Nataly von Eschstruth - Der Majoratsherr. Band II.

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Der Majoratsherr. Band II.: краткое содержание, описание и аннотация

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Pia, Baronesse von Nördlingen, die Wulff-Dietrich von Niedeck versprochen werden soll, reist mit des Grafen Willibald Tochter, dem jungenhaften Wildfang Franziska, an den Rhein. Alle reisen inkognito unter dem Namen Luxor. In Rüdesheim lernen sie den Forstmann Karl Hellmuth kennen, der auch unter Pseudonym reist und sich als Wulff-Dietrich von Niedeck entpuppt. Nun haben Pia und Wulff-Dietrich, ohne zu wissen, wer der jeweils andere ist, sich doch ineinander verliebt. Aber noch ist der Weg zu ihrer Verbindung nicht frei, manches Hindernis muss beseitigt und manches Missverständnis ausgeräumt werden. Und am Ende hat Graf Willibald, der Majoratsherr, noch eine überraschende Enthüllung in petto …-

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„Herr Assessor! — Assessor Hellmuth!!“

„Sie befehlen, mein gnädiges Fräulein!“

„Die Scheibe ist fertig! Es kann losgehen!“

„Charmant! — Ich stehe zur Verfügung!“

Die Kleine rieb sich glückselig die Hände und trabte auf ihren hackenlosen, hellledernen Schuhen nach dem Rebengang zurück.

Der Graf hatte sich behaglich in einen Sessel gesetzt, rauchte eine Cigarre und wartete des Beginnens. Kellner und Hausknecht wurden als Sicherheitswachen ausgestellt, und dann erschien Hellmuth und das Schiessen begann.

Ganz überrascht blickte der Assessor auf seine originelle Partnerin, welche die Waffen mit ausserordentlichem Geschick handhabte und lud. „Fangen Sie mal an!“ gebot sie, „es ist mir lieb, Ihnen erst ein wenig auf den Zahn zu fühlen!“ —

Hellmuth warf noch einen schnellen Blick zurück, Miss Lilian kam noch nicht.

Gleichmütig hob er das Tesching, zielte kurz und drückte ab.

„Hm ... eine Neune ... na, macht sich für den Anfang!“ lobte Fränzchen gönnerhaft und dann hob sie ihrerseits die Waffe, kniff mit einer sehr spasshaften Grimasse das linke Auge zu, zielte sehr ruhig und scharf und schoss.

„Alle Achtung!“

„Na, was hat der Racker getroffen?“ forschte der Vater, sichtlich sehr stolz und dennoch, ohne den Kopf zu drehen, im Bambussessel liegen bleibend.

Der Assessor kam hastigen Schrittes von der Scheibe zurück: „Elf! Es ist fabelhaft! Hut ab, mein gnädiges Fräulein!“

Fränzchen trabte an seiner Seite, sie sah sehr ärgerlich aus. „Eine Schande! Jammervoll! Die Schweinerei! Elfe! Was will elfe besagen, noch ’mal her mit dem Schiessprügel ... da soll doch!“ —

Sie schoss abermals, und voll lebhaften Interesses eilten beide zur Scheibe.

„Hurra! Centrum!“

„Es ist enorm, welche Sicherheit Sie haben, Miss Francis! Ich bin ja ganz starr!“

Das Backfischchen zuckte gelassen die Achseln und doch flimmerten die dunklen Äuglein vor Freude. „Nu los! Jetzt kommen Sie wieder an die Ramme!“

Eine gewisse Erregung hatte Hellmuth ergriffen, sein Jägerblut wallte auf.

Diesmal sah er nicht hinter sich, sondern nahm sich ernsthaft zusammen.

Ein schwacher Knall, ein kleines blaukräuselndes Wölkchen, und dann flog Fränzchen mit ihren grotesken, ungraziösen Bewegungen über den Kies und der Assessor folgte eiligen Schrittes. Die Kleine erwartete ihn, legte militärisch grüssend die Hand an die Schläfe und stand stramm!“

„Gut gebrüllt, Löwe!“

„Centrum!“

„Mitten hinein, Famos!“

Der Jägersmann freute sich, als habe er einen Meisterschuss um den Königspreis gethan; es wäre ihm greulich gewesen, sich vor diesem Mädel zu blamieren.

Fränzchen strich ungeniert die Hände an dem eleganten Lodenkleid ab und rief lebhaft: „Und nun zeichnen wir an! und wer bei zwölf Schüssen die meisten Ringe hat, ist König!“

„Respektive Königin!“

„Bon! — Es liegt eine Krone im tiefen Rhein, gezaubert aus Gold und Edelstein!“ sang sie mit kühnen Gesten und schassierte zum Scheibenstand zurück. „Er hat auch Centrum, Papa! Jetzt wird es Ehrensache, — wir schiessen wett!“ —

Ein unverständliches Murmeln und Grunzen; der Pseudo-Mr. Luxor nickte nur in bester Laune mit dem dicken Kopf und rauchte weiter.

„Und wer zumeist trifft in’s schwarze Rund,

Den krönt man in Aachen zu selbiger Stund!“

improvisierte der Assessor lachend, griff hastig nach der Waffe und lud.

