Heinz Mosmann - Der Parzival Wolframs von Eschenbach

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Heinz Mosmanns umfassende Studie zu Wolframs «Parzival» erschließt systematisch die rätselhafte Bilderwelt dieses großartigen mittelalterlichen Epos und führt dabei an die Grenzen eines imaginativen Verständnisses des Gralsgeheimnisses heran. Eine sehr fundierte, anschauliche Darstellung für an Kunstgeschichte, Literatur und Bewusstseinsentwicklung interessierte Leserinnen und Leser.

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Heinz Mosmann

Der Parzival Wolframs von Eschenbach

Erkenntnis und imaginative Gestaltung

des Gralsmysteriums

Verlag Freies Geistesleben

Für Linda

Inhalt

Zur Einführung

Vom fliegenden Gleichnis

Gachmuret – Leben im Zweifel

Dem Höchsten dienen

Belakane – die Magie der Sinne

Blutsbande und Rittertum

Zahlensymbolik: Polaritäten in Potenz

Diamant und Bocksblut

Herzeloyde – die Durchlichtung des Gemüts

Soltane – Quarantäne und Entwicklungsraum

Sigune

Schuld und Trauer

Stimme des Gewissens

Pietà – der Logos der Seele

Der Rote Ritter

Ein eigennütziger Fischer

Das Lachen Kunnewares

Die Bluttat

Gurnemanz

Der väterliche Lehrmeister

Die Ritterlehre

Zeitbildung und Individualität

Condwîr âmûrs

Munsalvaesche und der Gral

Vom geistigen Wortsinn

Der Ritt zur Gralsburg

Lanze und Schwert

Annäherung an latente Fragen

Geistesnahrung

Die Jungfrau

Artusritterschaft und Gralswirken

Drachenkampf

ûf dem snê – drî bluotes zäher rôt

Auf dem Gipfel

Kunde vom Gral – Auflösung der Artusrunde

Gawan – der Weg in die Seelenwelt

Obie und Obilot – Polaritäten der Seele

Antikonie – der Schild des Verstandes

Kingrimursel und Liddamus – Qualitäten des Denkens

Der Seelenweg zum Gral

Trevrizent – Erwachen am anderen Menschen

Ankunft

Grenzerfahrungen

Geisteszeugen

Herzenswärme und Geisteslicht – vom Herzdenken

Vom Wesen des Grals

Die Hüter des Grals

Wandlung

Anfortas

Die offene Wunde

Gralsimpulse

Schicksalswirren und Erkenntniswille

Geistverwandtschaft

Orgeluse – Schönheit im Banne Klinschors

Gegenbilder

Die Stolze

Die erlösende Kraft des Vertrauens

Der gute Wille

Die Eroberung von Schastelmarveile

Gawans Fragen

Der schöne Schein

Mitten hinein

Die Phantasie und die geheime Seele der Dinge

Selbstüberwindung – die Imagination des Löwen

Menschliches Interesse und soziale Gestaltung

Orgeluses Erlösung

Im Innern des Turms

Der Weg in Orgeluses Herz

Hochmut in Person

Einhorn und Karfunkel

Schwalbe und die Musik

Anfortas’ Sturz

Gawans Erhöhung

Gawan als Vermittler und Diplomat

Die Rettung der Freude

Itonjes geheime Liebe

Festlichkeiten und Lebensfreude

Klinschor

Arnives Freude und Leid

Kompositionen für Joflanze

Gawans Motive

Die Inszenierung

Darbietung und Zusammenführung

Die Blindheit der Hoffart

Exkurs: Erkenntnisinteresse und Gewalt

«ich hân mich selben überstriten»

Kommunizierende Lebenswege

Gramoflanz – Brücken der Liebe

Der Kampf gegen den Hochmut

Die Wandlungskraft der Liebe

Die Kunst des Verzeihens

Die «rehte ê»

