Während des Meetings musste ich ständig an Layla denken und an das, was letzten Abend passiert war. Ich bin mir sicher, dass mit diesem Davids etwas läuft. An ein Anwalt-Mandanten-Verhältnis glaube ich nicht, denn für mich war dieses Essen zu intim für eine geschäftliche Verabredung. Wie sie ihn angestrahlt hat und wie er seine Hände auf ihre Arme legte und sie auf die Wange küsste.
Uh-uh! Da läuft definitiv mehr. Und ich will verdammt noch mal wissen, was. Kein Mann hat das Recht, sie anzurühren oder zu küssen.
Eine halbe Stunde nachdem ich mein Büro verlassen habe, stehe ich im Fahrstuhl und fahre hoch zur Etage, in der sich die Kanzlei befindet, in der sie arbeitet. Ich war noch nie hier, aus diesem Grund erkundige ich mich am Empfang nach ihrem Büro. Die Dame fragt mich, ob sie mich anmelden solle, jedoch verneine ich es. Ich will nicht, dass Layla über meine Anwesenheit informiert wird und sich aus dem Staub macht, bevor ich ein paar Dinge klargestellt habe.
Die Empfangsdame erklärt mir den Weg, ich mache mich auf die Suche und werde schließlich fündig. An einem Schreibtisch sitzt eine blonde junge Frau mit einem Kurzhaarschnitt, die mir als Laylas Assistentin beschrieben wurde.
„Ist Layla hier?“, frage ich, und als sie mit „Ja“ antwortet, gehe ich an ihr vorbei und reiße die Tür auf. Ich bleibe auf der Türschwelle stehen, halte die Klinke fest in meiner Hand und blecke die Zähne. „Was zur Hölle soll das?“
Layla hebt abrupt ihren Kopf, nimmt ihre Brille ab – die sie unglaublich sexy macht – und sieht mich argwöhnisch an. Ihr Blick ist so intensiv, dass ich eine Gänsehaut bekomme.
„Verzeihung?“
Der Ton ihrer Stimme ist eiskalt und reißt mich aus diesem schönen Gefühl heraus.
Oh, sie tut so, als wüsste sie nicht, worüber ich rede. Gestern Abend sah das aber anders aus. Sie hat mich gesehen und auch, dass ich ausgerastet bin, nachdem dieser Scheißkerl sie geküsst hat.
„Roger Davids! Na, klingelt es bei dir?“
Layla
Eigentlich sollte ich ihn zum Teufel schicken. Was geht es ihn an, mit wem ich mich treffe? Unser Arrangement ist beendet. Punkt! Ich sollte ihn rausschmeißen, aber in meinem Kopf ist immer noch dieser kleine Teil, der rebelliert und wieder die Kontrolle über meinen Körper übernehmen möchte. Ehrlich gesagt sieht er im Moment ziemlich heiß aus, so wütend, wie er ist. Und eifersüchtig?
Ich lege meine Hände auf den Schreibtisch und erhebe mich. Mein Blick hält seinen fest, aber ausnahmsweise spüre ich nicht den Drang, zu ihm zu laufen und ihm um den Hals zu fallen. Diese Bilder von Kylie in Unterwäsche in seinem Apartment und von dem, was sie vor meinem Eintreffen anscheinend getan haben, kommen mir wieder ins Gedächtnis, daher hake ich den Gedanken, dass er womöglich eifersüchtig ist, schnell wieder ab. Das, was ich im Moment fühle, ist Abscheu.
„Das geht dich einen Dreck an, Palmer“, sage ich, presse die Zähne aufeinander und hebe meine linke Hand. „Wie du siehst, trage ich keinen Ehering mehr.“
Chris kommt näher, bis er auf der anderen Seite des Schreibtisches stehen bleibt, die Hände darauf abstützt und sein Gesicht nur Zentimeter von meinem entfernt ist. Ich sehe seine Kiefer mahlen und die blanke Wut in seinen Augen. Gut, denn ich denke, er sieht den gleichen Ausdruck in meinen.
Dieser Mistkerl traut sich, mir wieder unter die Augen zu treten und so zu tun, als wäre er eifersüchtig und gedemütigt. Nicht mit mir. Ich habe ihn durchschaut. Jedoch muss ich sagen, dass er ein sehr guter Schauspieler ist.
„Du kannst von Glück sagen, dass kein Paparazzo anwesend war, sonst wärst du heute als Davids neues Betthäschen auf den Titelseiten zu sehen“, sagt er mit zusammengebissenen Zähnen.
