Den mittäterischen Nazifrauen – allen voran Eva Hitler, Magda Goebbels, Emmy Göring und Leni Riefenstahl – wurde ebenfalls erfolgreich zu Leib und Seele gerückt. (Meissner, Ebermayer/Roos, Gun, Infield, Charlier/de Launay, J. Frank, Pilgrim, Sigmund, Klabunde, Lambert, Costelle, Görtemaker, Taylor)
Über die Ursachen des Mitmachens bestehen keine grundsätzlichen Fragen mehr. Der amerikanische »Test Abraham« von Stanley Milgram hat es unspektakulär klargestellt: Die Mehrheit der Menschen, auch der Frauen, drückt im Versuchslabor auf den Knopf für »Mord« und »Folter«, wenn eine »Autoritätsperson« ein solches Tun vorgibt.
Die Polizei-Bataillone, die KZ-Wärter, die Erschießungs-Kommandos und die Zyklon-B-Gas-Einstreuer haben den irren Vollzug sogar »gern« gemacht.
Psychisch Infantile machen das überall gern, »wenn sie losgelassen werden« – Stichwort »Greuel« während kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen Völkern. Die Bilder der Misshandlung und Ermordung von Vietnamesen und Irakern durch US-Soldaten laufen noch heute um die Welt.
Es trieft die Erde vor Blut. Es wütet die Spezies Mensch im Kleinen wie im Großen, im Einzelnen wie in der Masse mit Hunderttausenden Verhaltensweisen im Destru-Fun ihrem Untergang entgegen.
Unklarheit herrscht jedoch noch immer über die »Führerpersönlichkeit« Adolf Hitler höchstselbst. 70 Jahre lang wurde versucht, sie zu entschlüsseln. Denn »eine sichere Diagnose ist nicht bloß vom psychiatrischen Gesichtspunkt aus von Interesse, es ist auch für die Beurteilung seiner [Hitlers] großen Gefolgschaft im deutschen Volke nicht gleichgültig, ob diese sich von einem schweren Psychopathen oder von einem wirklich Geisteskranken durch 12 Jahre hat führen lassen.« (Bonhoeffer , S. 109 f.)
Die Ursache des Scheiterns der »Diagnose Hitler« ist in den beiden von Bonhoeffer gesetzten Alternativen verborgen, in denen bisher das Rätsel »Hitler« zu lösen versucht wurde, denn irgendwie krank musste ein solcher Anführer der Kulturzerstörung und millionenhaften Einzelmensch-Vernichtung ja gewesen sein. Bonhoeffers Begriffe »Geist(eskranker)« und »Psycho(path)« liegen oben und in der Mitte des menschlichen Person-Aufbaus. Befremdlicherweise wurde an diesen Orten die Krankheit Hitlers nicht gefunden.
Daher soll der Versuch unternommen werden, Hitlers Krankheit, besser seine Fehlsteuerung, von unten aufzurollen, von dort her, wo im Verständnis vom Menschen die Sexualität lagert.
ONANO
Hitlers Männermord-Orgasmus
Die deutsche Film- und Theaterschauspielerin Marianne Hoppe (1909–2002) hat zu Adolf Hitlers Sexualität eine Beobachtung gemacht, die von der Hitler-Forschung noch nicht ausgewertet wurde: »Viel später [Mitte der 1930er] waren wir [jungen Schauspielerinnen] noch einmal [zu Hitler in die Reichskanzlei] eingeladen. Das ist allerdings eine Geschichte, die ein bisschen prekär ist. Da saß Goebbels, da saß seine Frau [Magda], da saßen die ganzen Potentaten, und ich saß in der zweiten Reihe, und da wurde ein Film vorgeführt, der hieß Der Rebell , mit Luis Trenker. Der [Film] spielte 1809 während der Tiroler Volkserhebung gegen die Franzosen. Da war eine Szene, da musste die französische Armee durch einen schmalen Engpass, und die Tiroler hatten oben Bretter festgemacht mit Steinen drauf. Als die Franzosen kamen, da machten sie [die Tiroler] die Stricke los, und dann fielen die ganzen Steine auf die Franzosen herab. Und da, glaube ich, kriegte Hitler eine Art Erregung und hat so die Knie gerieben bei diesem Ereignis, wie die Steine da runterrollten auf die Franzosen drauf, und hat gestöhnt. Ich weiß nicht, ob er verrückt war, aber da kriegte er so eine Art von Orgasmus, sagen wir mal. Und da weiß ich noch, wie ich in der Dunkelheit aufgestanden bin, denn da war mir der Mann unheimlich. Und da ging ich raus und bin nie wieder hingegangen.« (Hoppe , S. 75 f.)
