o
Was die Spatzen im Zoo von den Dächern pfeifen
Wahre Geschichten einer Abenteuerreise
Ellen Driechciarz
o
Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Besuchen Sie uns im Internet - papierfresserchen.de
© 2021 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR
Mühlstr. 10, 88085 Langenargen
Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchauflage erschienen 2018.
Herstellung: CAT creativ - cat-creativ.at
Lektorat: Melanie Wittmann
Fotos: © Ellen Driechciarz
Bilder Cover: © noriokanisawa, © M. Schuppich, © Carola Schubbel, © jb_stock
– lizenziert Adobe Stock.
ISBN: 978-3-86196-742-2 - Taschenbuch farbig
ISBN. 978-3-96074-435-1 - E-Book
o
Inhalt
o
Hallo Kinder! Habt ihr das gehört?
In der dichten immergrünen Hecke neben dem Streichelzoo findet eine ohrenbetäubende Vollversammlung statt. Hier treibt sich nämlich ein Schwarm Haussperlinge herum und alle scheinen um die Wette zu tschilpen. Dann sammeln sie sich oben auf den frischen Trieben und – wusch – die ganze Sippe schwirrt eilig über den Weg in den Stall der Ziegen.
Habt ihr das gesehen, Kinder?
Frech und lärmend fallen die Spatzen in das Stallgebäude ein. Dort suchen sie gemeinsam nach Futter oder sie tragen Material für den Nestbau zusammen. Aber bald darauf fliegen sie weiter zu der offenen, sandigen Fläche und nehmen prompt ein ordentliches Sandbad. Zuerst scharren sie eifrig im trockenen Sand, dann kullern sie darin herum und am Ende schaufeln sie ihn sich sogar ins Gefieder. Da fragt sich sicher so mancher: „Sind sie etwa Dreckspatzen?“
Aber nein! Ein gründliches Staubbad befreit Sperlinge ganz einfach von lästigen Parasiten. Und auch sonst nehmen die munteren Gesellen die Gefieder- und Körperpflege sehr genau. Regelmäßige Wasserbäder und ausgiebige Sonnenbäder tragen ebenfalls zum Wohlbefinden und zur Gesunderhaltung von Haussperlingen bei.
Vom Luxusbad im Sand schwirren die Spatzen wieder in die schützende Hecke zurück. Behaglich schließen sie die Augen und halten ausnahmsweise mal den Schnabel. Doch lange hält die Ruhe nicht an. Schnell zwitschern sie wieder aus vollem Halse durcheinander und man merkt sofort, was Haussperlinge auch immer tun, gern tun sie dies gemeinsam. Deshalb sind sie überall im Zoo in kleinen oder in größeren Trupps anzutreffen. Es scheint allenthalben so, als trieben sie sich gern in Banden herum.
Zweifellos finden Haussperlinge in der Nähe von Tierhaltungen eine Heimat genau nach ihrem Geschmack, denn Orte wie diese bieten ihnen optimale Lebensbedingungen mit ausreichend Nahrung und Nistgelegenheiten. Streng genommen hängt heute davon sogar ihr Überleben ab. Als ausgesprochene Kulturfolger waren Haussperlinge stets da, wo auch Menschen lebten, und sie fanden in deren Nähe immer Nahrung und Wohnstätten. Aber im Laufe der Zeit haben sich die menschlichen Gewohnheiten verändert, wobei im gleichen Zuge die Überlebensmöglichkeiten für Haussperlinge schwanden. In der betonierten Stadt sind die geselligen Vögel häufig schon verschwunden. Doch zum Glück konnten sie sich in die grüne Oase mancher Zoos zurückziehen.
Das Hauptquartier von Haussperlingen ist entweder eine schützende Hecke, ein dichter Busch oder eine üppige Strauchzeile. Wie Mäuse huschen sie im Astwerk mal hierhin und mal dorthin, denn sie versuchen stets, sich neugierigen Blicken zu entziehen. Man würde sie kaum bemerken, doch dann verraten sie sich durch lautes Tschilpen. Erschreckt nicht! Es erinnert eher an Radau als an Vogelgesang, denn es ist ein unmelodisches, lärmendes Zwitschern und wird gern gemeinsam aus allen Kehlen vorgetragen.
