1 ...6 7 8 10 11 12 ...39 Avedis Donabedian und seine Unterscheidung in Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität 37
Wohl jeder, der sich mit Qualitätsmanagement beschäftigt, hört bald den Namen von Avedis Donabedian. Geboren 1919 im Libanon verbrachte er einen wesentlichen Teil seiner beruflichen Laufbahn in den USA. Trotz eines abgeschlossenen Medizinstudiums kennen wir seine Theorien zum Qualitätsmanagement vorwiegend aus seiner Zeit als nicht-klinischer Lehrer und Forscher am New York Medical College und der School of Public Health an der University of Michigan. Dort wurde er 1979 zum Nathan Sinai Distinguished Professor of Public Health ernannt und arbeitete bis zu seinem Tod im Jahr 2000 in Ann Arbor, Michigan, USA, weiter als emeritierter Professor.
Bereits 1966 führte er mit seiner Veröffentlichung zur Qualitätsbeurteilung ärztlicher Leistung als Erster den Qualitätsbegriff in die Medizin ein. Er definierte die Unterscheidung in Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität als zentrale Qualitätsdimensionen in der gesundheitlichen Versorgung.
Für die unmittelbare Patientenversorgung können die drei Dimensionen wie folgt erläutert werden:
1. Der Strukturqualität werden die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen zugeordnet, die für die medizinische Leistungserbringung vorhanden sind und genutzt werden. Darunter sind z. B. die Verfügbarkeit von technischen Geräten wie MRT oder Sonografiegeräte zu verstehen. Es gehören jedoch auch Menge und Qualifikation des zur Verfügung stehenden Personals dazu.
2. Prozessqualität beschreibt die Art und Weise, wie die medizinische Behandlung erfolgt. Es sind im Krankenhaus also die Prozesse, die von der Indikationsstellung, Aufnahme über Diagnostik, Therapie, Pflege und schließlich Entlassung und Nachsorge erbracht werden.
3. Wie sich der Gesundheitszustand eines Patienten verändert, wird im Rahmen der Ergebnisqualität abgebildet.
Natürlich können die drei Dimensionen auch auf die betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen, Prozesse und damit auch auf die wirtschaftlichen Ergebnisse eines Krankenhauses Anwendung finden.
Donabedian ging davon aus, dass alle drei Qualitätsdimensionen in einem Zusammenhang stehen und sich beeinflussen. Strukturen bilden die Grundlage für Prozesse. In einem professionellen Umfeld gehen wir auch davon aus, dass die Prozesse die Ergebnisse determinieren.
William Edwards Deming und der Deming- oder PDCA-Zyklus
Der im Jahr 1900 in Sioux City, Iowa geborene William Edwards Deming studierte Mathematik und Physik u. a. an der Yale Universität, wo er auch promovierte. Als Universitätsprofessor an verschiedenen amerikanischen Universitäten sowie als Berater sammelte er berufliche Erfahrung, die er ab 1950 beim Aufbau der Nachkriegs-Wirtschaft in Japan einbringen konnte. Bereits 1951 wurde erstmalig der Deming-Preis für besondere Produkt-Qualität verliehen.
Deming beschrieb in einem 14-Punkte-Programm für besseres Management sieben Hürden für die Umsetzung der neuen Philosophie und die sieben tödlichen Krankheiten eines Managementsystems. Doch erst in den 1980er Jahren wurden seine Erkenntnisse auch in den USA und später weltweit bekannt und genutzt.
Besonders bekannt wurde der Deming- oder PDCA-Zyklus. Mit den Schritten Plan, Do, Check und Act wird ein Verbesserungszyklus beschrieben, dessen Autor jedoch Walter A. Shewhart ist.
Der PDCA-Zyklus beschreibt anschaulich einen Zyklus der Qualitätsverbesserung, der – mehrfach durchlaufen – in einer Qualitätsspirale dargestellt und beschrieben werden kann. Mehr dazu findet sich im Kapitel Kontinuierliches Lernen, Innovation und Verbesserung (
Kap. 10).
Ishikawa Kaoru und sein Ishikawa- oder Fischgrätendiagramm
Ishikawa Kaoru wurde 1915 in Tokio geboren. Er war ein japanischer Chemiker und ab 1947 Professor an der Universität von Tokio und Mitglied einer Forschungsgruppe Qualitätssicherung.
