Jun gehorchte, legte seine Hände auf meinen Hintern, massierte ihn durch die Jeans.
Ja, ich freundete mich mit dieser Sache verdammt schnell an.
Ich neigte Juns Kopf nach hinten, indem ich sanft an seinen Haaren zog. Schwer atmend sah er zu mir auf.
Scheiße.
Ich beugte mich vor, um ihn zu küssen, diese talentierte Zunge in meinem Mund zu erleben, seine kratzigen Stoppeln auf meiner glatten Haut zu spüren …
Mein Handy klingelte auf dem Couchtisch, durchbrach unerwünscht die nur von den zwischen uns flüsternden Atemzügen erfüllte Stille. Jun lehnte sich auf dem Sofa zurück. Er nahm die Hände von meinem Hinterteil und sah zu mir auf, nicht verärgert oder gereizt, sondern … als hätte er alle Zeit und Geduld der Welt.
„Merk dir, wo wir waren“, sagte ich, als ich von seinem Schoß kletterte, mein T-Shirt zurechtzupfte und zum Tisch stolperte. Ich hörte ihn leise lachen, während ich mir das Handy schnappte und den Anruf annahm. „Hallo?“
„Mr Grant?“
„Der bin ich.“
„Hier ist Joe Hernandez vom Sicherheitsdienst Island-Security.“
„Oh nein“, sagte ich seufzend.
„Leider doch.“
Ich warf über meine Schulter hinweg einen Blick auf Jun. „Das muss doch ein Scherz sein“, murmelte ich. „Welcher Sensor wurde diesmal ausgelöst?“
„Der im ersten Stock“, antwortete Joe. „Ich weiß, dass es spät ist. Ich kann einen Streifenwagen hinschicken, wenn es Ihnen lieber wäre.“
„Nein, nein“, antwortete ich und richtete mich auf. „Die Polizei hasst es, umsonst rauszukommen. Ich sehe es mir an.“
„Verstanden. Rufen Sie uns an, falls Sie weitere Unterstützung benötigen.“
Ich verabschiedete mich, legte auf und sah Jun an. „Hasst du mich, wenn ich dir sage, dass der Spaß noch etwas warten muss?“
Er stand auf. „Was ist passiert?“
„Einer der Bewegungsmelder im Smith-Haus wurde ausgelöst.“
„ES BESTEHT wirklich kein Grund zur Sorge“, versicherte ich Jun zum ungefähr hundertsten Mal, als ich das Tor des Grundstücks aufschloss.
Jun hatte darauf bestanden, mich zu begleiten – vermutlich weil die Sache für ihn verdächtig oder gefährlich klang. Tatsächlich spielten der Sicherheitsdienst und ich dieses Spielchen schon seit langer Zeit. Kurz nachdem ich Verwalter des Hauses geworden war, hatte ich die alten Bewegungsmelder entfernen lassen, da sie ständig falschen Alarm ausgelöst hatten und die Firma Island-Security übernehmen lassen. Und siehe da – ihre Anlagen hatten dieselben Probleme. Die Sensoren meldeten in unregelmäßigen Abständen Bewegungen im Haus. Manchmal blieb monatelang alles ruhig, dann wieder gab es jede Woche einen Alarm. Einmal, im letzten Oktober, war es dreimal in einer Nacht passiert. Das war verdammt lästig gewesen.
Die Polizei war bei jedem Alarm gerufen worden, was dazu geführt hatte, dass es auf der Insel zu einem Running Gag geworden war. Jeder wusste, dass es sich um falschen Alarm handelte. Als ich die Verwaltung übernommen hatte, hatte ich auch die Verantwortung dafür übernommen, zu jeder Tages- und Nachtzeit dafür zu sorgen, dass das Anwesen sicher war. Seit sich herausgestellt hatte, dass die neuen Systeme so fehleranfällig waren wie die alten, hatte ich es bereits einige Male bereut, so sehr auf dieser Pflicht bestanden zu haben.
Aber hey, so war das Leben eben. Man musste es leichtnehmen.
Eine Sache, auf die ich jedoch gern verzichtet hätte, waren die Gerüchte, die sich dadurch verbreiteten. Bei jedem technischen Schluckauf wedelten die Conchs – die Einheimischen der Inseln – mit dem Zeigefinger und sagten: „Siehst du, ich habe ja gesagt, dass es da spukt!“
Das tat es nicht. Vielleicht gab es Probleme mit den elektrischen Leitungen. Oder …
Ich betrat die Veranda, fischte meinen Schlüssel aus der Tasche und öffnete die äußere Tür. „Das passiert dauernd.“
„Für solche Dinge ist die Polizei zuständig, Aubrey“, sagte Jun nachdrücklich.
