Ich wünsche dir und bete, dass auch du den Himmel im Blick behältst. Dort wartet ewiges Leben voller Herrlichkeit und ohne Leid und Schmerzen auf dich. Daran darfst du, daran darf ich festhalten.
Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben bewahrt; fortan liegt mir bereit der Siegeskranz der Gerechtigkeit, den der Herr, der gerechte Richter, mir als Belohnung geben wird an jenem Tag; nicht allein aber mir, sondern auch allen, die sein Erscheinen lieb gewonnen haben.
2. Timotheus 4,7-8
Herr, himmlischer Vater, gerechter Richter,
ich danke dir, dass ich die Herrlichkeit des Himmels in
deinem Wort sehen darf.
Ich bekenne, dass ich mich so oft von irdischen Dingen ablenken lasse und dabei das Ziel aus dem Blick verliere. Deshalb bete ich, dass du mir immer wieder neu aufzeigst, welchen Schatz du im Himmel für mich bereithältst.
Ich bete, dass dieses Ausstrecken nach dem Himmel und die Sehnsucht danach auch in meinem Leben mehr und mehr Realität werden können.
Ich bete, dass ich mit allen, die dich liebe, den Lauf vollenden kann und den Glauben bewahre, damit du mir den Siegeskranz überreichen kannst. Vater, lenke meinen Blick auf den Himmel.
Amen.
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3. ETAPPE:
Ein Helfer in der Hoffnungslosigkeit
Nun schwiegen sie beide und ich sah sie in meinem Traum auf einen Sumpf zugehen. Der lag mitten auf dem Weg, und da sie nicht darauf geachtet hatten, fielen sie beide hinein. Der Name des Sumpfes war Hoffnungslosigkeit. Sie waren schon eine Weile darin herumgewatet, als Christian anfing, wegen der Last auf seinem Rücken im Schlamm zu versinken.
»Wo sind wir nur hingeraten, Nachbar Christian?!«, rief Gefügig.
»Ich weiß es auch nicht«, erwiderte Christian.
Gefügig war empört. Zornig schrie er seinen Begleiter an: »Ist dies etwa die Glückseligkeit, von der du gesprochen hast? Wenn es schon am Anfang so schlimm ist – was haben wir dann am Ende unserer Reise zu erwarten? Ich muss jetzt sehen, wie ich mit dem Leben davonkomme. Geh du meinetwegen allein in dein herrliches Land!« Mit diesen Worten setzte er alles daran, aus dem Morast herauszukommen. Es gelang ihm auch. Er machte sich eilig davon und wurde von Christian nie mehr gesehen.
Christian, nun sich selbst überlassen, taumelte im Sumpf der Hoffnungslosigkeit hin und her. Er versuchte sich zu der Seite des Sumpfes hin durchzuarbeiten, die näher am Licht und der engen Pforte lag. Es gelang ihm auch, die Richtung zu halten, aber wegen der Last auf seinem Rücken schaffte er es nicht, allein herauszukommen. Da sah ich in meinem Traum, wie ein Mann namens Helfer zu ihm kam und ihn fragte, was er da mache.
»Oh Herr«, sagte Christian, »ein Mann namens Evangelist hat mir diesen Weg gewiesen, ich sollte auf jene Pforte dort zugehen, um dem zukünftigen Zorn zu entfliehen, und auf dem Weg bin ich nun in diesen Sumpf geraten.«
»Aber warum hast du nicht auf die Fußstapfen achtgegeben?«, fragte Helfer.
»Ich fürchtete mich so sehr, dass ich den erstbesten Weg nahm, und so kam ich in diesen Sumpf.«
»Nun, gib mir deine Hand.« Christian streckte seine Hand aus, Helfer nahm sie und zog ihn aus dem Schmutz und Schlamm, stellte ihn auf festen Grund und ließ ihn seinen Weg weitergehen.
