Karla Weigand & Rainer Schorm (Hrsg.)
Jörg Weigand zum Jubeltage
AndroSF 134
Karla Weigand & Rainer Schorm (Hrsg.)
IN 80 JAHREN UM DIE WELT
Jörg Weigand zum Jubeltage
AndroSF 134
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© dieser Ausgabe: 21. Dezember 2020
p. machinery Michael Haitel
Titelbild: Rainer Schorm
Layout & Umschlaggestaltung: global:epropaganda
Lektorat & Korrektorat: Michael Haitel
Herstellung: global:epropaganda
Verlag: p. machinery Michael Haitel
Norderweg 31, 25887 Winnert
www. p machinery.de
für den Science Fiction Club Deutschland e. V., www.sfcd.eu
ISBN der Printausgabe: 978 3 95765 223 2
ISBN dieses E-Books: 978 3 95765 873 9
Jörg Weigand
(Foto: Frank Gerigk, 2013)
Jörg Weigand: 1941–1959
Karla Weigand & Rainer Schorm: Vorwort
Man kann vieles über ihn sagen … und vieles wurde über ihn gesagt. Jörg Weigand wird achtzig und das völlig zu Recht. Auf wie vielen Feldern er gearbeitet und geackert hat, weiß er vielleicht selbst nicht – seine Produktivität war über all die Jahrzehnte so hoch, dass man ihm die Existenz eines Ghostwriters unterstellte. Diesen Output »Fleiß« zu nennen, ist eine Untertreibung. Natürlich ist das Arbeitsleben eines Journalisten – er war von 1980 bis 1996 in Bonn, beim Zweiten Deutschen Fernsehen tätig – multithematisch, aber die Vielseitigkeit zieht sich durch sein Œuvre, wie der legendäre rote Faden. Zum einen gilt das für seine inhaltliche Bandbreite, Politisches, Wirtschaftliches, Kulturelles, Spezielleres wie etwa Jugendmedienschutz; gleichgültig, ob es sich um chinesische Scherenschnitte handelte, oder den Romanautor als »Ein-Mann-Fabrik« – das alles verbindet seine Liebe zum Detail, zur Recherche. Diese Eigenschaft adelt einen Journalisten – heute vielleicht mehr als damals. Seither ist die unabhängige Überprüfung von Fakten eine Seltenheit geworden. Umso wichtiger ist es, daran zu erinnern, dass »moderner« im Sinne von »jünger« nicht automatisch eine Verbesserung bedeutet.
Interessanterweise hat sich Jörg Weigands Schaffen vom Sekundären und Journalistischen sowie der Short Story in Bereiche ausgeweitet, die ihn selbst überrascht haben dürften: Er wurde zum Komponisten, veröffentlichte diverse Liedersammlungen und es erschienen Tonaufnahmen auf CD. Diesen alten Wunsch hat er sich selbst mit allem Engagement erfüllt und seine Umgebung staunt bis heute.
Dazu ein anderes, wiederum literarisches Phänomen: Er bestritt stets, lange Texte, besonders Romane, schreiben zu können. Seit die Musik ihm eine weitere Inspirationsquelle lieferte, ist auch diese Selbsteinschätzung Makulatur. Nach der ungewöhnlichen »Isabelle« beweisen das etliche Kurzromane und ein Taschenbuch von etwa 300 Seiten Umfang.
Die Musik hat ihm nicht, wie er selbst befürchtete, das Schreiben unmöglich gemacht – sie hat es ausgeweitet und befruchtet.
Die Schreiber dieser Zeilen können sich an dieser Stelle ein amüsiertes Lächeln nicht verkneifen, denn der Jubilar äußerte seine Überzeugung bezüglich der eigenen diesbezüglichen Unfähigkeit ähnlich resolut, wie er das immer tat und noch immer tut.
Neue Publikationen wie das »Abenteuer Unterhaltung«, die »Träume auf dickem Papier« und nicht zuletzt die Neuauflage seines »Lexikons der Pseudonyme« sind aktuelle Publikationen.
Für den geneigten Leser gibt es also viel zu entdecken. Unter anderem in der Phantastischen Bibliothek Wetzlar, der er seit langen Jahren verbunden ist. Oder in den Publikationen der Autorengruppe »Phantastischer Oberrhein«, die er initiierte.
