Carlo Andersen - Jan und das Gold

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Der Wunsch, schnell und mühelos zu Reichtum zu kommen, hat schon viele Menschen auf die schiefe Bahn gebracht. Erpressung, Schmuggel – jedes Mittel ist ihnen dann recht. Vor vielen Jahren war's – damals im Goldgräbercamp in Australien. Und jetzt taucht bei dem Millionär Holm ein Erpresser auf. Holm sieht seine Lebensarbeit und sein Familienglück bedroht. Vor Sorge und Schrecken ist er nicht mehr fähig, klar zu denken. Sonst würde er erkennen, dass – Jungdetektiv Jan aber findet scharfsinnig heraus, was damals in Australien wirklich geschah…JAN ALS DETEKTIV – die spannende Kultbuchreihe ist zurück – toller denn je!REZENSION"Die Detektivgeschichten «Jan als Detektiv» für Buben und Mädchen von Knud Meister und Carlo Andersen sind spannend und logisch aufgebaut. Sie verbinden Abenteuer und Humor auf eine für Jugendliche verständliche Art.Sie sind spannende und humorvolle Unterhaltungslektüre, die man ohne Vorbehalt Jungen und Mädchen ab 10 Jahren in die Hans geben kann." – Vereinigte Jugenschriften-Ausschüsse Nordhein-WestfalenDIE JAN ALS DETEKTIV-REIHEIst es möglich, gute Kriminalgeschichten für die Jugend zu schreiben?Diese war die Frage, die die Kriminalschriftsteller, Knud Meister und Carlo Andersen, stellten, als sie mit der Jan-Reihe anfingen. 70 Jahre später beweist der Erfolg der Jan-Reihe das Gelingen. Die Reihe zählt mehr als 80 Bücher – 33 in deutscher Übersetzung. In den Romanen geht es um den 14- bis 20-jährigen Jan Helmer und seine Freunde, die in allerlei Abenteuer verwickelt werden. Jan ist der Sohn eines Kopenhagener Kriminalkommissars, dem sein Vater regelmässig von seinem Beruf erzählt, um ihn zu zeigen, dass Mut, kühle Überlegung und restloser Einsatz der ganzen Person vonnöten sind, um dem Kampf mit einem Verbrecher aufzunehmen. Jan kennt keinen andern Gedanken, als später einmal den gleichen Beruf wie sein Vater auszuüben. Natürlich ergreift er jede Gelegenheit, sich im kleinen als 'Detektiv' zu erproben.Die Bücher wenden sich an jüngere Leser. -

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Knud Mei­ster und Car­lo An­der­sen

Erstes kapitel

Manchmal haben Ereignisse eine Vorgeschichte, die jahrelang zurückliegen kann. Die dramatische Angelegenheit, mit der Jan Helmer neuerdings zu tun bekommen sollte, nahm ihren Anfang kurz nach dem Ersten Weltkrieg.

Damals gab es viele junge Leute mit Abenteurerblut, die es in die Ferne zog, hauptsächlich nach Amerika und Australien, sobald die Grenzen wieder geöffnet waren.

Zu ihnen gehörte Andreas Holm, der achtzehn Jahre alt war, als er seiner Heimat Dänemark den Rücken kehrte und sich als Schiffsheizer die Überfahrt verdiente. Er wurde Landarbeiter in Oklahoma, Apfelsinenpflücker in Kalifornien, Holzfäller in den Rocky Mountains und Vorarbeiter in einer chilenischen Salpetermine. Das harte Leben machte ihn zu einem bärenstarken Mann, der zwar von Natur friedfertig war, aber sehr ungemütlich werden konnte, wenn er Ungerechtigkeit gegenüber Schwachen und Geringen mit ansehen mußte.

