Frederik Strand
Dagmar Overby: Dänemarks größte Serienmörderin
Übersetzt Patrick Zöller
von ph. d. Frederik Strand, Leiter des Polizeimuseums
Saga
Dagmar Overby: Dänemarks größte Serienmörderin Übersetzt Patrick Zöller Original Dagmar Overby - Danmarkshistoriens største seriemorder Coverbild/Illustration: Wikipedia, ttps://ru.wikipedia.org/wiki/%D0%A4%D0%B0%D0%B9%D0%BB:%D0%94%D0%B0%D0%B3%D0%BC%D0%B0%D1%80_%D0%9E%D0%B2%D0%B5%D1%80%D0%B1%D0%B0%D0%B9.jpg Copyright © 2013, 2020 Frederik Strand und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726737684
1. Ebook-Auflage, 2020
Format: EPUB 3.0
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Es war ein eiskalter Tag im März 1921. Hunderte vom Menschen hatten sich vor dem Østre Landgericht versammelt. Sie hofften, einen Blick auf die Frau zu erhaschen, die über Jahre hinweg eine große Anzahl Kinder ermordet hatte – nach ihrer eigenen Aussage wohl bis zu sechzehn. Es war eine der spektakulärsten Verhandlungen seit Jahrzehnten, und auch in der Öffentlichkeit wurde heftig debattiert. Man konnte ganz einfach nicht fassen, dass eine Frau, die nach gesellschaftlicher Auffassung dem Zeitgeist entsprechend im Wesentlichen eine Mutterrolle einnahm, so viele Kinder umbringen konnte. Nicht zuletzt die Presse bezeichnete sie als ein halb tierisches Wesen und erfand für sie den Begriff „Menschentier“. Dann erschien sie, und alle reckten die Hälse, um sie zu sehen. Einige beschimpften sie. Hitzig diskutierten die Leute, sie sähe ja ganz normal aus, es sei nichts Tierisches an ihr, im Gegenteil zeugten ihre jetzt etwas ausgemergelten Züge davon, dass sie mal eine sehr schöne Frau gewesen war. Aber wer war sie eigentlich, dieses Menschentier, und wie konnte sie das tun, was sie getan hatte? Über diese Fragen sprachen die Leute, als sich die Menge allmählich zerstreute, nachdem die Massenmörderin über den Platz vor dem Landgericht zu einer wartenden Droschke geführt und in die Strafanstalt am Christianshavn gebracht worden war. Das Urteil: die Todesstrafe.
Dagmar Overby – aus ärmlichen Verhältnissen
Der richtige Name des Menschentiers war Dagmar Overby. Sie wurde im April 1887 in Assendrup geboren. Die Familie waren sogenannte Kätner, das heißt, sie lebten zur Miete bei einem Hofbesitzer oder Bauern – in diesem Fall bei einem Hofbesitzer in der Nähe von Assdendrup Mark. Die Verhältnisse im Zuhause der Kindheit waren von großer Armut geprägt, und für die Eltern, Søren Julius August und Ane Marie Overby war es oft alles andere als einfach, über die Runden zu kommen. Ab 1890 ging es aber doch ein wenig bergauf, als der Vater Arbeit auf dem Gut Rathlousdals nahe Odder fand und später, im Jahr 1895, bei einer Fabrik in Århus angestellt wurde. Die Familie zog daraufhin in die Stadt und lebte in einer kleinen Wohnung in der Ny Munkegade.
Zu dieser Zeit war Dagmar Overby acht Jahre alt, und es gibt kaum einen Zweifel daran, dass die altersbedingten Probleme mit dem Umzug nach Århus größer wurden, doch infolge sämtlicher Aussagen war Dagmar Overby schon von frühester Kindheit an ein besonders schwieriges Kind. Die Probleme lagen nicht primär innerhalb des schulischen Umfelds, wo Dagmar Overby vielmehr als sehr tüchtig und aufgeweckt galt. Offenbar unterschied sie sich von anderen Kindern durch ein sehr dominantes Auftreten, sie wollte zum Beispiel beim Spielen immer bestimmen. Außerdem konnte es passieren, dass sie grundlos auf andere Kinder losging. Schließlich galt sie als zwanghafte Lügnerin, die wegen völlig unbedeutender Dinge unverständlicherweise log. Meistens betrafen ihre Lügen die ärmlichen Verhältnisse ihrer Familie, die sie besser und vornehmer darzustellen versuchte, als sie war – ein Wesenszug, der Dagmar Overby ihr Leben lang begleitete. Augenscheinlich war die Herkunft aus ärmlichen Verhältnissen für Dagmar Overby Quelle anhaltender Frustration.
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