Alexander Bogner - Die Epistemisierung des Politischen. Wie die Macht des Wissens die Demokratie gefährdet

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Ob Impfdebatte, Corona- oder Klimakrise – viele politische Streitfragen werden heute als Wissenskonflikte verhandelt. Man beschäftigt sich immer weniger mit normativen Aspekten und individuellen Handlungsoptionen, sondern streitet um die überlegenen Erkenntnisse: Wer am genauesten mit den Ergebnissen der Wissenschaft übereinstimmt, so die implizite Annahme, der verfügt damit auch über Lösungen, die dann alternativlos sind.Alexander Bogner untersucht diese Fixierung auf Wissensfragen und ihre Folgen. Dabei wird deutlich, dass diese «Epistemisierung des Politischen» gefährlicher für unsere Demokratie ist als das leicht durchschaubare Spiel mit Fake News und Twitter-Lügen. Die Hochkonjunktur von Verschwörungsideologien und alternativen Fakten, über die alles gesagt zu sein scheint, erscheint unter diesen Vorzeichen in völlig neuem Licht.

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All das sind natürlich ernste Probleme, aber sie sind nur Probleme verwaltungstechnischer Art. Eine solch rein administrative Politik ist aber nur dann möglich, wenn Wertefragen außen vor bleiben. Wenn es, mit anderen Worten, einen breiten Wertekonsens gibt. Dann muss nur über die richtigen Mittel, nicht aber über den Zweck (wie etwa Gesundheitsschutz) debattiert werden.

Im Fall von Corona entwickelte sich jedoch bald eine Grundsatzkontroverse um die Verhältnismäßigkeit der angewendeten politischen Maßnahmen. Unter dem Eindruck der wirtschaftlichen Talfahrt kamen als Erstes ökonomische Fragen auf die Agenda. Nicht nur das Coronavirus könne tödlich sein, so die Anklage mancher Ökonomen. Auch Arbeitslosigkeit könne Leben verkürzen, und so wurden bald Coronatodesopfer gegen potentielle Opfer der globalen Wirtschaftskrise aufgerechnet. Das heißt, die eigentlich ökonomisch motivierte Kritik argumentierte mit den gesundheitlichen Folgen von Wirtschaftskrisen. Noch der Dissens bestätigte die Sonderstellung jenes Basiswerts (Lebensschutz), der dem politischen Krisenmanagement zugrunde lag.

Doch je länger der erste Lockdown andauerte, desto stärker fanden auch Vertreter anderer Disziplinen Gehör. Diese Erweiterung des Radius relevanter Expertise machte deutlich, dass Corona ein vielschichtiges Problem mit ökonomischen, psychosozialen und politischen Facetten darstellt, das man nicht allein im Rekurs auf medizinisches Fachwissen lösen kann. Der Deutsche Ethikrat beispielsweise drängte darauf, Werteaspekte sichtbar zu machen und prominent zu halten – ganz im Gegensatz zur Leopoldina, auf die sich Kanzlerin Merkel gerne berief. Der Ethikrat versuchte in seiner Stellungnahme dafür zu sensibilisieren, dass die Coronakrise eine Reihe normativer Konflikte heraufbeschwört, die keineswegs allein auf (natur-)wissenschaftlicher Grundlage entschieden werden können.10 Indem der Ethikrat die ökonomischen, psychischen und sozialen Folgekosten thematisierte, nahm er – gewollt oder ungewollt – der Coronapolitik ihren Anschein von Sachzwanghaftigkeit.

Bald entwickelte sich denn auch ein fundamentaler Wertekonflikt, der mit jeder neuen Coronawelle wiederkehren wird. Die Grundfragen lauten: Wie ist Lebensschutz gegenüber anderen Werten abzuwägen, z. B. mit individuellen Freiheitsrechten oder Partizipationschancen? Welches Maß an wirtschaftlicher Depression muss man hinnehmen, um Selektionszwänge im Gesundheitswesen zu vermeiden? Welche Lasten darf man Eltern und Kindern durch den brisanten Mix aus Homeschooling und Homeoffice zumuten?

Sobald sich derartige Wertekonflikte entwickeln, ist es mit dem Charme administrativer Politik vorbei. Dann bricht unausweichlich die Zeit der politischen Kontroversen an – also der demokratische Normalbetrieb. Im Kontext von Wertekonflikten erhöht sich die Autonomie der Politik; im Zusammenhang mit Wissenskonflikten hingegen lauert immer die Gefahr des Szientismus.