Nach mehrjährigem unstetem Wanderleben gelangte Andreas Holm nach Perth, der Hauptstadt des Staates Westaustralien, die damals erst rund 100 000 Einwohner hatte, jedoch in raschem Aufschwung begriffen war. Vom Hafen Fremantle aus wurden große Mengen von Weizen, Holz, Schaffleisch, Leder und Obst exportiert, doch die eigentliche Ursache des raschen Wachstums der Stadt ließ sich mit dem einen Wort erklären: Gold!

Vor allem rings um Kalgoorlie, nur siebenhundert Kilometer von Perth entfernt, hatte man um die Jahrhundertwende bedeutende Goldlager gefunden. Sie wurden von großen Minengesellschaften ausgebeutet, denen ein Millionenkapital zur Verfügung stand; aber es gab auch immer wieder Alleingänger, Glücksjäger, die sich auf die Goldsuche begaben, um zu einem Vermögen zu kommen. Die Bewilligung kostete nicht viel. Allerdings hörte man auch nur selten von einem Goldgräber, der tatsächlich auf eine ergiebige Ader gestoßen war.

Im Verlauf der Jahre hatte sich Andreas Holm ein hübsches Sümmchen zusammengespart, das er nun als Goldsucher zu vermehren gedachte. Da er in Perth mancherlei Geschichten von fehlgeschlagenen Hoffnungen vernahm, war er sich jedoch durchaus darüber klar, daß er sein mühsam erworbenes kleines Kapital auf diese Weise ebensogut verlieren konnte. Er ließ sich weniger von Geldgier als von Abenteuerlust treiben. Gern hätte er ein paar zuverlässige, ehrliche Mitarbeiter gewonnen; doch das schien ziemlich aussichtslos zu sein, so daß er schon nahe daran war, diesen Gedanken aufzugeben, als ihm der Zufall zu Hilfe kam.

Eines Tages begab er sich in der Hafenvorstadt Fremantle in eine Seemannskneipe, um zu essen und ein Glas Bier zu trinken. Unter den Gästen befanden sich zwei junge Männer, die Zwillinge sein mußten, denn sie glichen einander wie ein Ei dem andern. Deshalb fielen sie Andreas auf, und noch mehr staunte er, als er feststellte, daß sie sich auf dänisch unterhielten.

Natürlich hatte Andreas in der weiten Welt schon öfters Dänen getroffen, aber hier in Perth geschah es zum erstenmal, und so dauerte es nicht lange, bis er mit seinen Landsleuten ins Gespräch kam. Die Zwillingsbrüder hießen Aksel und Ejnar Hansen, stammten aus Kopenhagen und waren, wie Andreas, weit herumgekommen. An sich wollten sie auf einem skandinavischen Schiff, das demnächst in Fremantle anlegen sollte, Heuer nehmen; aber sie besannen sich anders, als Andreas schließlich mit seinem Vorschlag herausrückte. Die Brüder verfügten nur über geringe Ersparnisse, doch da eine Goldgräberausrüstung nicht viel kostete, zogen die drei jungen Leute vierzehn Tage später in die Gegend nördlich von Kalgoorlie, wo sie im Schoß der Erde ein Vermögen zu entdecken hofften.

Es wurde eine harte Zeit für sie. Das subtropische Klima der westaustralischen Hochebene mit kurzem, mildem Winter und langem, heißem Sommer machte den drei Nordländern zu schaffen, und die einförmigen, mühseligen Arbeitstage setzten ihren Nerven zu, zumal sie ergebnislos verliefen. Zum Glück vertrugen sich die drei recht gut und hielten fest zusammen. Andreas hatte die fleißigen Brüder schätzen gelernt, die oft eine schwierige Lage meisterten und stets Geistesgegenwart bewiesen. Damit er sie unterscheiden konnte, trug Aksel immer eine rote Kopfbedeckung, Ejnar eine blaue Mütze.

Fast zwei Jahre plagten sie sich ab, und das kleine Kapital war fast aufgezehrt, als das große Wunder geschah. Eines Abends kurz vor Sonnenuntergang stieß Ejnar einen lauten Ruf aus und warf die Hacke zu Boden. Die beiden andern kamen sofort herbeigelaufen, und auch sie brachen in Freudengeschrei aus, denn in seiner rauhen Hand hielt Ejnar einige Goldkörner.

