Am besten beginnt ihr die in diesem Buch beschriebenen Techniken und Informationen nach und nach in eure Reiki-Praxis zu integrieren – und die Klienten werden eure Hände lieben.
Viele von euch haben sicherlich schon lange auf intuitive Weise gearbeitet, und ich freue mich für und mit euch, daß wir nun endlich sozusagen die offizielle Erlaubnis von Mikao Usui persönlich dafür haben!
Ich wünsche euch allen von Herzen viel Spaß und Freude beim Lesen und beim praktischen Erkunden dieser neuen wunderbaren Möglichkeiten. Denn dafür sind sie gedacht!
Das alte Reiki-Symbol, wie es vor 1940 geschrieben wurde

Eine Kalligrafie von Shunyu Chikai, geboren 1950, im Jahr 1973 zum Shingon-Mönch geweiht. Er begründete den Shakya-Yoga-Ashram in Marugame, Shikoku, Japan – wo er Adepten in Yoga, Meditationstechnik und Reiki einweiht.
Die buddhistischen Hintergründe des Reiki
Die Inschrift auf Dr. Usuis Gedenkstein erzählt, daß er die Reiki-Kraft während einer einundzwanzigtägigen Fastenkur auf dem Kurama-Berg erfuhr.
Der imposante Kurama-Tempel wurde im Jahre 770 von dem Mönch Gantei, einem Schüler von Ganjin, dem Begründer des Toshodaiji-Tempels in Nara, ins Leben gerufen, nachdem er dort ein tiefes religiöses Erlebnis hatte. Bis 1949 war der Kurama-Tempel an den Tendai-Buddhismus angeschlossen, danach wurde er Hauptsitz der Kurama-Kokyo-Sekte *. Im Sekretariat des Tempels wurde uns versichert, daß dort noch nie einundzwanzigtägige Fastenkuren/Meditations-Klausurtage veranstaltet wurden. Uns wurde aber angedeutet, daß sich gerade in früheren Zeiten der eine oder andere auf eigene Faust an so ein Vorhaben gemacht hat. Der Kurama-Berg bietet dank seiner Größe, seiner starken Energie und seinem riesigen uralten Zedernbestand, die perfekte Kulisse für Meditation und die Suche nach dem Selbst. Bei rechtzeitiger Anmeldung kann man heute einen Tag und eine Nacht im Kurama-Tempel mit Meditation und dem Schreiben von Mantren verbringen.
Auf und am Kurama-Berg findet man außerdem noch ein paar kleine, wunderschöne Shinto-Schreine. Besonders hervorzuheben ist der Kibune Jinja (Schrein), der unterhalb des Kurama an der Straße nach Kyoto liegt. Shintoismus und Buddhismus sind in Japan sehr tief miteinander verwurzelt, und es ist für einen Laien nicht immer sofort ersichtlich, ob er sich in einem buddhistischen Tempel oder einem Shinto-Schrein befindet. In jedem Fall aber ist der Kurama eine Reise wert!
Dr. Usui war Buddhist, und ich möchte auf den folgenden Seiten einen kurzen Abstecher in die japanische Geschichte machen und auch das Gedankengut, von dem Dr. Usui geprägt war, mit wenigen Worten wiedergeben. Man könnte über dieses Thema sicherlich ein eigenes Buch schreiben, aber das ginge sowohl über den Sinn und Zweck dieses Buches sowie über mein buddhistisches Wissen hinaus.
*Mit dem Wort Sekte ist eine „kleinere Glaubensgemeinschaft“ gemeint.
(Die Adresse des Kurama-Tempels: Kurama Honmachi, Sakyo- Ku, Kyoto, Japan, Tel. 0081-75-7412003. Man erreicht den Tempel am besten, wenn man vom Hauptbahnhof in Kyoto entweder mit der U-Bahn oder mit dem Bus zur Demachiyanagi-Station fährt. Dann geht es mit einem gemütlichen Zug, der Eizan-Kurama-Linie, bis zur Endstation nach Kurama. Von dort aus ist man zu Fuß in fünf Minuten am Eingangstor des Kurama-Tempels.)
Der Ursprung und das Ziel
Der esoterisch-tantrische Buddhismus kam im frühen neunten Jahrhundert durch die japanischen Mönche Kukai (Kobo Daishi, 774-835) und Saicho (Dengyo Daishi, 767- 822), die in China studiert hatten, nach Japan.
