„Was wollen Sie?“, fragte Frantisek.
„Er will zu mir.“
Renko tauchte in der Tür hinter dem Hausherrn auf. Wir sahen uns einen Moment schweigend an und ich nehme an, Renko ist es ähnlich gegangen wie mir. Als ob man ein verzerrtes Spiegelbild in einem dieser Kabinette im Prater betrachten würde. Man ist es und dann doch wieder nicht. Der Anflug eines Lächelns zeichnete sich auf Renkos Lippen ab. Und auch ich verzog meine Mundwinkel. Was hätte ich für Vorteile aus diesem Look-Alike ziehen können? Mein Bankberater, der mit mir Geduld aufbrachte wie mit einem unehelichen Sohn, hätte als Zeuge dieses Aufeinandertreffens sicher gern meinen Kontorahmen aufgestockt. Einem wie Sigurd Renko warf man das Geld nach und zur Not auch einem, der wenigstens so aussah wie Renko.
„Kommen Sie doch rein“, sagte der Finanzprofi und Frantisek machte einen Schritt zur Seite und damit den Weg ins Wohnzimmer frei.
Wir saßen auf einer Lederlandschaft und jeder von uns hatte ein Glas Whisky vor sich am Glastisch stehen. Im Wohnzimmer, das von der Einrichtung moderner wirkte als die Siebzigerjahre-Villa von außen, waren halb leere Flaschen und Pizzakartons verteilt.
„Meine Frau ist für ein paar Tage verreist und die Haushälterin hat sich den Fuß verstaucht“, erklärte Frantisek, doch ich spürte, dass dies nur die halbe Wahrheit war.
„Wie haben Sie mich gefunden?“, fragte Renko, der trotz dieser Tatsache einigermaßen ruhig wirkte. Offenbar vertraute er jemandem, der ihn an sich erinnerte.
Diesen Fehler würde ich nie machen, denn ich war wohl am wenigsten die Person, der man vertrauen durfte. Ich sagte: „Waren Sie gestern bei der Charity in der Diskothek im Volksgarten?“
„Ich hatte zwar eine Einladung, war aber nicht dort.“
„Wo waren Sie?“
„Warum sollte ich Ihnen das sagen?“
„Weil ich womöglich Ihr Alibi bin. Denn ich habe die Nacht mit Maria Schneider verbracht. Aber ich habe sie nicht umgebracht.“
In dem Moment ärgerte ich mich über mich selbst. Woher konnte ich denn wissen, dass in der Zeit, als ich weggetreten war, nicht genau Renko im Hotel aufgetaucht war und sein makabres Spiel mit Schneewittchen getrieben hatte? Doch auch Renko hatte ein Alibi. Aber es war eines, das ihm, wäre es publik geworden, ebenso seine Pläne zunichtegemacht hätte, wie es nun der vermeintliche Mord an Maria Schneider war.
„Verstehen Sie“, sagte er, „diese Hochzeit ist für mich wichtig, denn mit meinen Immobilen und dem Geld der Vangurtens, den Hotels, den Beziehungen und vor allem mit dem Namen werden Sylvie und ich nicht zu halten sein.“ Er sprach von dieser Hochzeit wie von einer Firmenfusion, und das war es ja auch. Liebe war hier zweitranging, wichtiger war die Zuneigung der Bankkonten. „Was jedoch keiner von uns braucht, ist ein Skandal. Und jetzt hat genau meine Schwiegermutter in spe für diesen Skandal gesorgt.“
„Und Sie meinen, wenn Sie sagen, warum Sie gestern abgetaucht sind, würde das auch so etwas bewirken?“
„Ganz sicher. Das darf niemand wissen. Nicht bis zur Hochzeit und danach werden alle weiter schweigen.“
Ich trank aus und verabschiedete mich mit dem Versprechen, dichtzuhalten. Renko hatte mir einen ansehnlichen Betrag in Aussicht gestellt, würde ich den wahren Täter überführen und ihn damit aus der Schusslinie bringen. Als ich ihn nach einem Vorschuss fragte, erklärte er mir, dass er derzeit leider nicht an sein Geld könne, ohne die Polizei auf seine Fährte zu locken. Wir verabschiedeten uns und ich fragte mich, was es wohl war, das Frantisek derart an ihn ausgeliefert hatte. Während des gesamten Gesprächs hatte er gewirkt, als säße er neben einem Entführer vom IS.
Ich war müde und die Option, mich der Polizei zu stellen, gewann an Reiz. Ich hatte zwar einiges erfahren, aber leider nichts, was mich in der Sache Schneider weiterbrachte. Ich würde also morgen mein Glück bei der Agentur versuchen müssen.
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