Wie er all das schafft? Vielleicht hat er tatsächlich einen Ghostwriter … oder deren mehrere. Denn Vielseitigkeit ist nicht eine Qualität …
… um es biblisch zu formulieren: Es sind viele!
Die Autorengruppe »Phantastischer Oberrhein« (2019): Karla Weigand, Ursula Dotzler, Hans-Dieter Furrer, Rainer Schorm, Frank G. Gerigk, Hans Jürgen Kugler, Peter Mathys, Jörg Weigand.
Hans Jürgen Kugler, Peter Mathys, Jörg Weigand
Kai Riedemann: Ach, wie gut, dass niemand weiß …
Nachts sollte man kein Amaranth-Müsli essen. Vera Müller tat es trotzdem. Es war ihr egal, ob sich die Kopfschmerzen nun auch noch mit Magengrimmen verbrüdern würden. Eigentlich war ihr alles egal.
Sie saß vor dem Büro-PC und spann einen Gedanken nach dem anderen, um ihn gleich wieder zu verwerfen. Nein, die Aufgabe konnte keiner lösen.
Wieder sah sie Jacob König vor sich. Sein Grinsen, sein fast kameradschaftliches Hand-auf-die-Schulter-Legen.
»Sie wollen doch diesen Job, oder?«, hatte er gefragt und sich über das lange gegelte Haar gestrichen. »Dann zeigen Sie mal, was Sie als Anlageberaterin taugen. Verdoppeln Sie das fiktive Kapital an der Börse. In zwei Tagen, bitte.«
Vera starrte auf den Bildschirm. Verdammt, sie brauchte diesen Job bei König Investment.
Wütend knallte sie den Löffel in die halbvolle Müslischüssel. Milch spritzte hoch und hinterließ einen hässlichen Fleck auf dem PC-Monitor, direkt neben den fünf Männchen, die sie mit schief gelegtem Kopf anblickten. Männchen? Rechts unten in der Bildschirmecke hockten sie. Klein, mit langem grauem Bart und zotteligen Haaren. Jeder trug ein andersfarbiges Abzeichen, und zwar in den Farben Grün, Rot, Gelb, Weiß und Schwarz.
Daneben stand in geschwungenen Lettern: »Offenbar haben Sie Probleme. Brauchen Sie Hilfe? Ja. Nein. Diese Meldung nicht wieder anzeigen.«
Vera seufzte und klickte auf Ja. Was hatte sie schon zu verlieren?
Augenblicklich kam Leben in die Männchen. Sie hüpften auf und ab, tanzten in wilden Zuckungen über den Schirm, schickten schrilles Piepen über die Lautsprecher.
»Als Gegenleistung für die Hilfe«, zeigte jetzt ein Schriftkasten an, »schließe ich einen einwöchigen Flatratevertrag ab. Bitte hier bestätigen.«
Die Männchen blickten sie in freudiger Erwartung an. Vera bestätigte mit einem Mausklick.
Dann ging alles ganz schnell. Wie ein Feuerwerk explodierten Farben auf dem Schirm, glühten, verschmolzen, drehten sich in fantastischen Wirbeln. Dazwischen hüpften Zahlen, Formeln und die Männchen.
Vera blieb nichts übrig, als sich im Bürostuhl zurückzulehnen und den Rest des Amaranth-Müslis zu löffeln. Mit den Gedanken an Jacob Königs hoffentlich verblüfftes Gesicht schlief sie schließlich ein.
Verblüfft war es gewesen, das Gesicht. Aber nicht verblüfft genug.
»Anfängerglück, Fräulein Vera«, hatte König gesagt und dabei lässig auf der Schreibtischkante gethront. »Das machen wir gleich noch einmal.«
Jetzt saß sie also schon wieder nach Mitternacht im Büro von König Investment. Vor sich eine Tasse Himmelstautee und zwei Pfefferkuchenherzen. Leider wusste Vera immer noch nicht, wie sie die Aufgabe bewältigen sollte. Genauso gut hätte er von ihr verlangen können, Stroh zu Gold zu spinnen. Vielleicht, wenn wieder diese kleinen …
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