadine war darüber nicht unglücklich. Sie liebte diese softere Variante, die Sophie allenfalls verächtlich als Soft-SM bezeichnen würde. Kleine Fesseleien, ein bisschen Poversohlen, eine Augenbinde. Für die Dinge, die Sophie heiß machten, würde sie sich niemals erwärmen können. Sie hatte es wahrlich ausprobiert. Aber Paddel, Rohrstock und Co waren ihr zu heftig. Sie brauchte weder den Schmerz, der sie zum Weinen brachte noch Striemen, die sie tagelang an die Intensität des Spiels erinnern würden.
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