Im dichten, unzugänglichen Gestrüpp sind Haussperlinge vor Feinden wie Katzen oder Greifvögeln ziemlich sicher. Von dort aus können sie jederzeit die Lage überblicken und dann entweder zum Futterfassen ausschwärmen oder sich bei Gefahr heimlich und leise tief in die sichere Deckung zurückziehen. Und nicht nur das. Im dichten Strauchwerk verbringen Spatzen sehr gern, weil nahezu unbeschwert, einen großen Teil ihres geselligen Familienlebens. Und überall dort, wo sie heimisch sind und sich auskennen, also in ihrem Revier, da sind sie weder zu übersehen noch zu überhören. Mitunter tummeln sie sich sogar mitten im Menschengedränge auf dem Boden und suchen zänkisch nach Nahrung.
Im Zoo lebt ein munterer Schwarm Haussperlinge beispielsweise mit Hausziegen unter einem Dach. Ein Stall wie dieser und die sich anschließenden Anlagen bieten einer fröhlichen Spatzengesellschaft ein attraktives Zuhause. Am Ziegenstall, entlang der Dachschrägen und unter den Schindeln, befinden sich genügend geräumige Nischen für den Nestbau. Das Nistmaterial wie etwa Heu, Strohhalme, weiche Tierhaare oder bunte Federn finden die Spatzen in nächster Nähe und Futter für die Jungen gibt es reichlich. So besetzen Jahr für Jahr zahlreiche Spatzenpärchen die Höhlungen und brüten in einer kleinen Kolonie die Eier aus. Jeder Spaziergänger kann leicht ihre Anwesenheit erkennen, denn die Nester machen mit unordentlich heraushängenden Halmen einen liederlichen Eindruck und nicht wenig Schmutz verursachen hinterlassene Futterreste und der Kot. Aber bereitwillig werden diese Beeinträchtigungen in Kauf genommen, sodass für die Spatzen die Welt noch in Ordnung scheint.
Werden jedoch in Zukunft Haussperlinge mit ihren Lebensansprüchen die Veränderungen in unserer gemeinsamen Heimat überstehen? Es bleibt zu hoffen. Verstummte der Tumult dieser stets fröhlichen Begleiter der Menschen, würde sicher etwas fehlen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass ihre Gegenwart schon sehr lange und wie selbstverständlich im menschlichen Alltagsleben verwurzelt ist.
Sind jedoch Spatzen da, dann sind sie selten still. Immer tschilpen sie sich etwas zu. Darum könnt ihr, liebe Kinder, das muntere Spatzenvolk bei eurem nächsten Zoobesuch an vielen Stellen beobachten.
Vielleicht pfeifen sie wirklich spannende Geschichten von den Dächern, vielleicht auch solche, wie sie in diesem Buch beschrieben sind. Ihr müsst nur richtig hinhören.
*
Außergewöhnlich laut schallt an diesem Morgen das Hämmern eines Spechtes durch den Zoo. Immer wieder trommelt der Bursche auf den Stamm einer alten Birke ein, huscht um den Stamm herum und klopft an anderer Stelle weiter. Weil zur Stunde noch eine besondere Ruhe herrscht, ist der Hall der hämmernden Schnabelhiebe weithin zu hören. Dabei ist die Luft kühl und klar und verspricht einen freundlichen Frühlingstag. Aber nach und nach gesellen sich weitere Geräusche zum Trommelwirbel des Spechtes, denn muntere Vögel stimmen ihr Morgenkonzert an. Etwas später lassen sich auch die ersten Zootiere vernehmen und dann ist die Geräuschkulisse wie an jedem anderen Tag.
Die große Birke steht seit Jahr und Tag am Ziegenstall und ihre eindrucksvolle Erscheinung bietet allem ringsum wie selbstverständlich Schutz und Zier. Vor allem die weiße Rinde verleiht dem Baum ein freundliches Aussehen, obwohl das Alter die Borke am unteren Teil des Stammes hat schwarz aufreißen lassen. Lange, noch blattlose Zweige hängen in üppigen Strähnen von den Ästen herab und rascheln leise im Wind. Sie mögen jetzt noch kraftlos erscheinen, aber schon bald werden aus prallen Knospen zartgrüne Blätter sprießen.
Читать дальше