Der Anblick wirkte auf die drei Goldgräber wie ein elektrischer Schlag. In den nächsten Sekunden waren sie wie gelähmt. Sie starrten nur auf die Goldkörner, während ihnen der Schweiß übers sonnverbrannte Gesicht lief.

Dann aber kehrte die Tatkraft zurück. Wie rasend schlugen sie mit der Hacke los, obwohl sie nach des Tages Mühe rechtschaffen müde waren. Erst nach Sonnenuntergang fühlten sie sich ihrer Sache sicher: Sie hatten endlich eine Goldader gefunden! Während der Gipfel des fernen Mount Jackson im letzten Schein des Abendrots leuchtete, streckten sie sich erschöpft auf dem Boden aus. Ihre Glieder waren bleischwer, aber in den Ohren klang ihnen das Freudenlied: Gold... Gold... Gold!

In den folgenden Tagen arbeiteten sie besonders tatkräftig. Die Goldader schien ergiebig zu sein, doch es ließ sich nicht sagen, wie weit sie sich erstreckte. Unermüdlich arbeiteten Andreas und die Zwillingsbrüder, und das gefundene Gold wurde in Ledersäckchen verwahrt, die sie in ihrer bescheidenen Hütte versteckten.

So ging es eine Zeitlang weiter. Abwechselnd begaben sie sich nach Perth, wo das Gold gewogen und der Erlös auf drei verschiedene Bankkonten eingezahlt wurde. Jeder erhielt ein Drittel.

Man kennt ja Geschichten vom «Fluch des Goldes», und diese alte Regel sollte sich wieder einmal bestätigen. Das bisher so kameradschaftliche Verhältnis zwischen den drei Männern wandelte sich langsam und allmählich. Andreas war daran nicht schuld. Es wäre ihm in seiner Ehrlichkeit niemals in den Sinn gekommen, daß seine Mitmenschen ihn betrügen könnten; aber die Zwillingsbrüder waren anders beschaffen, und leider gingen beider Gedanken genau dieselben Wege. Zuerst sprachen sie es nicht aus; aber da sie selbst nicht reinen Herzens waren, hegten sie den Verdacht, daß Andreas sie betrüge, und schließlich kam es zu recht deutlichen Ausbrüchen. Eines Tages wurde der Wortwechsel so arg, daß Ejnar und Andreas gleichzeitig zur Pistole griffen, doch glücklicherweise konnte Aksel eine Katastrophe verhindern.

Tags darauf verschlimmerte sich die Lage noch mehr. Die Brüder tuschelten und flüsterten miteinander, würdigten Andreas hingegen keines Wortes. Sogar einige andere Goldgräber, die ihr Camp in der Nähe hatten, erklärten später, es hätte ja nicht gut ausgehen können; aber es wäre nicht ihre Sache gewesen, sich in eine Privatangelegenheit einzumischen.

Tatsächlich kam es zu einer Katastrophe.

Andreas war gerade mit einem gefüllten Ledersäckchen in der Hand auf dem Weg zur Hütte, als Ejnar drohend rief: «He, wo willst du hin?»

Andreas drehte sich um und antwortete erstaunt: «In die Hütte natürlich. Das Gold soll bei den andern Beuteln aufbewahrt werden.»

«Schwindler!» zischte Ejnar erregt. «Du willst uns betrügen – wie gewöhnlich!»

«Bist du verrückt geworden?» entfuhr es Andreas, der kein Wort begriff. «Was soll das heißen, ich betrüge euch? Wir haben doch alles redlich geteilt, so daß keiner ein Gramm mehr als der andere erhalten hat ...»

«Ja, das behauptest du!» höhnte Ejnar. «Aber als ich das letztemal in Perth war, hörte ich etwas ganz anderes. Eines der Bankkonten ist größer als die andern – deins.»

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