Und dann war nach ein paar Augenblicken die ganze Halbkugel rot - wie ein Feuermeer.
Und der Jubel rauschte nur so durch die dicke Luft.
Die Goldkäfer umschwirrten nun die Köpfe der Roten - wie sie vorhin die der Grünen, die nicht mehr da waren, umschwirrt hatten.
Und wie Goldstaub funkelten die Goldkäfer in dem roten Feuermeer. Die Seligkeit ward zur Raserei.
Und alle flogen jetzt auf den Bleikrater zu, so daß es aussah, als wenn ein kuppelförmiges rotes Pilztier seinen Krinolinenleib aufzöge und zu einer dicken Kugelmasse würde.
Und diese rotglühende Kugelmasse, zu der aus allen Kratern immer mehr Mondleute kamen, fing an sich zu drehen.
Und dann umkreiste diese rote Masse den Bleikrater siebenmal - langsam und feierlich.
Und Knéppara schwebte oben hoch überm Bleikrater, der jetzt gar nicht zu sehen war, mit Mafi, Zikáll und den Rasibéffs in der Mitte.
Und alle schrien und lärmten.
Und dann ward es ganz still.
Und dann schlugen sich alle auf den Ballonbauch - daß das Gedröhne so furchtbar wurde - wie ein einziger anhaltender Donnerton.
Und es durchdröhnte die Luft dieser einzige gewaltige Paukendonnerton sieben Stunden lang.
Danach wards abermals still.
Und dann löste sich die rote Masse auf - und die kleinen Mondmänner sprühten wie die Funken eines großen Feuers umher - die einen flogen zu den Sternen empor - die andern hinunter in die Krater.
Und die Freude war groß.
Die Freude rüttelte alles auf und wirbelte dann alles durcheinander.
Und nun ward die große Revolution auf dem Monde mit einem Schlage zum Ereignis; die hundert Ratsherren beschlossen, den Führern der Fabrikgrotten unumschränkte Machtbefugnisse über sämtliche Mondvölker zu verleihen.
Und die Führer der Fabrikgrotten geboten - alle Tätigkeit an den verschiedenen Kraterteleskopen, in den Museen und Bibliotheken - sofort einzustellen.
Und die große Bohrtätigkeit begann.
Da viele Maschinen in der Nähe der Todesgrotten angeschraubt wurden, so mußten diese durch schalldämpfende Portieren aus Moosfaserstoffen an allen Seiten abgeschlossen werden; es wurden nach den Aufregungen der letzten Zeit sehr viele Mondleute müde; doch mit diesem Umstande war gerechnet worden.
Über hundert Jahre nahm nun die große Bohrtätigkeit sämtliche Mondmänner ganz und gar in Anspruch.
Es war nur Maschinenarbeit - doch die Maschinen mußten hergestellt, transportiert und bedient werden; die Stützvorrichtungen und Berechnungen nahmen auch viele Hände und Köpfe in Anspruch.
Aber schließlich ward es Licht.
Und man gelangte in eine große große Glasgrotte, durch deren bunte farbenglühende Nischen und Wände das Sonnenlicht drang- wie ein stilles Abendlied am Flötenkrater.
Nach weiteren hundert Jahren hatte man eine ganze Anzahl weiterer Glasgrotten kennengelernt.
Des Staunens und Bewunderns war kein Ende - denn jede Grotte hatte ein neues komplizierteres Farbenwunder gezeigt.
Und je weiter man vordrang- um so heller und strahlender wurden die Grotten.
Und die Luft ließ nichts zu wünschen übrig.
Die unausgesetzte Arbeit spannte die Mondvölker derartig ab, daß sie sich, als dreihundert Jahre nach der Revolution verflossen waren, ganz gleichgültig allen ferneren Ereignissen gegenüber verhielten.
Selbst die wundervollen bunten Licht-, Glanz-, Brand- und Farbeneffekte der immer wieder neu wirkenden Glasgrotten vermochten eine bemerkenswerte Erregung nicht mehr hervorzurufen.
Die Leiter der Fabrikgrotten verfolgten mit zäher Unerbittlichkeit ihre Ziele.
Und als nun die müden Arbeiter endlich nach vierhundert Jahren die große natürliche Linse, von der Zikáll so viel geredet hatte, erblickten - da ging bloß noch ein langer Seufzer durch das Innere des Mondes.
Und die Hälfte der Arbeiter schwebte traurig zu den Todesgrotten, um durch eine neue Wiedergeburt wieder lebensfähig zu werden.
