Lise Gast - Reiterferien mit Anja und Petra

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Anja und Petra möchten die Winterferien unbedingt bei Dagmar auf dem Reiterhof verbringen. Anja setzt alles daran um ihre Eltern zu überzeugen und tatsächlich… die beiden sind einverstanden. Überglücklich treffen sich die beiden Freundinnen bei Dagmar und erleben unvergessliche Tage zu dritt. – Eine wunderschöne Pferdegeschichte. Lesenswert!-

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Lise Gast

Reiterferien mit Anja und Petra

SAGA Egmont

Reiterferien mit Anja und Petra

Copyright © 1991, 2017 Lise Gast Lindhardt og Ringhof Forlag A/S

All rights reserved

ISBN: 9788711509951

1. Ebook-Auflage, 2017

Format: EPUB 3.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt og Ringhof und Autors nicht gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.comund Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk– a part of Egmont www.egmont.com

Das wäre was!

„Und du, Anja? Was machen wir mit dir?“

Vater und Tochter sahen einander an. Keiner von beiden sagte etwas, obwohl beide so viel, so viel zu sagen gehabt hätten. Anja das, was sie sich wünschte, heiß – so heiß, wie man es eigentlich nur mit zwölf Jahren tun kann. Und Vater das, was wiederum er sich wünschte, vielleicht nicht weniger stark: seine kleine Tochter glücklich machen zu können. Nur die Ansichten über das, was Glück bedeutet, sind bei Vätern und Töchtern leider oft recht verschieden.

Vater war nicht Anjas richtiger Vater. Er hatte ihre Mutter geheiratet, als Anja neun war, und dann hatten sie zwei kleine Söhne auf einmal bekommen, Zwillinge, Reinhold und Volker, jetzt etwa anderthalb Jahre alt. Niemand hatte je gefragt, ob er nicht lieber Töchter gehabt hätte, er hatte ja eine, Anja. Und er liebte sie, wie manche Väter ihre richtigen Töchter nicht lieben. Er liebte sie bewußt und voll des besten Willens, ihr ein guter Vater zu sein. Gelang ihm das immer? Er wußte es nicht.

„Tja, was machen wir mit dir?“ wiederholte er jetzt. Er hatte ihr ausführlich auseinandergesetzt, daß Mutter Erholung brauchte. Sie sollte über Ostern in ein Heim für überarbeitete Mütter im Schwarzwald gehen, das auch Kleinkinder mit aufnahm, in einem gesonderten Haus pflegte und betreute, so daß die Mütter sie nahe bei sich und doch keine Arbeit mit ihnen hatten. Und er selbst, Lehrer, Hauptfach Erdkunde, wollte nun endlich die Amerikareise machen, die er sich schon immer gewünscht hatte. Übrig blieb also Anja, die weder mit ins Heim noch mit Vater ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten konnte. Was sollte nun aus ihr werden in den drei Wochen, die die Osterferien diesmal dauerten?

„Ich wüßte schon was, aber es ist teuer“, druckste Anja schließlich heraus, als Vater immer noch wartete. „Was ganz, ganz Schönes, aber –“

„Was für ein Aber steckt denn dahinter?“ fragte Vater lächelnd. „Nun sag’ schon. Jeder von uns soll doch etwas Schönes haben. Ich will nach Amerika, um recht viel dazuzulernen, Mutter in den Schwarzwald, um mal endlich auszuruhen. Und du?“

Anja gab sich selbst Galopphilfe und ging über die Hürde. Und ihre Worte kamen jetzt auch wie im Galopp, ohne Pause, Sprung um Sprung hintereinander.

„Also weißt du – besinnst du dich noch auf Stine? Die Onkel Kurt und Cornelia zur Hochzeit gefahren hast mit dem kleinen Vierspänner, der Kutsche mit den Shetlandponys? Die wohnt auf einem kleinen Hof – ja, du warst überhaupt mal dort –“ Vater lachte. Als ob er das vergessen hätte! So etwas kann man doch gar nicht vergessen! Stine und ihr netter Mann und ihre kleinen Söhne, drei an der Zahl, und die vielen winzigen Pferdchen, auch ein paar größere hatte sie dabei, und einen Esel. „Nicht wahr, du weißt? Du hast sie sogar mal abgeholt, vom Seehof, so heißt das Kleinpferdegestüt. Die nimmt in den Ferien Kinder auf und läßt sie reiten, wie es jetzt viele Ponyhöfe machen, nur, daß Stine eben anders ist. Stine hat den Reitwart gemacht, das heißt, die Prüfung zum Hilfsreitlehrer, sie kann also Kinder ausbilden, und da kostet es etwas, dort zu sein, sogar eine ganze Menge jeden Tag. Stine könnte sich die Pferde gar nicht halten, wenn sie diesen Betrieb nicht hätte, die Pferde müssen ja auch etwas bringen, sagt sie. Und da –“ Anja sagte noch viel. Eifrig und selbstvergessen schilderte sie, und Vater hörte zu, geduldig, aufmerksam und still amüsiert über die Lebhaftigkeit seiner Tochter. Ja, wenn es um Pferde ging! Eine der besten Eigenschaften dieses Vaters war, daß er zuhören konnte.

