Joumana Seif · Wijdan Nassif
Stimmen gegen das Schweigen
Übersetzt aus dem Arabischen von Leslie Tramontini und Kerstin Wilsch
Originalausgabe
© 2020 Hirnkost KG, Lahnstraße 25, 12055 Berlin
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1. Auflage November 2020
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Übersetzung aus dem Arabischen:
Leslie Tramontini und Kerstin Wilsch
Layout: Conny Agel
Lektorat: Klaus Farin
ISBN:
PRINT: 978-3-948675-62-2
PDF: 978-3-948675-64-6
EPUB: 978-3-948675-63-9
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All den eingekerkerten Frauen und Männern, die noch immer in den Folterkellern des syrischen Regimes und den Folterkellern der Diktatoren und Unterdrücker überall auf der Welt ausharren.
All den mutigen Frauen und Männern, die für diesen Bericht Zeugnis ablegten.
Unserem Freund Akram al-Safadi, der einige Zeit nach seiner Zeugenaussage starb.
All den aus den Gefängnissen der Unterdrückung und Ungerechtigkeit entkommenen Frauen und Männern – und vor allem jenen Frauen, die wegen der Unterdrückung durch die Machthaber und die Gesellschaft geschwiegen haben und noch immer auf eine Gelegenheit warten, zu sprechen und ihre Stimme zu erheben,
ist dieses Buch gewidmet.
Joumana Seif und Wijdan Nassif
Katrin Langensiepen: Nur ein Wimpernschlag. Geleitwort Nur ein Wimpernschlag. Geleitwort Gerade jetzt, zu einer Zeit, in der die Lage in Syrien kaum aussichtsloser erscheinen kann und der Blick nach vorne schwerer fällt denn je und die Hoffnung auf Frieden, Versöhnung und Gerechtigkeit ins Farblose kippt, bleibt es umso wichtiger, die Stimmen und Erinnerungen derjenigen festzuhalten, die das Undenkbare, das Unsagbare durchlebt haben, um die schwarz und blutrot funkelnden Mosaiksteine zu dem hinzuzufügen, was rückblickend gemeinsame Vergangenheit sein wird. Dieser Vergangenheit der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit werden sich alle Syrer*innen und die internationale Gemeinschaft fortwährend stellen müssen, denn sie wird Schatten werfen auf das, was Zukunft für dieses Land und die Region sein kann. Und wie so oft wird Zukunft über das eigene Wohlbefinden hinaus, sei es für die Familie oder ein Land, von denen gemacht, die oftmals an den Rand und in den Schatten gedrängt werden: den Frauen. Umso wichtiger ist es, ihren Stimmen Gehör zu verschaffen und Unrecht als solches zu benennen, dieses zu dokumentieren und mit aller Vehemenz für Gerechtigkeit und Wiedergutmachung zu streiten. Auch wenn dies bedeutet, Vergangenes erneut zu durchleben, und die Gefahr bestehen bleibt, innerlich (erneut) zu zerbrechen, bleibt am Ende die zeitlebens bestehende und weithin sichtbare Anklage gegen ein Regime, das alle Scham gegenüber jeglichen Gräueltaten verloren hat, diese wohl nie besessen hat. Die unglaubliche Stärke aus dem hier Dokumentierten soll Mut geben für diejenigen, die verzweifeln, Kraft für die, die laut aussprechen, und Durchhaltevermögen für die, die erste Schritte auf dem Weg zur Gerechtigkeit gehen. Strafprozesse wie der in Koblenz und andere Verfahren auf der Basis universeller Gerichtsbarkeit werden hier den Weg weisen, konsequent aufarbeiten und Täter zur Rechenschaft ziehen, auch dann, wenn ihre Taten schon lange zurückliegen. Und somit bleibt es zu hoffen, dass die Stimmen und Erinnerungen mahnend über die Zeit getragen werden und die Zeit der Folter, des Krieges, der Unterdrückung und der Erniedrigungen zusammenschrumpft auf einen geschichtlichen Wimpernschlag, der so viel mehr Raum für anderes, für mehr Gutes lässt – ohne jemals die Stimmen der zunächst Ungehörten und die Geschichten der zunächst Unsichtbaren zu vergessen. Katrin Langensiepen ist Abgeordnete des Europäischen Parlaments für Die Grünen .
