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Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland
Erzählungen, Märchen und Gedichte zur Advents- und Weihnachtszeit
Band 6
Martina Meier (Hrsg.)
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Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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© 2020 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR
Mühlstr. 10, 88085 Langenargen
Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchausgabe erschienen 2013.
Titelbild: Heike Georgi
Lektorat und Herstellung: Redaktions- und Literaturbüro MTM
ISBN: 978-3-86196-268-7 - Taschenbuch
ISBN: 978-3-96074-327-9 - E-Book
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Inhalt
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Verträumt saß Klara am Frühstückstisch. Die Tafel war reichlich gedeckt mit Marmelade, Honig, Spiegeleiern, Milch, Cornflakes, Obstsalat und Brötchen. Der Kieferntisch war über hundert Jahre. Fast so alt wie Großmama, die mit ihr speiste. Diese lebte mit ihrer Haushälterin in dem riesigen Haus. Sechs Wochen durfte Klara auf diesem wundervollen Anwesen die Ferienzeit verbringen. Es war ein herrlicher Sommertag. Durch die Fenster strahlten die ersten funkelnden Sonnenstrahlen.
„Klara, mein Liebes. Was gedenkst du heute zu unternehmen?“
„Ich dachte mir – der Dachboden. Dort oben liegen wunderbare Schätze und …“
„Dann wünsche ich dir gutes Gelingen. Zur Mittagszeit speisen wir im Saal. Ich bitte dich pünktlich zu erscheinen“, bemerkte die betagte Dame, stand auf und ließ Klara allein.
Das Mädchen schob hastig den Stuhl zurück und eilte hinaus in den Flur. Flott rannte sie die Treppenstufen, die mit einem roten Läufer belegt waren, hinauf. Ihre braunen Locken tanzten bei jedem Schritt im Takt auf und ab. Da war sie. Die rote Tür mit dem goldenen Rand aus Rebenblättern. Behutsam drückte sie den Griff und der Eingang öffnete sich. Klara schaltete die verstaubte Lampe an. Überall standen Omas Schätze. Sie waren mit weißen Bettlaken zugedeckt. Es gab Hunderte davon. Ihre Schritte hinterließen auf dem Holzfußboden staubige Abdrücke. Klara fühlte sich wie in eine andere Zeit zurückversetzt. Gespannt lief sie durch die Bühne und hob vereinzelt Laken an. Sie sah ein altes Klavier, ein Dreirad, ein rotes Sofa, einen braunen Schrank und eine Truhe. Vergnügt tanzte sie zwischen den weißen Stoffen im Kreis umher. Wie eine Prinzessin fühlte sie sich. „La, la, laa, la, la, la, laa ...“, sang sie glücklich.
In ihrer Ausgelassenheit verhakte sich ihr Schuh und sie stolperte über ein Laken. Klara plumpste auf den Popo. „Aua!“ Das würde einen blauen Fleck geben.
Den Stoff riss sie beim Aufstehen von einem wunderschönen Puppenhaus herunter. Klaras Augen strahlten. Das Dach war gedeckt mit roten Dachschindeln. Die blaue Holzbretterverkleidung umzierte das Bauwerk. Edle weiße Fenster schmückten die Schönheit. Nur die Farbe war an einigen Stellen abgeblättert. Klara beugte sich hinab und blickte mit ihren blauen Augen in das Innere.
„Oh“, sagte sie. Das hatte sie sich schon immer gewünscht. Eine Ballerina stand im unteren Zimmer auf einem weißen Podest. Die eine Hand elegant in die Höhe gestreckt. Die andere zeigte hinab auf die Erde. Ein rosa Rüschenkleid umspielte ihren zierlichen Körper. Vorsichtig tastete sie nach der Öffnung. Unbedingt wollte sie die Spieluhr aufziehen und die Ballerina tanzen sehen. Eine kleine Einkerbung war hinter der losen Schindel zu spüren. Klara schob sie ein bisschen weiter zur Fensterscheibe und entdeckte einen alten verrosteten Schalter. Angespannt drückte sie den Knopf.
