Wenden wir uns jetzt zu der anderen Form von Beweisen: Sir J. Lubbock hat nachgewiesen, daß einige Wilde neuerdings in einigen ihrer einfacheren Kunstfertigkeiten fortgeschritten sind. Nach dem äußerst merkwürdigen Berichte, welchen er von den Waffen, Werkzeugen und Künsten giebt, welche von Wilden in verschiedenen Theilen der Welt gebraucht oder geübt werden, läßt sich nicht daran zweifeln, daß dies fast alles unabhängige Entdeckungen gewesen sind, vielleicht mit Ausnahme der Kunst, Feuer zu machen. 320Der australische Bumerang ist ein gutes Beispiel einer solchen unabhängigen Entdeckung. Als man zuerst die Bewohner von Tahiti besuchte, waren sie in vielen Beziehungen gegen die Einwohner der meisten anderen polynesischen Inseln vorgeschritten. Für die Annahme, daß die hohe Cultur der eingeborenen Peruaner und Mexikaner aus irgend einer fremden Quelle geflossen sei, lassen sich keine triftigen Gründe anführen; 321viele eingeborene Pflanzen wurden dort cultiviert und einige wenige eingeborene Thiere domesticiert. Wir müssen im Auge behalten, daß eine wandernde Bootsmannschaft aus irgend einem halb civilisierten Lande, wenn sie an die Küsten von Amerika angetrieben worden wäre, nach dem geringen Einflüsse der meisten Missionäre zu urtheilen, keine ausgesprochene Wirkung auf die Eingeborenen geäußert haben würde, wenn diese nicht bereits in einem gewissen Grade fortgeschritten gewesen wären. Werfen wir unsern Blick auf eine äußerst entfernt zurückliegende Zeit in der Geschichte der Welt, so finden wir, um Sir J. Lubbock's bekannte Ausdrücke zu gebrauchen, eine palaeolithische und eine neolithische Periode: und Niemand wird behaupten, daß die Kunst, rohe Feuersteinwerkzeuge zu polieren, eine erborgte gewesen sei. In allen Theilen von Europa, und zwar im Osten bis nach Griechenland, dann in Palästina, Indien, Japan, Neu-Seeland und Afrika, mit Einschluß Egyptens, sind Feuersteinwerkzeuge in großer Menge entdeckt worden, und von ihrem Gebrauche hat sich bei den jetzigen Einwohnern auch nicht einmal eine Tradition erhalten. Wir haben auch indirecte Belege dafür, daß solche Werkzeuge früher von den Chinesen und alten Juden gebraucht wurden. Es besteht daher wohl kaum ein Zweifel darüber, daß die Bewohner dieser zahlreichen Länder, welche nahezu die ganze civilisierte Welt umfassen, einstmals in einem barbarischen Zustande sich befanden. Zu glauben, daß der Mensch vom Ursprung an civilisiert gewesen und dann in so vielen Gegenden einer Entartung unterlegen sei, hieße eine sehr erbärmliche Ansicht von der menschlichen Natur hegen. Allem Anscheine nach ist es eine richtigere und wohlthuendere Ansicht, daß Fortschritt viel allgemeiner gewesen ist als Rückschritt, daß der Mensch, wenn auch mit langsamen und unterbrochenen Schritten, sich von einem niedrigeren Zustande zu dem höchsten jetzt in Kenntnissen, Moral und Religion von ihm erlangten erhoben hat.
Fußnote
293Fraser's Magazine. Sept. 1868, p. 353. Es scheint dieser Aufsatz viele Personen sehr frappiert zu haben; auch hat er zwei merkwürdige Abhandlungen hervorgerufen, ebenso eine Entgegnung in The Spectator, 3. Oct. und 17. Oct. 1868. Ebenso hat er Erörterungen veranlaßt im Quart. Journal of Science, 1869, p. 152, dann von Mr. Lawson Tait in: The Dublin Quart. Journ. Off Medical Science, Febr. 1869, und von E. Ray Lankester in seiner: Comparative Longevity. 1870, p. 128. Ähnliche Ansichten wurden früher schon geäußert in »Australasian« 12. Juli, 1867. Von mehreren dieser Schriftsteller habe ich Ideen entlehnt.
294Wallace, in der Anthropolog. Review, am früher angeführten Orte; Galton, in Macmillan's Magazine, Aug. 1865, p. 318. s. auch sein größeres Werk »Hereditary Genius«. 1870.
295Prof. H. Fick giebt (Einfluß der Naturwissenschaft auf das Recht, Juni 1872) mehrere gute Bemerkungen hierüber und über andere derartige Punkte.
296Hereditary Genius, 1870, p. 132-140.