Anwar al-Bunni: Vorwort Vorwort Ist es zu hart, Sie als Leser*innen mit dieser massiven Gewalt zu konfrontieren, wie sie in den folgenden Seiten sichtbar wird; ist es fair Ihnen gegenüber? Vielleicht nicht, aber lassen Sie uns doch etwas mehr über die Frauen nachdenken, die über Jahre hinweg diese ganze Gewalt erlebt haben; lassen Sie uns nachdenken über diese wunderbaren Syrerinnen, die uns hier mit so viel Stärke und Mut berichten, was sie erfahren und erleiden mussten. Diese Frauen waren vor der Verhaftung mit der Gewalt des Regimes und der Gesellschaft konfrontiert, während der Inhaftierung mit endlosen Gewaltexzessen des Regimes und nach ihrer Freilassung wieder mit der Gewalt von sowohl Regime als auch Gesellschaft. Wie viel Kraft müssen sie haben, um all dies zu überstehen und nun mit ihren Erzählungen ans Licht zu bringen, was inhaftierte Frauen bis zum jetzigen Zeitpunkt in syrischen Haftanstalten erdulden müssen, und ihre Stimmen und ihre Schreie hörbar zu machen. Wir haben ihre Schreie vernommen und werden sie weiter hören, denn in diesem Buch hallt ihr Echo wider: Die Schreie dieser Frauen, die auf Freiheit und Rettung hoffen, dringen durch die Wände der Gefängnisse und Gefängniszellen. Mit diesem Bericht gedenken wir nicht nur dieser Frauen, sondern aller Häftlinge, die in Syrien immer noch den abscheulichsten Arten von körperlicher, sexueller und psychischer Gewalt ausgesetzt sind und sogar dem Tod. Wir wollen zum Nachdenken darüber anregen, wie wir dem syrischen Volk beistehen können, den Männern, Frauen und Kindern, die auf Rettung hoffen, auf Freiheit und Erlösung von all dieser Gewalt, Unterdrückung und Willkür. Die Täter müssen verfolgt und vor Gericht gestellt werden, damit sie ihrer gerechten Strafe nicht entkommen. Das ist eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür, zu verhindern, dass sich derartige Verbrechen wiederholen. Den überlebenden Frauen muss Gerechtigkeit widerfahren. Nur so können sie seelisch und körperlich heilen, die Achtung der Gesellschaft zurückgewinnen und vollständige Rettung erfahren, indem sie auch von der Gewalt der sie umgebenden Gesellschaft befreit werden.
Einleitung
Methodik des Berichts
Historischer Hintergrund
TEIL 1: Politische Haft
Verhaftungsmethoden und Haftdauer
Mehrfaches Leid
Frauen als Geiseln und Mittel der Rache
Besondere Bedürfnisse von Frauen im Gefängnis
Diskriminierung und Sonderbehandlung
TEIL 2: Folter
Folter in den syrischen Geheimdienstgefängnissen
„Woher nimmt er das Recht, mich zu foltern?“
Sexuelle Gewalt
„30 Jahre versuche ich schon, dies alles zu vergessen.“
Psychische Gewalt
Androhung von Vergewaltigung
Stigmatisierung
Androhung von Rufmord
Verletzung der physischen und psychischen Intimsphäre
TEIL 3: Die Entlassung aus dem Gefängnis
Fortgesetzte Schikanen durch die Geheimdienste
Angst vor erneuter Inhaftierung
Sozialer Druck und Isolierung
Die bittere Frage
Die Familie: Gefängnis oder Rückhalt?
Schuldgefühle
Psychische Folgen der Haft bei den Frauen
Wir machen weiter – trotz alledem!
Schlussbemerkung
Anmerkungen
Die Autor*innen
Katrin Langensiepen
Nur ein Wimpernschlag. Geleitwort
Gerade jetzt, zu einer Zeit, in der die Lage in Syrien kaum aussichtsloser erscheinen kann und der Blick nach vorne schwerer fällt denn je und die Hoffnung auf Frieden, Versöhnung und Gerechtigkeit ins Farblose kippt, bleibt es umso wichtiger, die Stimmen und Erinnerungen derjenigen festzuhalten, die das Undenkbare, das Unsagbare durchlebt haben, um die schwarz und blutrot funkelnden Mosaiksteine zu dem hinzuzufügen, was rückblickend gemeinsame Vergangenheit sein wird.
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