„Ich weiß, aber hier unten läuft es anders.“ Ich richtete mich auf und sah mit einem Lächeln zu ihm hoch. „Entspann dich.“
Er runzelte die Stirn.
Ich stieß die schwere Tür auf und betrat das stockdunkle Haus. Nachdem ich die kleine Schreibtischlampe neben der Tür eingeschaltet hatte, tippte ich meinen Code in den Ziffernblock der Alarmanlage ein, um sie zum Schweigen zu bringen.
Ich musste zugeben, dass das Smith-Haus bei Nacht … anders war. Obwohl sich die Duval ganz in der Nähe befand, wo Bands spielten und laute Betrunkene die Bars bevölkerten, war es im Innern des Hauses, als könne nichts davon die Wände durchdringen. Ein bisschen unheimlich – nur ein klitzekleines bisschen. Aber verratet niemandem, dass ich das gesagt habe.
„Und nun?“, fragte Jun.
„Ich gehe durchs Haus, um zu bestätigen, dass alles in Ordnung ist und fahre wieder nach Hause.“
„Aubrey“, sagte Jun erneut in seinem Nicht-glücklich-Tonfall. „Ich will nicht, dass du das auch weiterhin allein tust. Es ist Nacht und hier gibt es wertvolle Gegenstände. Was passiert, wenn tatsächlich mal jemand einbricht und du nicht mit Gefahr rechnest?“
„Jun …“
„Ich meine es ernst.“ Obwohl sich sein Gesicht halb im Schatten befand, erkannte ich, dass er mich mit seinem verärgerten Polizistenblick bedachte – etwas, das ich seit New York nicht mehr gesehen hatte. Und es gefiel mir nicht, derjenige zu sein, auf den er gerichtet war.
„Du weißt aber schon, dass ich kein hilfloser kleiner Waschlappen bin?“ Ich näherte mich der Treppe und begann hinaufzugehen.
„Das habe ich auch nie gesagt.“
Ich wedelte stöhnend mit den Händen. „Ich sage dir doch auch nicht, wie du deine Arbeit machen sollst, oder?“
„Das ist nicht dasselbe. Hier geht es um deine persönliche Sicherheit.“
„Dann kaufe ich mir eben Pfefferspray“, sagte ich halbherzig, um ihn hoffentlich dazu zu bringen, das Thema zu beenden.
„Aubrey“, wiederholte er.
„Oh, Mann, Jun. Jetzt beruhig dich mal, okay?“, sagte ich und drehte mich auf der Treppe zu ihm um. „Es ist okay. Alles ist okay. Warte einfach kurz hier und lass mich meine Arbeit machen, damit wir nach Hause fahren können.“ Ich widerstand meiner schlechten Angewohnheit, die Augen zu rollen und legte den Rest des Weges zum ersten Stock zurück.
Da ich das Haus in- und auswendig kannte, machte ich mir meistens nicht die Mühe, Lichter einzuschalten, bis ich im zweiten Stock angekommen war und mich dann nach unten vorarbeitete. Juns Paranoia reichte nicht aus, um mich von dem zur Routine gewordenen Ablauf, dem ich bei jedem falschen Alarm folgte, abzubringen. Es bestand nicht der geringste Grund zu der Annahme, dass sich irgendwo im Dunkeln ein psychopathischer Einbrecher/Mörder/Gangsterboss aufhielt – oder was Jun dort sonst vermutete.
Bisher war ich abgesehen von „Skellis weltberühmtem Verschwindezaubertrick“ niemals auf etwas Beunruhigendes gestoßen und rechnete nicht damit, es jemals wieder zu tun. Aber erinnert ihr euch, was die Leute über mich sagten?
„Mr Aubrey Grant, was leben Sie nur für ein seltsames Leben.“
Und ob ich das tat.
Ich stolperte über etwas, das mitten im Flur der ersten Etage lag, fiel der Länge nach hin und landete auf der anderen Seite des Objekts. Bei der langen Reihe von Flüchen, die ich daraufhin ausstieß, drehte sich meine Großmutter vermutlich mehrere Male im Grabe um.
„Was war das?“, rief Jun im Erdgeschoss. „Aubrey?“
„Alles okay“, antwortete ich. „Bin nur gestolpert.“
Als es mir gelungen war, mein Handy aus meiner Gesäßtasche zu zerren und die Taschenlampenfunktion einzuschalten, wurde mir klar, dass ich mich an Leichen gewöhnen und sie der Liste mit merkwürdigen und ungewöhnlichen Dingen in meinem Leben hinzufügen musste.
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