Angelika Kutsch - Nichts bleibt wie es ist

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Silke arbeitet als Schreibkraft in einem Großkonzern. Als sie befördert wird, freut sie sich auf die neue Wohnung, die sie sich bald leisten kann. Dann kann sie endlich mit ihrem Freund Armin zusammenziehen und sie müssen sich nicht mehr bei Silkes Großmutter treffen. Wenn sich doch nur Armin genauso für sie freuen könnte. Seit er aus Polen nach Deutschland gekommen ist, ist es für ihn bergab gegangen, bis er schließlich keine Arbeit mehr hatte. Armin entschließt sich, nach Polen zurückzukehren…AUTORENPORTRÄTAngelika Kutsch wurde am 28. September 1941 in Bremerhaven geboren. Nachdem sie zunächst einige Jahre als Büroangestellte tätig war, wurde sie Lektorin in einem Kinderbuchverlag in Hamburg. Heute arbeitet sie als Autorin und Übersetzerin von Kinder- und Jugendbüchern. Inspiration für ihre ersten beiden Bücher «Der Sommer, der anders war» und «Abstecher nach Jämtland» fand sie in ihren zahlreichen Aufenthalten in Schweden, die auch zu ihrer Karriere als Übersetzerin schwedischer Literatur beigetragen haben. Ihr Jugendbuch «Man kriegt nichts geschenkt» wurde 1975 mit dem Sonderpreis zum deutschen Jugendbuchpreis ausgezeichnet und 2012 erhielt Angelika Kutsch den Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises für ihr übersetzerisches Gesamtwerk.-

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»Erzähl mir was von dieser Goscha«, sagte Silke.

»Ich liebe Goscha!« sagte er albern und breitete die Arme aus. »Sie ist warm wie ein Backofen und runzlig wie ein Bratapfel. Wenn sie nicht vierzig Jahre älter wäre als ich, hätte ich sie geheiratet, weil sie so guten Hefekuchen backen kann.«

»Und da hat sie dir der alte Onkel weggeschnappt?« fragte Silke lachend.

Armin wurde ernst. »Mit Schnappen war da wohl nichts. Er war schon in den Fünfzigern, als seine Frau starb. Und weil nur Goscha da war, hat er Goscha genommen.«

»Aber deine Verwandtschaft?«

»War eben nicht da. Als es passiert war, reagierten sie sauer. Eine Polacka ist gegen ihre Famlienehre.«

Sie schwiegen eine Weile.

»Hast du eigentlich Heimweh?« fragte Silke. »Manchmal?«

»Das ist doch kein Heimweh, wenn man wissen möchte, was aus den Leuten geworden ist, die man gekannt hat, und wie es jetzt dort aussieht«, antwortete er etwas zu heftig.

»Aber du hast ja die Fotos gesehen. Jetzt weißt du, wie es aussieht. In Wirklichkeit wolltest du wohl wissen, wie Aniela jetzt aussieht. Die war nicht drauf auf den Fotos«, fügte Silke unnötig anzüglich hinzu.

»Und ich will wissen, wie Aniela aussieht«, bestätigte Armin, um sie zu ärgern.

»Ich möchte auch wissen, wie sie aussieht.«

»Fahren wir hin und schauen sie uns an. Abgemacht?« Armin streckte ihr die Hand hin, und weil Silke sie nicht nahm, legte er ihr den Arm im Weitergehen um die Schultern.

»Als wir das erste Mal miteinander redeten, wolltest du schon mit mir verreisen«, sagte Silke. »Bist du immer so ein Draufgänger? Hast du Aniela vielleicht auch eine Reise versprochen?«

»Jetzt hör mit Aniela auf.« Armin nahm seinen Arm fort. »Laß uns über die Reise reden. Andere fahren nach Italien und Spanien. Wir fahren nach Polen. Warum eigentlich nicht?«

»Wollten wir nicht auch nach Italien und Spanien? Aber wir kommen nirgends hin, wir haben ja nicht genug Geld«, sagte Silke.

»In Polen wohnen wir umsonst!« Armin wurde eifrig. »Bei meinem Onkel.«

»Es kostet trotzdem einen Haufen Geld, die Fahrt, und dann der Zwangsumtausch.«

»Wir melden eine Campingreise an, dann brauchen wir nur dreizehn Mark pro Tag zu zahlen. Das können wir uns leisten.« »Du tust, als hättest du die Fahrkarte schon in der Tasche!« »Vielleicht brauchen wir keine Fahrkarte.«

Eine Straßenbahn hatten sie schon vorbeifahren lassen. Jetzt kreischte die nächste in der Kurve. Silke umarmte Armin. »Nein, wahrscheinlich brauchen wir keine Fahrkarte, weil wir nämlich gar nicht fahren. Aber ein bißchen spinnen ist schön.«

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