So etwas lasse ich mir nicht bieten, und von ihm schon gar nicht. Ohne großartig über seinen beleidigenden Betthäschen-Kommentar nachzudenken, hebe ich meine Hand und verpasse ihm eine Ohrfeige. Sein Kopf fliegt zur Seite und meine Hand schmerzt, aber das ist mir völlig egal. Wie kann er es wagen, mich so zu nennen! Ausgerechnet er, der fast alle weiblichen Einwohnerinnen von Houston flachgelegt hat.
„Verschwinde aus meinem Büro!“
Er wendet sich mir wieder zu. „Du wirst dich von dem Kerl fernhalten.“
„Ich tue, was ich will!“, schreie ich und schlage mit der Hand auf den Schreibtisch.
Seine Augen verengen sich, und an seiner Schläfe wird eine kleine Vene sichtbar, die extrem pocht. Er atmet tief durch die Nase ein und aus. „Der Kerl ist ein Spieler. Ein Sonnyboy und Womanizer.“
Das soll wohl ein Witz sein. Der Wolf warnt das Schaf vor dem anderen Wolf. Ich kreuze die Arme vor der Brust und hebe eine Braue. „Welch Ironie!“
„Layla! Treib es nicht zu weit!“
Er droht mir? Ich lehne mich nach vorn, sodass ich ihm ganz nahe bin. Wir halten den Blickkontakt. Der Duft seines Aftershaves steigt mir in die Nase und für einen kurzen Augenblick muss ich an unsere Tage in Puerto Rico zurückdenken. Er hielt mich in seinen Armen und küsste mich leidenschaftlich. Oh nein! Nicht schwach werden. Schublade auf, Erinnerungen rein, Schublade wieder zu.
„Du hast kein Recht, mir vorzuschreiben, was ich zu tun habe“, raune ich und lehne mich wieder zurück, um einen angemessenen Abstand zu ihm zu bekommen und seinen Duft nicht mehr in mich aufzunehmen. Ein paar Sekunden länger und dieser kleine Teil in meinem Gehirn könnte wieder anfangen, zu rebellieren, und ich würde die Kontrolle über meinen Körper verlieren und schwach werden.
„Das werden wir noch sehen.“ Er bleckt die Zähne, und mit diesem letzten Satz, der wie eine Drohung rüberkam, wendet er sich ab und verlässt mein Büro.
Zitternd und schwer atmend, lasse ich mich auf meinen Stuhl fallen. Dieser Arsch! Nach allem, was er getan hat, wagt er es, herzukommen, um mir vorzuschreiben, was ich zu tun habe? Allein der Gedanke an jenen Nachmittag, an dem ich seine Wohnung für immer verlassen habe, macht mich rasend vor Wut. Ich zittere wie Espenlaub, und mir wird schlecht, als ich an diese Kylie denke.
Ich eile zur Toilette und erreiche die Kabine, bevor sich mein Mageninhalt auf dem Boden verteilt. Als ich mich auf die Fliesen knie, höre ich, wie die Tür aufgeht.
„Layla?“
Oh Shit! Linda. Bestimmt fragt sie sich, was vorgefallen ist, da ich wie eine Verrückte zur Toilette gerannt bin.
„Geht es Ihnen gut?“
Mit einem Stück Papier wische ich mir den Mund ab. „Ja, Linda. Es geht schon. Ist vielleicht eine Magen-Darm-Grippe.“ Tolle Ausrede, aber ich kann ihr schlecht sagen, dass die Anwesenheit meines Fake-Ex-Mannes daran schuld ist.
„Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie mich brauchen“, hallt ihre Stimme durch den leeren Raum.
Ich nicke mehrmals. Was tue ich da bloß? Sie kann mich doch hier drinnen gar nicht sehen. Jetzt verliere ich anscheinend auch noch den Verstand.
Zurück in meinem Büro werde ich von Linda mitleidsvoll angesehen. Vielleicht ist es besser, wenn ich nach Hause fahre und mich ausruhe. Ich nehme meine Tasche und ein paar Unterlagen, die ich mir ansehen möchte, in die Hand, und teile Linda mit, dass sie meine restlichen Termine für heute streichen soll.
Statt mit dem Wagen zu fahren, lasse ich mir ein Taxi kommen. Mir ist immer noch übel und etwas schwindelig. Das Risiko, einen Unfall zu bauen, gehe ich nicht ein.
Als ich in meiner Wohnung bin, mache ich mir einen Tee und setze mich auf die Couch. Doch statt mich auf die Unterlagen zu konzentrieren, wandern meine Gedanken zu Chris und seinem Besuch von vorhin. Er sah wirklich toll aus. Dieser leichte Bartschatten steht ihm unheimlich gut. Ich kann mir gut vorstellen, wie es kitzeln würde, wenn er … Stopp! Ein kleiner verräterischer Teil in meinem Hirn versucht tatsächlich, wieder die Oberhand zu gewinnen. Aargh!
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