297Quatrefages, Revue des Cours scientifiques, 1867-1868, p. 659.
298s. die fünfte und sechste nach guten Quellen zusammengestellte Columne der Tabelle in E. Ray Lankester's Comparative Longevity. 1870, p. 115.
299Hereditary Genius. 1870, p. 330.
300Entstehung der Arten. 7. Aufl. p. 111.
301Hereditary Genius. 1870, p. 347.
302E. Ray Lankester, Comparative Longevity. 1870, p. 115. Die Tabelle der Unmäßigkeit ist aus Nelson's Vital Statistics. In Bezug auf Ausschweifungen s. Dr. Farr, Influence of Marriage on Mortality: Nat. Assoc. for the Promotion of Social Science. 1858.
303Fraser's Magazine, Sept. 1868, p. 353. Macmillan's Magazine, Aug. 1865, p. 318. F. W. Farrar (Fraser's Magaz., Aug. 1870, p. 264) ist verschiedener Ansicht.
304On the laws of the Fertility of Women, in: Transact. Roy. Soc Edinburgh. Vol. XXIV, p. 287, dann auch apart erschienen unter dem Titel: »Fecundity, Fertility and Sterility«, 1871. s. auch Galton, Hereditary Genius, p. 352 bis 357, wo sich Beobachtungen zu Gunsten der obigen Ansicht finden.
305Tenth Annual Report of Births, Deaths etc. in Scotland, 1867, p. XXIX.
306Diese Citate sind unserer höchsten Autorität über solche Fragen entnommen, nämlich Dr. Farr in seinem Aufsatz: On the Influence of Marriage on the Mortality of the French People, gelesen vor der Nat. Assoc. for the Promotion of Social Science. 1858.
307Dr. Farr, ebenda. Die weiter unten angeführten Angaben sind derselben merkwürdigen Arbeit entnommen.
308Ich habe das fünfjährige Mittel genommen aus The Tenth Annual Report of Births, Deaths etc. in Scotland. 1867. Das Citat nach Dr. Stark ist aus einem Artikel in den Daily News, 17. Oct. 1868, welcher nach Dr. Farr's Urtheil mit großer Sorgfalt verfaßt ist.
309 Dr. Duncan bemerkt (Fecundity, Fertility etc., 1871, p. 334) hierüber: »Auf jeder Altersstufe gehen die Gesunden und Schönen von den Unverheiratheten auf die verheirathete Seite über und lassen damit die Reihen der Unverheiratheten voll von Kränklichen und Unglücklichen«.
310Siehe die geistvolle und originelle Erörterung dieses Gegenstandes von Galton , Hereditary Genius, p. 340-342.
311 Greg in Fraser's Magazine. Sept. 1868, p. 357.
312Hereditary Genius. 1870, p. 357-359. F. H. Farrar bringt Gründe für die gegentheilige Ansicht bei (Fraser's Magazine, August 1870, p. 257). Sir Ch. Lyell hat bereits in einer merkwürdigen Stelle (Principles of Geology. Vol II. 1868, p. 489) die Aufmerksamkeit auf den üblen Einfluß der Inquisition gelenkt, indem sie nämlich durch Zuchtwahl den allgemeinen Stand der Intelligenz in Europa herabgedrückt habe.
313 Galton in Macmillan's Magazine, Aug. 1865, p. 325. s. auch »Nature«. Dec. 1869, p. 184: On Darwinism and National Life.
314Last Winter in the United States. 1858, p. 29.
315Ich bin Mr. John Morley wegen mehrerer guter kritischer Bemerkungen über diesen Gegenstand sehr verbunden; s. auch Broca , Les Sélections. Revue d'Anthropologie, 1872.
316On the Origin of Civilisation; Proc. Ethnolog. Soc, Nov. 26, 1867.
317Primeval Man, 1869.
318Royal Institution of Great Britain. March 15. 1867; s. auch Researches into the Early History of Mankind. 1865.
319Primitive Marriage, 186.5; s. auch einen offenbar von demselben Verfasser herrührenden ausgezeichneten Artikel in der North British Review; July, 1869. Auch L.H. Morgan , A Conjectural Solution of the Origin of the Class. System of Relationship, in: Proceed. American Acad. of Sciences, Vol. VII. Febr. 1868. Prof. Schaaffhausen erwähnt (Anthropolog. Review, Oct. 1869, p. 373) »die Spuren von Menschenopfern im Homer und im alten Testament«.
320Sir J. Lubbock , Prehistoric Times. 2. edit, 1869. Cap. XV und XVI, an mehreren Stellen, s. auch das ausgezeichnete 9. Capitel in Tylor's Early History of Mankind, 2. edit. 1870.
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