Plötzlich knarzte und knatterte das Haus. Die Wände bewegten sich zur Seite und gaben den Blick auf die Tänzerin frei. Musik ertönte und die Figur tanzte im Gleichklang im Kreis. Unerwartet zerfloss der Raum und wurde immer größer und höher. Die weißen Bettlaken wirkten riesig, wie ein Gletscher. Die Fußbodenritzen wurden tief und breit. Staubflocken sahen aus wie riesengroße Schneegebilde. Klara musste husten und Tränen schossen ihr aus dem Augenwinkel.
„Hierher.“
„Wer ist da?“, fragte sie ängstlich, aber was ihr mehr Furcht bereitete, war die Tatsache, dass sie offenbar geschrumpft war! Sie fühlte sich winzig wie eine Fliege.
„Hierher.“
Klara traute ihren Augen nicht. Die Ballerina stand am Rand des Häuschens und winkte sie zu sich. „Du kannst sprechen? Was ist mit mir passiert?“
Langsam lief sie durch die Staubwolken auf das hölzerne Puppenhaus zu. Die Tänzerin reichte ihr die Hand und half ihr über die Schwelle. „Willkommen in meiner Welt. Ich bin Iana.“ Sie umarmte sie herzlich. Alles war normal groß – die Möbel, Wände und Türen.
„Danke. Ich bin Klara. Wie ist das möglich?“ Und in Gedanken fragte sie sich: „Bin ich etwa auf den Kopf gefallen und träume das nur?“
„Magie. Komm ich zeige dir mein Haus.“ Iana schnappte sich ihre Finger und die Mädchen sprangen aufgeregt durch die Wohnung. Es war alles schlicht und einfach eingerichtet. Ein Wohnzimmer mit einem lila Sofa. Die Esszimmereinrichtung bestand aus einem Tisch und vier Stühlen. Im Obergeschoss gab es ein blaues Badezimmer und ein großes Schlafzimmer. Ein richtiges Mädchenzimmer – ganz in Rosa.
„Es ist traumhaft. Wohnst du allein?“ Klara ließ sich auf das Bett fallen.
Iana grinste. „Ja und nein. Du bist doch jetzt hier.“
Klara grübelte. „Ist es nicht langweilig, den ganzen Tag auf einem Podest zu stehen und zu tanzen.“
Die Ballerina lachte. „Nein, es ist herrlich“, sagte sie und zerrte Klara vom Bett. Die Mädchen tanzten vergnügt im Kreis herum, bis es ihnen schwindelig war. Sie kicherten.
„Kannst du ein Geheimnis für dich behalten?“, fragte Iana. Klara nickte. „Schließe die Augen.“
Klara vertraute ihr und schloss die Lider. Die Ballerina nahm ihre Hand und führte sie. Sie hörte ein Gemurmel und es klopfte drei Mal. Schritt für Schritt zog Iana sie weiter. Plötzlich war es sehr kalt – richtig eisig.
„Kann ich die Augen öffnen?“, bat sie aufgeregt.
„Jetzt darfst du.“
Was sie sah, konnte sie kaum glauben. Die Mädchen standen mitten im Schnee. Es war Winter. Die Bäume waren schneebedeckt. Strahlend weiße Flocken fielen vom milchigen Himmel. Ein eisig kalter Wind strich ihr um die Nase. Klara lachte wie ein kleines Kind.
„Es … es ist unbeschreiblich schön. Wo sind wir?“
„Im Schneemannland. Hinter den Hügeln, gleich hier vorne, kannst du das Dorf der Schneemänner sehen. Aber sie dürfen uns nicht bemerken.“
„Warum?“
„Das Geheimnis muss behütet bleiben. Niemand darf erfahren, wo sie im Sommer wohnen.“
Klara war neugierig und stapfte durch den knirschenden Schnee. Iana lief ihr hinterher. Es war ein anstrengender Weg nach oben. Langsam fror sie in ihrem roten Sommerkleid. Vorsichtig legte sie sich am Hügelkopf auf den Bauch und spähte hinunter. Nur einen kurzen Blick. Sie sah Hunderte Schneemänner, große, kleine, dicke, dünne …
„Wir sollten zurück“, ermahnte Iana sie und zog an ihrem Rock. Klara drehte sich strahlend um, stand auf und folgte ihr. Am Ausgangspunkt angekommen, schaute sie sich um. Wo war die Tür?
„Augen schließen“, sagte Iana. Wieder schloss Klara ihre Lider. Ein Gemurmel, drei Mal klopfen und sie waren im Schlafzimmer des Puppenhauses.
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