Erkenntnis als Kommunion

Der Weg zum Gral

Aufbruch

Parzivâl vant hôhen funt

Das Schriftstück Gottes

Begegnung zweier Welten

Berufungen

Geistesgaben

Die Wandlungsmacht des Grals

Anfortas’ Leid und Erlösung

Trevrizent und die unentschiedenen Geister

Die Familie als Gralsgemeinschaft

Sigune – Tod und Auferstehung der Seele

Der Sinn der Erde

Die große Gralsfeier

Taufe und Wandlung

Die Zukunft der Gralsgemeinschaft

Vom Geist des Fragens

Sælde

Ausgewählte Literatur

Zur Einführung

Im Literaturunterricht der Waldorfschule finden wir wohl keinen Lehrplanstoff, dem eine so grundlegende Bedeutung beigemessen wird wie dem Parzival -Epos Wolframs von Eschenbach, ausgenommen vielleicht Goethes Faust . Lässt sich Letzteres immerhin damit begründen, dass Goethe in seinem Werk die existenziellen Grundfragen und Probleme des neuzeitlichen Menschen thematisiert, so wird man bei Wolframs Parzival zunächst durchaus verständliche Zweifel hegen, ob ein dermaßen monumentales Werk aus dem Mittelalter heutigen Jugendlichen zugemutet werden sollte. Allein die Bewältigung des Lesestoffs – die in den Schulen meistens benutzte Übertragung von Wilhelm Stapel umfasst etwa 440 Seiten – scheint ein unüberwindliches Hindernis für den Zugang zu diesem Werk zu sein. Hinzu kommt die Schwierigkeit, dem mittelhochdeutschen Originaltext gerecht zu werden, und schließlich handelt es sich um einen Text, der außerordentlich komplex ist und sich dem Lesen keineswegs auf den ersten Blick erschließt. Beim mündlichen Vortrag, für den die Verse ursprünglich gedichtet wurden, mag für ein gebildetes Publikum vieles aus der Situation heraus verständlich gewesen sein, was dem heutigen Leser Kopfzerbrechen bereitet. Hierzu zählen häufig wechselnde Perspektiven, eine «hakenschlagende» Erzähltechnik – die Wolfram im Prolog mit der Hasenjagd vergleicht – und eine oft als «dunkel» erlebte Rätselsprache, die bis in die feinsten Nuancen hinein die Aufmerksamkeit des Lesers fordert. Zudem ein Gewirr von Namen und Personenbeziehungen – man kann rund 290 Personennamen zählen, die zum größten Teil in einem Geflecht verwandtschaftlicher Beziehungen miteinander verbunden sind –, eine ebenso verwirrende Namengebung, deren Bedeutung sich teilweise aufdrängt, teilweise entzieht, sowie eine schwer zugängliche Natur- und Zahlensymbolik – alles das führt Lehrer und Schüler häufig an die Grenzen ihrer Verständnismöglichkeiten.

Daher wurde in letzter Zeit verstärkt versucht, neue Zugänge zur Parzivalthematik zu finden, beispielsweise durch in den Unterricht integrierte Bühnenprojekte oder vom eigentlichen Text mehr oder weniger losgelöste Gesprächs- und Erfahrungsarbeit. Dagegen ist nichts einzuwenden, solange es die Textarbeit begleitet und nicht ersetzt. Wer einmal eine Unterrichtsepoche erlebt hat, in der es gelungen ist, die jungen Menschen für die Geheimnisse zu erwärmen, die uns in diesen «Aventüren» angetragen werden, wird den Wert einer gründlichen Texterschließung im Literaturunterricht zu schätzen wissen. Daher wurde dieses Buch, das unter anderem auf dreißig Jahren Unterrichtserfahrung beruht, vor allem im Hinblick auf den Unterricht in der Waldorfschule geschrieben. Abgesehen von gelegentlich eingestreuten didaktischen Hinweisen sollte die Arbeit aber keineswegs nur für Unterrichtende von Interesse sein und geht auch an vielen Stellen über das hinaus, was für die unmittelbare Unterrichtsarbeit von praktischem Nutzen ist.

Die Erarbeitung literarischer Texte gehörte schon immer zu den unverzichtbaren menschenbildenden Unterrichtstätigkeiten und ist heute so wichtig wie nie zuvor. Wann und wo sonst hätten die Jugendlichen in der schnelllebigen Medien- und Informationsgesellschaft die Ruhe und die Gelegenheit zu einer gemeinsamen geistigen Vertiefung, zu Gesprächen über Grundfragen des Lebens, über das Wesen des Menschen und den Sinn des Daseins? In einer Zeit, in der die Menschen immer mehr an instinktiver Lebenssicherheit und traditioneller Sinngebung verlieren, entsteht die Gefahr, dass die seelische Emanzipation und Individualisierung mangels geistiger Orientierung in neue Zwänge und Unfreiheiten führt.

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