„Soso, gar nicht schlecht“, sagte er nach einer Weile, als Anja Atem schöpfte, „das ist also Stines Job. Mit Pferden kann sie umgehen, das hat sie gelernt, und mit Kindern kommt sie sowieso gut zurecht. Später lassen wir einmal Reinhold und Volker dort reiten, was meinst du? Denn du kannst es ja schon, dazu haben wir dich ja in den Reitverein geschickt!“ Er lachte ein bißchen verschmitzt. Anja in ihrem himmelstürmenden Eifer merkte nicht, worauf er hinauswollte.

„Können? Ich soll reiten können?

O Vater, hast du eine Ahnung! ,Ich kann reiten‘, sagt man nie, nie! ,Ich lerne‘ oder ,ich reite seit einem halben Jahr im Reitverein‘ oder ,ich hab’ jetzt vielleicht fünfzig Stunden‘ – das kann man sagen, aber nie: ,Ich kann reiten.‘ Auch die ganz großen Asse, die auf internationalen Turnieren mitreiten, würden das nie sagen, weil man ja nie auslernt.“

„Schön. In Ordnung. Dann wäre es also nicht verkehrt, wenn du –“, er hielt inne.

„Ich?“ jauchzte Anja, aber ganz leise erst, gleichsam niedergehalten, denn sie wagte noch nicht, zu Ende zu denken, was da vor ihr aufleuchtete, geschweige denn, es auszusprechen.

„Erst müssen wir mit Stine sprechen, sie fragen, was es kostet, ob sie Platz hat für dich. Vielleicht ist sie für die Osterferien schon ausgebucht. Wollen wir anrufen oder besser hinfahren? Was meinst du?“

„Hinfahren! Aber –“

„Na, was für ein Aber kommt denn nun?“ fragte Vater freundlich. Anja sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an.

„Petra muß mit! Ich möchte nicht ohne Petra etwas anfangen –du weißt doch, wie sehr wir befreundet sind. Darf ich sie anrufen, ob sid mitkommt?“

„Schön, ruf sie an. Und dann schlagen wir Stine den nächsten Samstag vor, sagen ihr, daß wir mal kommen möchten und mit ihr sprechen. Einverstanden?“

„Samstag erst?“ fragte Anja. Es klang wie „in tausend Tagen“. Dabei war heute schon Donnerstag.

„Ja, Samstag. Da hat sie vielleicht etwas mehr Ruhe als an anderen Tagen. Viel Ruhe hat diese Stine, glaube ich, überhaupt noch nie gehabt in ihrem Leben.“

Petra war natürlich Feuer und Flamme für diesen Plan. Anja war sofort zu ihr hingestürzt; am Telefon kann man so etwas ja nicht richtig, nicht gründlich genug besprechen. Sie hockten also miteinander in Petras hübschem Zimmer, durch dessen breite Fenster die Schneehelle des scheidenden Winters fiel. Es war unbeschreiblich gemütlich hier: die Wände hell getäfelt, überall Bücher. Und das schönste war, Petra brauchte nicht aufzuräumen. Das wußte Anja, und darum beneidete sie die Freundin glühend.

„Bei mir heißt es immer wieder: ,Nun räum doch mal endlich auf! Wie sieht denn dein Zimmer wieder aus!“‘ stöhnte sie auch jetzt, während sie sich neben Petra auf die Couch fallen ließ. „Zum Auswachsen, immer dasselbe. Ich kann’s schon nicht mehr hören.“

„Kenn’ ich“, sagte Petra und schob Anja eine Schale mit Apfelsinen zu, „bei uns war es genauso.“

„Wirklich?“ wunderte sich Anja. Petra nickte.

„Bis sie mir die Schlafcouch statt des Bettes gaben. Die wollte ich nämlich zu gern haben. Bettenmachen, ekelhaft! Man macht es nie glatt genug und kann sich dann den ganzen Tag über nicht drauf legen. Aber alles Bettzeug einfach in die Truhe stopfen und eine hübsche Couch haben, das ist eine Wucht!“ Sie zeigte hinüber auf die alte Truhe an der Wand, ein Silberpokal stand darauf, der in das Zimmer mit den Holzwänden hineinpaßte wie ein handgroßer Fettfleck auf eine Siegerurkunde.

Anja lachte. „Ja, das ist was anderes. Nur – muß dieses Ungeheuer von Pokal dort stehen und jedesmal weggenommen werden, wenn man das Bettzeug hineinstampft?“

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