Fränzchens Passionen hatten etwas Ansteckendes, ein heisser Kampf um die Königswürde entbrannte. Beide schossen gut, — sehr gut sogar, und jeder hohe Treffer steigerte den Eifer. Hellmuth hatte noch nie eine Dame so ausgezeichnet schiessen sehen; er selber galt daheim für einen ausgezeichneten, sicheren Schützen, aber neben Francis Luxor hatte er grosse Mühe, sich zu behaupten.

„Haben Sie Ihre Studien mit Pulver und Blei auch in den Steppen und Urwäldern gemacht?“ fragte er mit geröteter Stirn, und das Backfischchen machte hinter ihrem soeben abgegebenen Schuss eine Geste her, wie ein Kegelschieben, welcher der Kugel noch par distance nachhelfen will. —

„Das versteht sich, immer vom Gaul herunter, und wehe! wenn man dem Herrn Grisly-Bär nur die Nase kratzte! Donner ja! weisst Du noch, Vater, wie wir einmal mit den Sioux-Indianern nach dem Blackriver geritten waren, um die verdeiwelten Bestien aufzuspüren?“

Der Papa horchte auf.

„Nee — weiss ich nicht mehr, aber erzähl’ mal, wie’s war!“ sagte er und paffte schmunzelnd dicke Wolken.

„Heute abend — jetzt ist keine Zeit! Wenn wir dann zur Erholung beim Wein sitzen ... nicht wahr, Alterchen, den Rüdesheimer kosten wir doch energisch?“ — und ohne Antwort abzuwarten, sprang sie abermals mit langen Sätzen davon, dem Assessor wieder ein Centrum zu notieren.

„Brillant schiesst er! ganz grossartig schiesst er!“ jubelte sie, ohne die mindeste Spur von Künstlerneid oder Ruhmesgier, „Sie sind ein reizender Mensch, Assessorchen, der erste, den ich hier in Deutschland so gut schiessen sehe! In Genf war ein Franzose, mit dem schossen wir alle Tage Glaskugeln, der war auch ein Patentkerl! Grossartig, sage ich Ihnen! Hätte sich gleich beim „wilden Westen als Pistolenschütz anwerben lassen können!“ und während sie so lebhaft schwatzend neben ihm herschritt, schob sie harmlos ihre Hand in seinen Arm und behandelte ihn mit so kameradschaftlicher Zuneigung, als wären sie die ältesten Freunde und durch alle Gefahren der brennenden Prairien und der von Giftpfeilen durchschwirrten Urwälder for ever verbündet. Dann schoss sie wieder, auch Centrum, und mit blitzenden Augen griff Hellmuth zum siebenten Male zur Waffe.

„Bis jetzt sind wir so ziemlich egal; ich habe nur zwei Ringe mehr, also kalt Blut. Mit diesem Schuss können Sie mich schon schlagen!“

„Nun denn, mit Gott für König und Vaterland!“ lachte Hellmuth, hob die Waffe und zielte. Plötzlich wandte er den Kopf, als ob eine magnetische Gewalt ihn zöge, eine schlanke Mädchengestalt war in den Rebengang getreten und näherte sich langsam den Herren.

Das Abendrot, welches den Himmel in Flammen von Gold und Purpur tauchte, goss seinen Glanz über das blonde Köpfchen, hinter ihr flimmerte der Rhein, und das junge, kaum der Knospe entsprossene Reblaub wiegte sich in graziösen Gewinden über ihr. Fränzchen stand, die Hände auf dem Rücken, und blickte voll lebhaftester Spannung nach der Scheibe.

„Na los! Worauf warten Sie denn?“ drängte sie ungeduldig.

Der junge Forstmann schrak zusammen, wie ein Kind, welches bei verbotenen Früchten ertappt wird. Hastig wandte er sich wieder um, zielte und schoss.

Das Herz schlug ihm hoch auf dabei, er dachte an alles andere, nur nicht mehr an die „Königswürde“, welche auf dem Spiel stand.

Fränzchen streckte den Kopf weit vor. „Na nu!“ sagte sie überrascht, „wo sitzt denn die Kugel?“ Und dann schoss sie, wie ein Pfeil, ihm voran zu dem Ziel.

Hellmuth folgte ihr nicht, er trat mit schnellen Schritten der jungen Dame entgegen.

„Guten Abend, Miss Lilian! „Spät kommt ihr, doch ihr kommt!“ Sie haben wirklich viel versäumt, Ihr Fräulein Cousine hat mich geradezu verblüfft! Ich habe noch nie eine Dame derart schiessen sehen!“

Pia reichte dem Sprecher die Hand entgegen, er hielt sie momentan in der seinen.

„Ich hörte den Jubel bereits!“ lächelte sie, „und konnte der Versuchung nicht wid stehen, die fabelhaften Resultate mit Augen zu schauen!“

„Beinahe immer Centrum! Sie haben schon das Schwarze beinahe herausgelochert“, nickte der Graf, sich erhebend und behaglich herzuwuchtend. „Ein herrlicher Abend heute, das reine Idyll. Wenn die Schiesserei zu Ende ist, schlage ich vor, wir bestellen uns das Nachtessen, und machen noch eine kleine Gondelpartie im Mondenschein, wollen ’mal hören, was meine Frau dazu sagt! und wenn — —“

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