Ich trat nun zu dem, der ihn herausgezogen hatte, und fragte ihn: »Herr, weshalb wird wohl dieser Sumpf, der mitten auf dem Weg zwischen der Stadt Verderben und jener Pforte liegt, nicht ausgetrocknet, damit die armen Reisenden mit größerer Sicherheit an ihr Ziel kommen?«
»Das geht nicht«, antwortete er, »denn dies ist der Sumpf, in dem der Abschaum und der Abfall abfließen, die sich immer dann bemerkbar machen, wenn es zur Erkenntnis der Sünde kommt. Deshalb heißt der Sumpf auch Hoffnungslosigkeit. Denn sobald der Sünder seinen verlorenen Zustand erkennt, regen sich in seiner Seele Furcht, Zweifel und bange Sorge. Diese alle lagern sich hier ab und daher kommt es zu diesem Sumpf. Es ist nicht des Königs Wille«, fuhr Helfer fort, »dass dieser Ort so bleibt, wie er ist. Unter Anleitung königlicher Beamter mühen sich schon seit Jahrhunderten die Arbeiter, dieses Stück Land trockenzulegen. Millionen Wagenladungen heilsamer Belehrungen hat der Boden schon verschlungen, die zu allen Jahreszeiten von allen Gegenden des Reiches herbeigeschafft worden sind. Und die Sachverständigen behaupten, es gäbe nichts Besseres, um den Morast in guten Boden umzuwandeln. Aber es hat alles nichts genutzt. Der Gesetzgeber hat zwar dafür Sorge getragen, dass gute und sichere Fußstapfen mitten durch den Sumpf gelegt wurden, aber zu Zeiten, wenn hier der Abfall gärt, was bei eintretender Witterungsveränderung passiert, übersieht man leicht diese Spuren; und selbst wenn sie wahrgenommen werden, so treten die Leute doch leicht daneben wegen des Schwindels, der sie hier erfasst, und so werden sie dann vom Schlamm beschmutzt. Aber sobald man die kleine Pforte hinter sich gelassen hat, ist der Boden gut.«
Die Pilgerreise, Seiten 19-21
Gerade eben noch hat Christian begeistert und hoffnungsvoll von der herrlichen Zukunft geschwärmt, die auf die Pilger wartet, und Gefügig hat voller Tatendrang zur Eile aufgerufen, schneller dem großartigen Ziel entgegenzugehen. Und jetzt das. Nur wenige Augenblicke später erwartet die beiden eine erste, große Glaubensprobe: der Sumpf der Hoffnungslosigkeit. Damit hatten sie beide nicht gerechnet.
Ihre Reaktion auf diese Glaubensherausforderung offenbart ihren wahren Charakter, zeigt, wie es um ihren Glauben wirklich steht. Gefügig ist nicht bereit, eine Reise, die gleich mit solchen Schwierigkeiten beginnt, fortzuführen – ganz egal, was die langfristige Zukunft bereithält. Er macht direkt auf dem Absatz kehrt, watet aus dem Morast heraus und verschwindet auf Nimmerwiedersehen. Jesus vergleicht Menschen, die ein solches Herz haben, mit einem steinigen Boden: Sie nehmen das Wort anfangs voller Freude auf, aber es bilden sich keine tiefen Wurzeln. Mit der ersten Herausforderung verdorrt der Glaube wieder (Matthäus 13,5-6.20-21).
Christian jedoch gibt nicht auf. Es kommt für ihn überhaupt nicht infrage, in die Stadt Verderben zurückzukehren. Er hat seine Hand, wie Jesus es in einem Bild beschreibt, an den Pflug gelegt und sieht nicht mehr zurück (Lukas 9,62). Stück für Stück arbeitet er sich in Richtung Licht und Pforte vor und versucht mit aller Kraft, aus dem Sumpf herauszukommen. Doch die Last auf seinem Rücken macht jeden seiner Schritte schwer und es gelingt ihm nicht. Christian ist auf die Hilfe eines anderen angewiesen. Und dieser kommt gerade noch rechtzeitig: Helfer zieht ihn aus Schlick und Schlamm heraus und stellt seine Füße wieder auf sicheren Boden.
Der Sumpf der Hoffnungslosigkeit, den Bunyan uns hier so eindrücklich vor Augen malt, ist ein Bild für die Furcht, die Menschen überkommen kann, wenn sie von der Erkenntnis ihrer eigenen Schuld überwältigt werden. Schon zu Beginn kann der Blick auf sich selbst einen vom Glaubensweg ablenken. Plötzlich macht sich ein Gefühl von Unwürdigkeit und Verzweiflung breit. Man begreift die große Kluft, die zwischen der Heiligkeit Gottes und der eigenen Sündhaftigkeit existiert, und meint, diese Kluft irgendwie aus eigener Kraft heraus überwinden zu müssen. Aber alles Ringen und Rackern lässt einen nur weiter im Sumpf versinken.
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