Kukai war ein Schüler von Huikuo (japanisch: Keika, 746-805), der ein Schüler des indischen Mönchs Amoghavajra, seinerseits Schüler des berühmten indischen Lehrers Vajrabodhi, war. Die beiden Inder lebten im Tahsingshan-Tempel in Ch’ang-an, dem heutigen Sitz der Shensi Buddhist Association in China. Nach dem Tod seines Lehrers kehrte Kukai nach Japan zurück und lehrte dort, was er in China gelernt hatte. Er wurde der Begründer des Shingon.
Saicho lernte auf dem Berg Tien-tai in China und wurde nach seiner Heimkehr der Begründer des Tendai-Buddhismus, mit Hauptsitz in Kyoto.
Beide Richtungen werden in Japan oft mit dem gemeinsamen Namen Mikkyo versehen.
Der Schutzpatron des esoterischen Buddhismus in Japan ist Dainichi Nyorai (Mahavairocana Tathagata), und die wichtigsten und heiligsten Schriften sind die Dainichi-Kyo (Mahavairocana Sutra) und die Kongocho Gyo (Vajrasekhara Sutra). Das wunderschöne Mantra des Dainichi Nyorai möchte ich hier wiedergeben:
Visualisiere: Das gesamte Universum besteht aus den sechs Elementen. Mein Körper, aus den sechs Elementen bestehend, ist der Körper des Dainichi Nyorai. Ich bin mit dem ganzen, vollkommenen und uneingeschränkten Leben gefüllt. Die fünf Weisheiten sind im grenzenlosen, großen Mitgefühl verkörpert. Nyorai’s großes Mitgefühl dringt in mich ein. Ich bin in Nyorai’s großem Mitgefühl eingeschlossen. Gesegnet bin ich, gesegnet bin ich .
(aus: Kaji-Empowerment and Healing in Esoteric Buddhism, von Ven. Ryuko Oda)
Kurz gefaßt, das Ziel des esoterischen Buddhismus ist Shunyata, Leere. Diese Leere ist kein negativer Zustand von Absenz, sondern sie ist als die Transzendenz jeglicher Dualität zu verstehen. In dem Moment, wo sich das „Ich“ nicht mehr von dem „anderen“ abhebt, ist die Einheit des Ganzen wiederhergestellt. Das „Ich“ existiert nur in unserer Einbildung, im Denken; damit kreieren wir das Ego und die Welt. Unser natürlicher Seins-Zustand ist Leere , unbefleckt von Attributen der Vergangenheit und Zukunft.
In ähnlicher Weise ist auch für viele von uns dieses Ziel mit Reiki verbunden: Das Einssein mit dem Kosmos zu erfahren, wieder zum Ursprung, der Einheit zurückzukehren.
Die meiner Meinung nach schönste Beschreibung dieses Seinzustandes jenseits von Dualität wird in der sogenannten Herz-Sutra ( Prajnaparamita Hridayam Sutra) **gegeben. (Meine Anmerkungen sind in Klammern gesetzt.)
**entnommen aus: Buddhist Scriptures , von Edward Conze, Penguin Classics
1 Die Invokation
Huldigung der vollkommenen Weisheit, der Lieblichen, der Heiligen!
2 Das Vorwort
Avalokita, der heilige Herr und Bodhisattva bewegte sich im tiefen Kurs der Weisheit, die jenseits (des Verstandes) ist. Er sah von weit oben herab, erblickte nichts als fünf Haufen *und er sah, daß sie in ihrem Wesen leer waren .
3 Die Dialektik der Leere. Erste Phase.
Hier, o Sariputra, Form ist Leere, und diese Leere ist Form; Leere unterscheidet sich nicht von Form, Form unterscheidet sich nicht von Leere; was auch immer Form ist, das ist (auch) Leere, was auch immer Leere ist, das ist (auch) Form. Dasselbe ist wahr für Gefühle, Wahrnehmung, Impulse und Bewußtsein .
4 Die Dialektik der Leere. Zweite Phase.
Hier, o Sariputra, sind alle Dharmas mit Leere markiert; sie werden nicht gemacht oder gestoppt, sind nicht verschmutzt oder rein, nicht unzulänglich oder komplett .
Читать дальше