»Gibt es sonst noch etwas, Yeoman?«, fragte Kirk.
»Nein, Sir«, antwortete sie einen Hauch verlegen. »Es ist nur, also …«
Kirk glaubte zu wissen, worum es ging. »Würden Sie gern bleiben und unseren Gast begrüßen, Yeoman?«
Ihr jugendliches Gesicht strahlte. »Ja, Captain. Mit Ihrer Erlaubnis, natürlich. Ihre Laufbahn und ihre Erfolge haben mich immer inspiriert.«
»So sollte es auch sein«, sagte Kirk belustigt. Ein wenig Heldenverehrung schadet nichts , beschloss er, besonders wenn sie einem würdigen Empfänger gilt . »Also gut, Yeoman. Sie dürfen gern bleiben.«
»Vielen Dank, Captain. Das weiß ich zu schätzen.«
Unten auf dem Hangardeck hatte die Shimizu aufgesetzt und die Hälften der Hangartore schlossen sich, um die Landebucht vor dem Vakuum draußen zu schützen. Dieses Treffen fand mitten im All statt, Lichtjahre vom nächsten Sonnensystem entfernt. Die Shuttles der Enterprise waren ein Deck tiefer geparkt worden, um das Kurierschiff aufnehmen zu können. Kirk sah von oben zu, wie die Shimizu ihre Triebwerke abschaltete.
Er ging zu einer Komm-Tafel an der Wand und betätigte den Sprechknopf. »Kirk an Brücke. Die Shimizu ist sicher an Bord. Kurs nach Chippewa Prime fortsetzen. Warp fünf.«
Die Enterprise hatte selbstverständlich den Warp verlassen, um das kleinere Raumschiff zu empfangen, aber jetzt konnten sie wieder eine anständige Reisegeschwindigkeit aufnehmen. Ehrengast hin oder her, seine Mannschaft freute sich zweifellos auf ihren Landurlaub, den sie sich mehr als verdient hatte, besonders nach all der Aufregung auf dem Weg zu der Konferenz auf Babel vor einigen Monaten. Kirks Hand fuhr unwillkürlich zu der Stelle an seinen Rippen, wo der orionische Agent ihn mit einem Messer verletzt hatte. Die Wunde war gut verheilt, aber er schauderte immer noch bei der Erinnerung.
»Aye, Captain« , antwortete Lieutenant Commander Montgomery Scott von der Brücke. »Wir werden im Nullkommanichts wieder auf dem Weg sein, Sir.« Sein starker schottischer Akzent tönte laut und deutlich aus dem Komm-System. »Meinen Sie, ich muss hier noch länger die Stellung halten? Mir graut es bei dem Gedanken, welchen Unsinn meine Maschinen während meiner Abwesenheit anstellen könnten.«
Kirk lächelte. Er wusste, dass sich Scotty, wenn er die Wahl hatte, lieber im Maschinenraum abrackerte, statt den Sessel des Captains auf der Brücke zu besetzen.
»Nur noch etwas länger, Mister Scott. Wir müssen uns immer noch um unseren berühmten Gast kümmern.« Er warf einen Blick hinunter zur Shimizu . Das Kurierschiff musste seinen Passagier erst noch ausspucken. »Kirk Ende.«
»Druck in der Landebucht wiederhergestellt« , verkündete der Schiffscomputer über einen versteckten Lautsprecher. »Zutritt gestattet.«
»Das ist unser Stichwort«, verkündete Kirk. Er wandte sich an seine Begleiter: »Meine Herren, Yeoman, wir sollten unseren Gast nicht warten lassen.«
Sie fuhren im Turbolift hinunter zum Hangardeck und betraten die geräumige Bucht in dem Moment, als die Steuerbordluke der Shimizu sich öffnete und eine kurze Treppe zum Deck hinunter ausgefahren wurde. Das Empfangskomitee mit Kirk an der Spitze nahm Haltung an, als ihr Gast das Schiff verließ.
Es handelte sich um eine groß gewachsene, gut aussehende Frau Mitte vierzig. In ihren langen schwarzen Haaren war noch keine Spur von Grau zu erkennen. Kluge blaue Augen musterten die Umgebung und ihr kühles Äußeres war auf beinahe vulkanische Weise unergründlich. Anders als Kirk und seine Begleiter trug sie bequeme, informelle Kleidung und im Gegensatz zum aktuellen Trend bei Sternenflottenuniformen hatte sie sich für eine makellos gebügelte schwarze Hose anstelle eines Rocks entschieden. Die Streifen am Ärmel ihres goldenen Oberteils wiesen sie als Captain aus. Eine einfache schwarze Reisetasche hing an einem Riemen über ihrer Schulter.
