Gewisse Species von Neurothemis bieten einer Angabe von Brauer 612zufolge einen merkwürdigen Fall von Dimorphismus dar, indem einige der Weibchen gewöhnliche Flügel haben, während andere Weibchen sie »wie bei den Männchen der nämlichen Species sehr reich netzförmig entwickelt haben«. Brauer »erklärt die Erscheinung nach Darwin'schen Grundsätzen durch die Vermuthung, daß das dichte Netzwerk der Adern ein secundärer Sexualcharakter bei den Männchen ist, welcher plötzlich auf einige Weibchen, statt auf alle, wie es gewöhnlich vorkommt, überliefert worden ist«. Mr. Mac Lachlan theilt mir noch einen anderen Fall von Dimorphismus bei mehreren Species von Agrion mit, bei denen eine gewisse Zahl von Individuen von einer orangenen Färbung gefunden wird; und diese sind unabänderlich Weibchen. Dies ist wahrscheinlich ein Fall von Rückschlag; denn bei den echten Libelluliden sind, sobald die Geschlechter in der Färbung verschieden sind, die Weibchen immer orange oder gelb, so daß es, – angenommen Agrion stamme von irgend einer primordialen Form ab, welche die charakteristischen geschlechtlichen Färbungen der typischen Libelluliden besessen habe, – nicht überraschend wäre, wenn eine Neigung, in dieser Art und Weise zu variieren, allein bei den Weibchen einträte.
Obgleich viele Libelluliden so große, kraftvolle und wilde Insecten sind, so hat doch Mr. Mac Lachlan nicht beobachtet, daß die Männchen mit einander kämpften, mit Ausnahme, wie er meint, einiger der kleineren Species von Agrion . Bei einer anderen sehr verschiedenen Gruppe dieser Ordnung, nämlich bei den Termiten oder weißen Ameisen, kann man sehen, wie beide Geschlechter um die Zeit des Schwärmens herumlaufen, »das Männchen hinter dem Weibchen her, zuweilen zwei ein Weibchen jagend, und mit großem Eifer kämpfend, wer den Preis gewinne«. 613Von Atropos pulsatorius wird angegeben, daß er mit seinen Kiefern ein Geräusch mache, was von anderen Individuen beantwortet wird. 614
Ordnung: Hymenoptera . – Bei der Beschreibung der Lebensweise von Cerceris , einem wespenähnlichen Insect, bemerkt jener unvergleichliche Beobachter Fabre, 615daß, »häufig Kämpfe zwischen den Männchen um den Besitz eines besonderen Weibchens stattfinden, welches als ein dem Anscheine nach unbetheiligter Zuschauer des Kampfes um die Obergewalt daneben sitzt, und wenn der Sieg entschieden ist, ruhig in Begleitung des Siegers davonfliegt«. Westwood sagt, 616daß die Männchen einer der Blattwespen (Tenthredines) »beobachtet worden sind mit einander kämpfend und mit ihren Mandibeln in einander verbissen«. Da Fabre davon spricht, daß die Männchen von Cerceris um den Besitz eines besonderen Weibchens kämpfen, so verlohnt es sich der Mühe, sich daran zu erinnern, daß zu dieser Ordnung gehörige Insecten das Vermögen haben, sich nach langen Zeiträumen wiederzuerkennen, und große Anhänglichkeit an einander besitzen. So trennte z. B. Pierre Huber, dessen Genauigkeit Niemand bezweifelt, mehrere Ameisen von einander; und als sie nach einem Zwischenraume von vier Monaten andere antrafen, welche zu demselben Haufen gehört hatten, erkannten sie sich gegenseitig und liebkosten einander mit ihren Antennen. Wären es fremde gewesen, so würden sie mit einander gekämpft haben. Wenn ferner zwei Ameisenhaufen mit einander in Kampf gerathen, so greifen die Ameisen einer und derselben Seite in der allgemeinen Verwirrung zuweilen einander an, bemerken aber bald den Irrthum, und die eine Ameise begütigt die andere. 617
Unbedeutende Verschiedenheiten in der Färbung je nach dem Geschlecht sind in dieser Ordnung häufig, aber auffallende Verschiedenheiten sind selten, mit Ausnahme der Familie der Bienen; und doch sind beide Geschlechter gewisser Gruppen so brillant gefärbt, – z. B. bei Chrysis , bei welcher Gattung Scharlach und metallisches Grün vorherrschen, – daß wir dies als ein Resultat der geschlechtlichen Zuchtwahl anzusehen versucht werden. Der Angabe von Mr. Walsh zufolge 618sind bei den Ichneumoniden die Männchen fast allgemein heller gefärbt als die Weibchen. Andererseits sind bei den Thentrediniden die Männchen meistens dunkler als die Weibchen. Bei den Siriciden sind die Geschlechter häufig verschieden. So ist das Männchen von Sirex juvencus mit Orange gebändert, während das Weibchen dunkel purpurn ist; es ist aber schwierig zu sagen, welches Geschlecht das am meisten geschmückte sei. Bei Tremex columbae ist das Weibchen viel glänzender gefärbt als das Männchen. Wie mir Mr. F. Smith mittheilt, sind unter den Ameisen die Männchen mehrerer Species schwarz, während die Weibchen bräunlich sind.
