Er sagte: »Oh ja. Eine wirklich schöne Handtasche.«
Sarah dachte: Fuck yeah, Handtaschen!
Nachdem die Prozedur überstanden war, wurde Sarah mit einem Rollstuhl in einen Raum gebracht, wo sie sich hinlegen und ein wenig ausruhen sollte. In dem Raum gab es eine Menge Matratzen und Spitalsbetten und überall lagen Frauen drin. Die Betten waren durch Vorhänge getrennt. Da waren Frauen, die Orangensaft tranken, Frauen, die sich um andere Frauen kümmerten. Frauen, die darauf warteten, dass jemand kam und sie abholte. Und Sarah sah die Frauen und fand, dass es wie ein leichenübersätes Schlachtfeld aus dem Bürgerkrieg aussah. Sarah begriff, dass Kriege gegen uns alle geführt wurden. Sie setzte sich auf eines der vorhangumspannten Betten und legte sich auf die Seite. Sie versuchte zu schlafen, aber da war eine Frau im Bett gegenüber, die ebenfalls auf ihrer Seite lag. Die Frau hatte ihr den Rücken zugekehrt und weinte.
Sarah wünschte sich, die Frau möge die Klappe halten. Sie dachte: Es ist doch nur eine Abtreibung. Meine Güte. Fahr zur Erholung ans Meer. Aber die Frau hörte nicht auf zu weinen. Dann irgendwann rollte sich die Frau auf den Rücken und Sarah konnte sie durch den Vorhang sehen. Die Frau sah wie Hot Girl aus, aber Sarah war sich nicht sicher.
Das nächste Mal, als sie sich mit Hot Girl traf, sagte sie nichts darüber. Hot Girl schwieg ebenfalls. Sarah sagte nichts über die Sommertage, als sie noch klein gewesen und in die Wälder spielen gegangen waren, und Sarah sagte auch nichts darüber, dass sie immer hatte sehen können, wie Hot Girl über ihren Zaun kletterte, wenn sie zu Sarahs Haus herüberkam. Beim Spazierengehen im Wald wollte Sarah immer bestimmen, wo es hinging. Sie sagten nichts über die paar Male, als sie mit dem Ouija-Board gespielt hatten, nichts über ihre Boyfriends, die sie irgendwann einmal heiraten würden, nichts über Hot Girls rebellische Phase mit vierzehn, als sie sich den Kopf rasiert hatte, nichts über Horoskope oder Schuleschwänzen oder wie sie betrunken miteinander herumgemacht hatten, und auch nichts über das absichtliche Unversperrtlassen der eigenen Haustür. Sie hatten die Türen deshalb unversperrt gelassen, damit sie die Schule schwänzen und sich bei der anderen hineinschleichen konnten, während die Eltern bei der Arbeit waren. Dann schliefen sie ein paar Stunden nebeneinander.
Aber Sarah sagte nichts über all das, als sie Hot Girl traf. Sie waren beide voller Geheimnisse. Sie waren wie wir. Sie waren Erwachsene.
Der Typ, der sie geschwängert hatte, lächelte, als er sie von der Klinik abholen kam. Er hatte einen Kumpel mitgebracht und sie tranken gemeinsam aus einem riesigen Plastikbecher. Sie waren besoffen und wollten etwas essen gehen.
Sie wollten zu Burger King. Also verließen sie die Klinik und fuhren zu Burger King, und Sarah bestellte Chicken Filets und versuchte, ihre Übelkeit zu ignorieren. Sie tunkte die Chicken Filets in die Chicken-Filet-Sauce und sah, wie die Sauce sich an der Panier des Filets festsaugte, und sie fühlte sich wie ein Geist, der sie selbst beobachtete, und dann steckte sie sich das Stück in den Mund, schluckte und fühlte sich gut. Der Typ fuhr sie nach Beckley zurück und keiner sagte ein Wort. Er ließ sie aussteigen und keiner sagte Tschüß oder Ich liebe dich oder Es tut mir so leid oder Was zum Teufel ist grade passiert oder Warum ist das Leben so verdammt seltsam?
Sarah dachte an all die Dinge im Leben, die keinen Sinn ergaben.
Sie wandte sich an den Typen, der schon im Begriff war wegzufahren, und sagte: »Danke für Burger King.«
Der Typ sagte: »Hey, kein Problem. Burger King ist toll.«
Und dann fuhr er weg.
Und Sarah betrat das Haus, in dem sie aufgewachsen war.
Und ja.
Burger King ist toll.
Und manchmal überkam sie eine Erinnerung daran. Sie wusste, dass es albern war, aber manchmal hielt sie etwas Unsichtbares in Händen und stellte sich vor, dass jedem von uns Hunderte verschiedene Leben zugeteilt werden.
In einem Leben sind wir verheiratet.
In einem Leben sind wir tot.
In einem sind wir reich.
In einem sind wir arm. In einem sind wir Eltern. Aber jedes Mal gehören wir zu irgendwem.
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