Der Klimastreit

Auch im globalen Klimastreit ist wissenschaftliche Expertise Trumpf. In dem nun schon Jahrzehnte andauernden Gerangel um eine verantwortliche Klimapolitik wird vor allem über Wissensfragen gestritten: Ist die globale Erwärmung eine Folge industriegesellschaftlicher Lebensformen oder nur ein Ausdruck natürlicher und für die Erdatmosphäre typischer Klimaschwankungen? Wie hoch ist das Ausmaß der Erwärmung und welche Folgen sind erwartbar? Uneinigkeit besteht hier – anders als in Wertekonflikten – nicht über die normative Bewertung dieser Folgen. Dass eine globale Erwärmung von drei oder vier Grad Celsius für einen Großteil der Weltbevölkerung katastrophale Folgen hätte und dass Überflutungen und Verwüstungen weiter Landstriche gleichbedeutend sind mit Leid und Unglück, das ist unumstritten. Im Vordergrund des Streits steht deshalb die Frage nach der Haltbarkeit wissenschaftlicher Prognosen über die Eintrittswahrscheinlichkeit der allgemein als negativ bewerteten Ereignisse. Es wird um die Zuverlässigkeit von Risikoeinschätzungen, Sicherheitsbehauptungen und Zukunftsszenarien gerungen – und damit letztlich um Wahrheitsansprüche.

Expertenkonsens erhält in diesen Auseinandersetzungen eine zentrale Bedeutung. Schließlich gilt der Expertenkonsens den Konfliktparteien als Ersatz für die absolute Wahrheit, nach der sich die Politik zu richten habe. So investieren beide Seiten viel Energie in den Nachweis, dass ein Expertenkonsens (nicht) existiert. Die Republikaner in den USA haben verschiedentlich dafür argumentiert, dass man mit politischen Maßnahmen abwarten müsse, weil es in Sachen Klimaerwärmung keinen (absoluten) Expertenkonsens gebe. So erklärte beispielsweise Scott Pruitt, von Trump ernannter Leiter der US-Umweltschutzbehörde: »Wissenschaftler sind sich nach wie vor uneins über den Grad und das Ausmaß der globalen Erwärmung und ihren Zusammenhang mit dem Handeln der Menschheit.«11

Alle Umweltbewegten inner- und außerhalb der USA bringt das natürlich auf die Palme. Ihre Gegenmaßnahme besteht darin, die Öffentlichkeit über die Robustheit des Expertenkonsenses aufzuklären. Die Leute sollen verstehen lernen, wie es um das Klima wirklich steht und warum radikale politische Schritte notwendig sind, um das Klima zu retten. Kurz: Aufklärung über den real existierenden Expertenkonsens gilt als der beste Weg, um die Zustimmung der Bevölkerung zu einer progressiveren Klimapolitik zu organisieren.

In der Klimaforschung hat sich darum mittlerweile ein Forschungszweig etabliert, den man empirische Konsensforschung nennen könnte. Das Ziel dieser Forschung besteht darin, das Ausmaß des Expertenkonsenses in der Frage des anthropogenen Klimawandels in Zahlen darzustellen. Startpunkt dieser quantitativen Konsensforschung war Naomi Oreskes’ Science -Publikation aus dem Jahr 2004. Mittlerweile hat eine Veröffentlichung von John Cook und Kollegen Referenzcharakter: Die beziffert das Ausmaß des Expertenkonsenses zur Frage des Klimawandels auf 97 Prozent. Das heißt, 97 Prozent aller hochrangig begutachteten Artikel aus der Klimawissenschaft, die eine Position zur globalen Frage des Klimawandels einnehmen, geben explizit oder implizit zum Ausdruck, dass dieser menschengemacht ist. Empirische Basis liefert die Auswertung von knapp 12 000 Abstracts im Zeitraum von 1991 bis 2011, wobei über 4 000 Abstracts konkret zu diesem Thema Stellung nehmen.12

Die Gegenseite lässt natürlich nicht locker und fragt: Welcher Expertenbegriff liegt der repräsentativen Stichprobe zugrunde? Sind nur jene Forscher berücksichtigt, die aktiv in hochrangigen Zeitschriften publizieren, oder auch andere? Wie werden narrative Aussagen zum Klimawandel aus den Kurzzusammenfassungen der Artikel in die Ja-/Nein-Logik der Forschungsfrage überführt? Wie lassen sich Autoren interpretieren, die gar nicht explizit zum Klimawandel Stellung nehmen? Versteckt sich dahinter Skepsis oder verrät schon deren Problemstellung eine positive Identifikation mit der Klimawandelthese? Richard Tol zum Beispiel, Klimaökonom und zeitweiliges Mitglied des Weltklimarats (IPCC), bewertet in seiner Metaanalyse der empirischen Konsensstudien eine ausbleibende Positionierung zum Klimawandel als Nicht-Zustimmung zur Klimawandelthese und rechnet damit das Ausmaß des Konsenses auf rund 30 Prozent herunter.13

So geht der Streit hin und her und verliert sich recht bald in methodologischen Streitigkeiten. Am Ende bestätigt sich eine alte Annahme der Wissenschaftsforschung: Mehr Forschung führt zu einer Differenzierung des Problems, erzeugt also mehr Nachfragen und damit am Ende mehr Unsicherheit – und damit auch mehr Konflikte, die man mit Hilfe der Konsenspolitik ja eigentlich beenden wollte. Und einige lachen sich ins Fäustchen.

Epistemische Konsenspolitik ist von der Überzeugung getragen, dass Expertenwissen die einzig zu(ver)lässige Grundlage für rationale, fortschrittliche Politik ist – als ob bereits dann alles gesagt sei, wenn die Wissenschaft gesprochen hat.

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