Zikáll hatte also recht gehabt - die große Naturlinse, die einen Durchmesser von mehreren Meilen besaß, war in der Mitte der gläsernen Mondseite entdeckt worden.
Aber es kam noch mehr.
Bald entdeckte man auch in anderen Grotten, die an der Oberfläche lagen, große Glaslinsen, die sich ebenfalls für Riesenteleskope eigneten.
Und da beschlossen denn die hundert Ratsherren, deren Zahl immer wieder, wenn einzelne müde geworden waren, aus den Führern ergänzt wurde, auch diese kleinen Naturlinsen zu Teleskopzwecken zu verwerten.
Die Grotte mit der großen Mittellinse war im Innern eine Rubingrotte und bestand aus lauter kolossalen roten Brillanten, die schreckliche Brandglut ausströmten, so daß man bei Tageslicht nicht lange dort sein konnte.
Überhaupt: sämtliche Grotten, die an der Oberfläche lagen, zeigten sehr viele Brillanten und Edelsteine in unsäglich vielen neuen Farben und Kristallformationen, so daß es eine große Freude war, in diesen Brillanten-Grotten zu weilen.
In den Glaslinsen zeigte sich glücklicher- und seltsamerweise kein einziger Brillant - während doch das Innere der Glasgrotten so viele aufwies; die Linsen waren sämtlich wasserklar und auch von Meteoren nicht beschädigt.
Die natürlichen Glassäulen und die herrlichen Nischen, Galerien und Schluchten aus Glasgebilden und edelsten Steinen wirkten allmählich durch all den blitzenden, funkelnden und brennenden Reichtum der immer wieder neuen Formen- und Farbenkompositionen - wiederbelebend auf die ermüdeten Mondvölker - wie frischer Blütenduft wirkte das neue Grottenreich.
Und dann wurden die Teleskope zusammengebaut- sowohl das mittlere große - wie auch zwölf seitwärts stehende kleinere, die allerdings recht beträchtliche Dimensionen durchquerten - und zum großen Rohr in demselben Verhältnisse standen - wie in einem aufgespannten Regenschirm die spannenden Querstangen zum Stock.
Die Zwischenlinsen, die geschliffen werden mußten, machten die meiste Arbeit - mancher Mondmannsmund lernte das Seufzen dabei.
Jedes der dreizehn Rohre führte zunächst in den Ausgangspunkt der Bohrarbeiten, den man früher für den Mittelpunkt des Mondes gehalten hatte. Und von diesem Punkte aus ging das mittlere Riesenrohr stockgrade nach der Mondseite, die der Erde zugewandt ist - bis in den Bleikrater, der das Zentrum der bewohnten Halbkugeloberfläche bildet.
Man denke sich einen Regenschirm aufgespannt - und die Vorstellung wird komplett sein; nur vergesse man nicht, daß das Schirmtuch der Glasseite entspricht.
Diese riesenhaften Teleskope sollten so eingerichtet werden, daß Beobachtungen und photographische Aufnahmen an verschiedenen Stellen des großen Rohres möglich wurden; vom Bleikrater bis zu den Todesgrotten schuf man sieben undzwanzig Rohrstationen mit kompliziertesten Apparaten.
Auch ganz neue Apparate zur Beobachtung der Licht- und Wärmespektren wurden in den Fabrikgrotten hergestellt.
Das Gehämmer und Geklopfe ward vonJahrzuJahr stärker.
Die Metalle klangen oft melodisch zusammen - doch nur selten.
Vom Bleikrater bis zur großen Linse warens gute tausend Meilen.
Die ungeheure Arbeit wirkte nach und nach ganz eigenartig auf die Gemütsverfassung der armen Mondmänner ein; die waren an eine derartig ununterbrochene Handtätigkeit gar nicht gewöhnt - es bildete sich viel Horn in den Handflächen.
Die Krater, in denen früher so regelmäßig Beobachtungen des Himmels und der Erde stattgefunden hatten, standen nun schon jahrhundertelang in stiller Einsamkeit da.
Niemand fand die Zeit, die alten Räume, an die sich so viele Erinnerungen knüpften, wieder mal aufzusuchen.
Und am Himmel und auf der Erde konnten die kolossalsten Wunder geschehen - die Mondleute bemerkten davon nichts.
Selbstverständlich hatte man die alten zurückgesetzten Apparate so sorgsam umwickelt und eingepackt, daß sie Schaden nicht leiden konnten.
Читать дальше