»Willkommen an Bord, Captain«, begrüßte Kirk sie. »Oder sollte ich sagen ›Willkommen zurück‹?«
»Ersteres wird genügen.« Sie sah sich im Hangar um. Vielleicht verglich sie diesen mit ihrer Erinnerung. Ihr neutraler Tonfall verriet kaum etwas von dem, was in ihrem Kopf vorging. »Aber ich weiß den Gedanken zu schätzen.«
Ihr umherwandernder Blick fiel auf Spock. »Mr. Spock. Jetzt fühle ich mich mehr zu Hause.« Ein leichtes Lächeln ließ ihre Züge weicher erscheinen. »Schön, zu sehen, dass die Enterprise immer noch einen äußerst fähigen Ersten Offizier hat.«
»Ich kann Ihnen nur nachfolgen«, antwortete er, »aber Sie nicht übertreffen.«
Die Frau, die man früher als »Nummer Eins« gekannt hatte, ging auf die anderen zu, während die Luke hinter ihr sich automatisch schloss. Kirk erkannte, dass sie der einzige Passagier war und die Shimizu selbst geflogen hatte.
»Schmeicheleien sind unnötig, Commander. Wir beide wissen, dass ich für derartige Lobeshymnen kaum empfänglich bin.«
»Ich hatte keine Schmeichelei beabsichtigt«, sagte Spock. »Ihre Leistungen auf der Enterprise und in der Folge sprechen für sich.«
»Und das ziemlich wortgewaltig«, fügte Kirk hinzu.
Das Lob des Captains war aufrichtig. Obwohl er ihren Gast kaum kannte und sie bisher nur im Vorübergehen bei diversen Konferenzen der Sternenflotte getroffen hatte, kannte er ihre beeindruckende Vorgeschichte sehr gut, die bis zu den frühesten Reisen des Raumschiffs Enterprise zurückreichte. Nachdem sie unter den Captains Robert April und Christopher Pike herausragende Leistungen erbracht hatte, hatte man ihr schließlich das Kommando über ein eigenes Schiff übertragen, die U.S.S. Yorktown . Diese wurde gerade nach einigen Jahren in den Tiefen des Alls generalüberholt. Man munkelte in der Sternenflotte, dass sie bald zum Commodore befördert und womöglich ins Sternenflottenkommando nach San Francisco versetzt werden würde. Kirk fragte sich, was sie von dieser Aussicht hielt, nachdem sie mindestens zwei Jahrzehnte über die Decks von Raumschiffen gewandelt war. Er selbst hatte keine Eile, zu einem Schreibtischjob befördert zu werden, wo es doch noch so viel in der Galaxis zu erforschen gab.
»Offenbar bin ich in der Unterzahl«, stellte sie trocken fest. »Ich denke also, ich habe keine andere Wahl, als Ihre Komplimente so anzunehmen, wie sie gemeint sind.«
»Eine höchst logische Schlussfolgerung«, sagte Kirk. »Kein Wunder, dass Sie und Spock so gut zusammengearbeitet haben.«
»Er war ein ausgezeichneter Wissenschaftsoffizier«, erinnerte sie sich, »obwohl er anfangs relativ jung und unerfahren war.«
Spock hob eine Augenbraue. »Beiden Makeln wurde im Verlauf unserer gemeinsamen Dienstzeit eindringlich Abhilfe geschaffen.«
»Das will ich doch hoffen«, entgegnete sie.
McCoy, der offensichtlich seinen Spaß daran hatte, kicherte im Hintergrund.
»Schwer, sich Spock als jungen Grünschnabeloffizier vorzustellen«, klinkte der Doktor sich in die Unterhaltung ein. »Nun, mal abgesehen von dem grünen Teil.« Er stieß Kirk mit seinem Ellenbogen an. »Wo sind deine Manieren, Jim? Stell mich der Lady vor.«
»Sie müssen mich nicht daran erinnern, Doktor. Ich wollte gerade dazu übergehen.« Er machte einen Schritt zur Seite und zeigte auf den ungeduldigen Arzt. »Mein leitender medizinischer Offizier, Doktor Leonard McCoy.« Er drehte sich zu ihrem Gast um. »Doktor, Captain Una von der U.S.S. Yorktown .«
Kirk wusste, das war nicht ihr richtiger Name, aber ihr illyrianischer Beiname war für Außenstehende so gut wie unmöglich auszusprechen, sodass sie den Namen »Una« spätestens zu ihrer Zeit an der Akademie angenommen hatte. Im illyrianischen System in einer unabhängigen Kolonie aufgewachsen, in der persönliche Bestleistungen mehr zählten als alles andere, war sie immer Klassenbeste gewesen, wenn es um Studien, Sport, Intelligenz und Leistungen ging. Somit war sie schon als »Nummer Eins« – oder »Una« – bekannt gewesen, noch bevor sie unter Pike in den Rang des Ersten Offiziers aufgestiegen war.
Читать дальше