Ich möchte behaupten, daß niemand ihm das Tanzen besser beibringen konnte als ich, und ich habe ihm sogar Gesangsunterricht gegeben, abgesehen davon, daß ich ihm natürlich ganz allgemein Manieren anerzog. Aber ich mußte das ja alles ganz allein machen. Deshalb hat es auch länger gedauert, als es sonst bei Kindern der Fall ist, die Mutter und Vater und mehrere Schulmeister haben, die ihnen all das beibringen können, worum ich mich allein kümmern mußte.
Jetzt ist er Anfang Dreißig, und es gibt nur noch zwei Dinge, über die ich ihn nichts habe lehren können. Das sind Gott und die Liebe.
Ich bin ja Protestantin, und Pfarrer habe ich nie ausstehen können, sie sind das einzige, um das ich in dieser Stadt und überall, wo ich sonst noch gewesen bin, immer einen weiten Bogen gemacht habe. Gleichzeitig haben mir die Pfarrer Gott immer verleidet. Doch dann sage ich mir, daß das vielleicht mein Fehler ist – ich meine: Es kann ja sein, daß ihm mit ihnen gar nicht gedient ist. Es ist ja schon vorgekommen, daß eine achtbare Person von einer Bande Speichellecker umgeben war, von denen sich zu distanzieren ihr verwehrt war.
Ich will jedoch auch ehrlich zugeben, daß ich eine Religion vorgezogen hätte, wo es neben einem Gott auch eine Göttin gibt. Das wäre mir jedenfalls verständlicher erschienen, und gleichzeitig hätte ich meinem Sohn die Liebe erklären können. Das Thema habe ich jedoch, ehrlich gesagt, etwas oberflächlich behandelt, denn meiner Meinung nach eignet es sich nicht in erster Linie für die Theorie.
Ich fürchte mich nicht, alles geradeheraus zu sagen, so, wie es nun einmal ist – auch nicht zu meinem Sohn. Doch irgendwo hören die Worte auf und etwas anderes beginnt, darüber sind wir uns sicher einig! Und ich konnte ihm meinen Körper nicht zur Verfügung stellen, obgleich ich es manchmal erwogen habe. Denn wo sollte ich eine Frau finden, die sich nicht durch seine Augen schrecken ließ? Die nicht vor ihm zurückweichen würde, wenn sie plötzlich die Rattenschnauze ahnte? Ich selbst hätte das alles ertragen können, denn ich habe Schlimmeres gesehen, aber von meiner Sorte laufen auch nicht sehr viele herum.
Nein, das ist das einzige, was mir noch fehlt. Erst wenn das geschehen ist, hat sie eine Art Abschluß gefunden, die Geschichte, die an jenem Abend, als ich unten an der Seine stand und hörte, wie mich jemand aus dem Dunkel rief, ihren Anfang nahm. Komisch, ich fühle mich immer ein bißchen heiter, wenn ich an den Augenblick denke, trotz all der Kümmernisse und Unglücke, die er mit sich brachte. Wie mein Leben wohl verlaufen wäre, wenn ich nicht in das Dunkel hineingegangen wäre? Hätte ich überhaupt anders handeln können?
Sehen Sie, ich meine, das wäre ein schrecklicher Gedanke, alles ist so gelaufen, wie es laufen mußte. Nun fehlt mir nur der Abschluß. Dann wird das Dunkel schon wieder eingreifen und eine neue Geschichte gebären.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.