In der Familie der Bienen, besonders bei den einzeln lebenden Arten sind, wie ich von demselben ausgezeichneten Entomologen gehört habe, die Geschlechter öfters in der Färbung verschieden. Die Männchen sind allgemein die glänzenderen und bei Bombus ebensowohl wie bei Apathus viel variabler in der Färbung als die Weibchen. Bei Anthophora retusa ist das Männchen von einem gesättigten Röthlichbraun, während das Weibchen vollständig schwarz ist: ebenso sind die Weibchen mehrerer Species von Xylocopa schwarz, während die Männchen hellgelb sind. Andererseits sind die Weibchen einiger Species, so bei Andrena fulva , viel heller gefärbt als die Männchen. Derartige Verschiedenheiten der Färbung können kaum dadurch erklärt werden, daß die Männchen vertheidigungslos sind und eines Schutzes bedürfen, während die Weibchen durch ihren Stachel wohl vertheidigt sind. H. Müller, 619welcher der Lebensweise der Bienen besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat, schreibt diese Verschiedenheit der Färbung hauptsächlich geschlechtlicher Zuchtwahl zu. Daß Bienen ein scharfes Beobachtungsvermögen für Farben haben, ist sicher. Er sagt, daß die Männchen eifrig die Weibchen suchen und um ihren Besitz kämpfen; er erklärt es aus derartigen Kämpfen, daß bei gewissen Arten die Mandibeln der Männchen größer sind als die der Weibchen. In manchen Fällen sind die Männchen viel zahlreicher als die Weibchen, entweder zeitig im Jahre oder zu allen Zeiten und an allen Orten, wogegen in anderen Fällen allem Anscheine nach die Weibchen überwiegen. In manchen Arten scheinen die schöneren Männchen von den Weibchen erwählt worden zu sein, und in anderen die schöneren Weibchen von den Männchen. In Folge dessen weichen in gewissen Gattungen ( Müller , p. 42) die Männchen mehrerer Arten in ihrer Erscheinung bedeutend von einander ab, während die Weibchen beinahe nicht zu unterscheiden sind; bei anderen Gattungen tritt das Umgekehrte ein. H. Müller glaubt (p. 82), daß die von einem Geschlecht durch sexuelle Zuchtwahl erhaltenen Farben häufig in einem variablen Grade auf das andere Geschlecht übertragen worden sind, gerade so wie der pollensammelnde Apparat des Weibchens oft auf das Männchen übertragen worden ist, für welches er absolut nutzlos ist. 620
Mutilla europaea giebt einen stridulierenden Laut von sich, und der Angabe von Goureau 621zufolge haben beide Geschlechter diese Fähigkeit. Er schreibt den Laut einer Reibung des dritten und der vorhergehenden Hinterleibssegmente zu, und wie ich sehe, sind die oberen Flächen dieser mit sehr feinen concentrischen Leisten versehen, aber ebenso ist es auch der vorspringende Brustkragen, auf welchen der Kopf eingelenkt ist; und wird dieser Kragen mit einer Nadelspitze gekratzt, so giebt er den eigenthümlichen Laut von sich. Es ist ziemlich überraschend, daß beide Geschlechter diese Fähigkeit, einen Laut hervorzubringen, besitzen, da das Männchen geflügelt und das Weibchen flügellos ist. Es ist notorisch, das Bienen gewisse Gemüthsbewegungen, z. B. Ärger, durch den Ton ihres Summens ausdrücken; und der Angabe H. Müller 's zufolge (p. 80) machen die Männchen mancher Arten ein eigenthümliches singendes Geräusch, wenn sie die Weibchen verfolgen.
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