Im Rahmen des Wiederaufbaus der japanischen Wirtschaft nach dem 2. Weltkrieg übersetzte, integrierte und erweiterte er die Managementkonzepte von W. Edwards Deming und Joseph M. Juran in das japanische System. Mit dem federführend von ihm entwickelten Programm der Company-Wide Quality Control (CWQC) gilt er als Vater der japanischen Qualitätskontrolle.
Er entwickelte zahlreiche Qualitätswerkzeuge, darunter die theoretischen Grundlagen der Qualitätszirkelarbeit (mit), so auch das 1982 nach ihm benannte Ishikawa- oder Fischgrätendiagramm.
Das Ishikawa- oder Fischgrätendiagramm wird auch Ursache-Wirkungs-Diagramm genannt. Es dient der strukturierten und systematischen Suche und Analyse von Ursachen für Probleme und Fehler.
John W. Williamson und sein Konzept »achieveble benefits not achieved«
Der Arzt John W. Williamson, geboren 1931 in Salt Lake City, entwickelte Konzepte für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung, umgesetzt unter der Schirmherrschaft der WHO. Von 1966 bis 1984 wirkte er als Professor an der Johns Hopkins School of Hygiene and Public Health an der Universität Baltimore, davon zwei Jahre als Gastprofessor an der Harvard School of Public Health. In dieser Zeit erschien seine Monografie »Assessing and Improvement Health Care«, danach zahlreiche weitere Bücher und Veröffentlichungen. 1984 bis 1999 war er als Direktor des Salt Lake Regional Medical Education Center des Department of Veterans Affairs tätig und arbeitete in US-Präsidentschaftskommissionen und Ausschüssen für vier US-Präsidenten mit. 2000 wurde er mit dem Ernest Amory Codman Award geehrt.
Für die Erläuterung, wo Qualitätsmanagement seinen Ansatzpunkt hat, dient sein Konzept des nicht erreichten, erreichbaren Nutzens. Darin zeigt er auf, dass es im QM darum geht, den tatsächlich erreichbaren Nutzen unter Berücksichtigung von medizinischen Limitationen auch zu erreichen. Mehr dazu findet sich im Kapitel Achievable benefits not achieved (
Kap 5.2).
Donald M. Berwick und sein Model for Improvement
Donald M. Berwick, MD, MPP Jahrgang 1946, war 2010/11 auf direkte Initiative von Barack Obama ein Jahr lang Administrator der Centers for Medicare and Medicaid Services (CMS). 2013 erklärte Berwick seine dann erfolglose Kandidatur zum Gouverneur von Massachusetts.
Berwick promovierte 1972 an der Harvard Medical School und der John F. Kennedy School of Government und ist Facharzt für Kinderheilkunde. Als Mitbegründer und Co-Principal Investigator für das National Demonstration Project on Quality Improvement in Health Care untersuchte er Möglichkeiten zur Qualitätsverbesserung im Gesundheitswesen. 1989 gründete er das Institute for Healthcare Improvement (IHI), dessen Präsident und Chief Executive Officer er ist. 38 Er engagiert sich im Board vom International Consortium for Health Outcome Measurement (ICHOM). Mit dem Model for Improvement mit den Kapiteln
• Introduction,
• Forming the Team,
• Setting Aims,
• Establishing Measures,
• Selecting Changes,
• Testing Changes,
• Implementing Changes und
• Spreading Changes
wird eine Methodik beschrieben, die die in einer Organisation etablierten Vorgehensweisen zu Anpassungen nicht verändern, wohl aber beschleunigen soll. 39
Abb. 7: Model of Improvement nach Langley et al. (2009)
Berwick wendete diese – aufbauend auf dem PDCA-Zyklus von Deming oder auch dem PDSA-Zyklus (Plan-Do-Study-Act-Zyklus) von Langley et al. 2009 – entwickelte Methodik erfolgreich in den als Breakthrough-Series benannten Projektreihe im IHI an. Der von ihm gemeinsam mit Nolan 1996 entwickelte Breakthrough-Series-Guide ist auf der Internetseite des IHI ihi.org gemeinsam mit Projektberichten (Improvement Stories) veröffentlicht.
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