Als Marianne Hoppe 1936/37 die Beobachtung von Hitlers Gewalt-provozierter Onanie mit anschließendem Orgasmus machte, hatte Hitler den Film Der Rebell nachweislich schon mehrere Male gesehen. Er selbst bekundete am 20. August 1942 während seiner Monologe im Führerhauptquartier , er hätte den Rebell viermal gesehen. (Hitler 80 II, S. 467)
Hitlers »Leibfotograf« Heinrich Hoffmann behauptet in seinen Erinnerungen, »gewisse« Filme hätte er Hitler zuliebe in dessen Privat-Filmvorführ-Räumen »zwanzigmal« anschauen müssen. (Hoffmann , S. 16 ff.)
Hitlers »Leibarchitekt« Albert Speer wartete mit ähnlichen Zahlen auf: Vornehmlich Gewalt-gespickte Filme wollte Hitler immer wieder sehen, zum Beispiel »katastrophische Melodramen wie San Francisco oder King Kong . Manche dieser Filme wurden von ihm bis zu zehnmal verlangt.« (Fest 99, S. 138)
Der Rebell war 1932 herausgekommen. Kurz danach hatte Hitler ihn zum ersten Mal gesehen. Die Handlung folgt einem Entwurf von Luis Trenker, der neben Kurt Bernhardt die Co-Regie übernahm und die Hauptrolle spielte. (Zentner/Bedürftig)
Hitlers zweitjüngster Gesamt-Biograf Volker Ullrich (2013/16) entblößte, dass Hitler zum Film Der Rebell ein besonders »intimes« Verhältnis hatte: »Am Abend des 18. Januar [1933] sah er [Hitler] sich gemeinsam mit dem Berliner Gauleiter [Joseph Goebbels] den Film Der Rebell an, in dem Luis Trenker Regie führte und die Hauptrolle spielte – einen Tiroler Studenten, der im Widerstand gegen die napoleonische Besatzung sein Leben opfert … Hitler war so hingerissen, dass er sich den Film am Abend darauf [dem 19. Januar 1933] noch ein zweites Mal ansah.« (Ullrich , S. 399)
Schon im August 1933, ein halbes Jahr nach seiner Machterlangung, empfing Hitler Luis Trenker. (Sigmund 98, S. 227, Anm. 13)
Marianne Hoppe hat mit ihrer Schilderung von Hitlers Männer-Tötungs-entflammtem Orgasmus, der durch die gestellte Szene der Soldaten-Steinigung im Rebell angebahnt worden war, eine Büchse der Pandora geöffnet: Mit Hitlers Sexualität stimmte etwas nicht – »ob er verrückt war«, »da war mir der Mann unheimlich«.
Hoppe hat sich nicht etwas Hyper-Dramatisches eingebildet oder wollte ihre Beteiligung am Nazi-Regime als Hermann Görings Staatsschauspielerin wiedergutmachen, indem sie ihre persönliche Entrüstung über Hitler nach 1945 zur Schau stellte. Unter verschiedenen Umständen in unterschiedlichen Personen-Besetzungen hat Hoppe ihr Erlebnis mit Hitlers Gewalt-legierter halböffentlich prozedierter Onanie preisgegeben. Aus den Gesprächen mit Hoppes zweiter Biografin Carola Stern entstammt eine zweite Version ihrer Beobachtung: »Einmal veranstaltete der [Hitler] eine Filmvorführung. Einen Film von Trenker […] Da reibt der [Hitler] sich die Oberschenkel. Und da gehe ich leise raus. Da kommt bei mir der Punkt, wo ich nicht mehr neugierig bin.« (Stern , C., S. 105)
Zwischen beiden Versionen der Wiedergabe von Hoppes Erlebnis liegen eineinhalb Jahrzehnte. Die ausführliche Fassung wurde 1989 in dem Sammelband Deutsche im Zweiten Weltkrieg. Zeitzeugen sprechen – herausgegeben von Peter Pechel, Dennis Showalter und Johannes Steinhoff –, publiziert. (Steinhoff/Pechel/Showalter) Einer der Herausgeber oder alle drei waren damals Hoppes Interviewer.
Hoppes erste Biografin Petra Kohse zitiert diese ausführliche Darstellung 2001. (Kohse , S. 127 f.)
Bei den Gesprächen Hoppes mit ihrer zweiten Biografin Carola Stern ist die Schauspielerin in ihren Achtzigern. Stern publizierte ihre Hoppe-Biographie 2005. (Stern, C.) Das hohe Alter Hoppes oder das Sich-Genieren der Biografin vor der obszönen Drastik der 16 Jahre zuvor erstmals veröffentlichten Szene – welche Gründe auch immer darin lagen, dass Carola Stern nur einen Ausschnitt von Hoppes Erlebnis mitgeteilt hat –, es handelt sich bei beiden Versionen um dieselbe Szene von Hitlers masturbatorischem Oberschenkelreiben vor dem Luis-Trenker-Film Der Rebell , die Hoppe auf verschiedene Weise innerhalb von 16 Jahren dreimal zu Protokoll gegeben hat – für Steinhoffs Zeitzeugen 1989, Kohses Hoppe-Biografie 2001 und Sterns Hoppe-Gründgens Doppelbiografie 2005.
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