Ich habe jetzt nur noch wenig über die Orthoptern zu sagen. Einige von ihren Species sind sehr kampfsüchtig. Wenn zwei männliche Feldgrillen ( Gryllus campestris ) mit einander gefangen gehalten werden, so kämpfen sie so lange mit einander, bis eine getödtet ist, und die Species von Mantis manövrieren der Beschreibung nach mit ihren schwertförmigen Vorderbeinen wie Husaren mit ihren Säbeln. Die Chinesen halten diese lnsecten in kleinen aus Bambus geflochtenen Käfigen und bringen sie wie Kampfhähne mit einander zusammen. 604Was die Färbung betrifft, so sind einige ausländische Heuschrecken wunderschön verziert. Die Hinterflügel sind mit Roth, Blau und Schwarz gezeichnet. Da aber in der ganzen Ordnung die beiden Geschlechter selten bedeutend in der Färbung von einander verschieden sind, so ist es nicht wahrscheinlich, daß sie diese glänzenden Tinten der geschlechtlichen Zuchtwahl verdanken. Auffallende Färbungen können für diese Insecten auch als Schutzmittel von Nutzen sein dadurch, daß sie ihren Feinden anzeigen, daß sie ungenießbar sind. So ist beobachtet worden, 605daß eine indische hell gefärbte Heuschrecke ohne Ausnahme verschmäht wurde, wenn man sie Vögeln und Eidechsen darbot. Es sind indessen auch einige Fälle von geschlechtlicher Verschiedenheit in der Färbung aus dieser Ordnung bekannt. Das Männchen einer amerikanischen Grille 606wird beschrieben als weiß wie Elfenbein, während das Weibchen von einer beinahe weißen Farbe bis zu einer grünlich gelben oder schwärzlichen variiert. Mr. Walsh theilt mir mit, daß das erwachsene Männchen von Spectrum femoratum (eine Form der Phasmiden) »von einer glänzenden bräunlich-gelben Farbe, das erwachsene Weibchen dagegen von einem trüben opaken bräunlichen Aschgrau ist, während die Jungen beider Geschlechter grün sind«. Endlich will ich noch erwähnen, daß das Männchen einer merkwürdigen Art von Grillen 607mit »einem langen häutigen Anhange versehen ist, welcher wie ein Schleier über das Gesicht herabfällt« was aber sein Gebrauch sein mag, ist nicht bekannt.
Fußnote
580 Westwood , Modern Classification of Insects. Vol. II, p. 473.
581Diese Einzelnheiten sind entnommen aus Westwood 's Modern Classification of Insects. Vol. II. 1840, p 422. s. auch über die Fulgoriden Kirby and Spence , Introduction etc. Vol. II, p. 401.
582Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. XVII. 1867, p. 152-158.
583Transact. New Zealand Institut. Vol. V. 1873, p. 286.
584Für diesen Auszug aus einem »Journal of the Doings of Cicada septemdecim« von Dr. Hartmann bin ich Mr. Walsh verbunden.
585L. Guilding in: Transact. Linnean Soc. Vol. XV, p. 154.
586Ich führe dies nach der Gewähr von Köppen , Über die Heuschrecken in Süd-Rußland, 1866, p. 32, an; ich habe mich vergebens bemüht, mir Körte 's Buch zu verschaffen.
587 Gilbert White , Natur. History of Selborne. Vol. II. 1825, p. 226.
588Harris, Insects of New England. 1842, p. 128.
589The Naturalist on the Amazons. Vol. I. 1863, p. 252. Mr. Bates giebt eine sehr interessante Erörterung über die Abstufungen in der Entwicklung der Stimmorgane der drei Familien; s. auch Westwood , Modern Classification of Insects. Vol. II, p. 445 und 453.
590Proceed. Boston Soc. of Natur. History. Vol. XI. April 1868.
591Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. Bd. I. 1848, p. 583.
592Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. XVII. 1867, p. 117.
593 Westwood , Modern Classification of Insects. Vol. I, p. 440.
594Über den Tonapparat der Locustiden, ein Beitrag zum Darwinismus, in Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. Bd. XXII. 1872, p. 100.
595 Landois , a. a. O. p. 121, 122.
596 Westwood , Modern Classification of Insects. Vol. I, p. 453.
597Mr. Walsh theilt mir auch mit, wie er bemerkt habe, daß das Weibchen (von Platyphyllum concarum ), »wenn es gefangen wird, ein schwaches kratzendes Geräusch durch das Reiben der beiden Flügeldecken aufeinander hervorbringe«.
598 Landois , a. a. O. p. 113.
599Insects of New England. 1842, p. 133.
601 Westwood , Modern Classification of Insects. Vol. I, p. 462.
602 Landois hat neuerdings bei gewissen Orthoptern rudimentäre Bildungen gefunden, welche den lauterzeugenden Organen bei den Homoptern sehr ähnlich sind; dies ist eine überraschende Thatsache. s. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. XXII. Heft 3. 1871, p. 348.
603Transact. Entomol. Soc. 3. Series. Vol. II. Journal of Proceedings, p. 117.
604 Westwood , Modern Classification of Insects. Vol. I, p. 427, wegen der Grillen p. 445.
605 Ch. Horne in Proceed. Entomolog. Soc. 3. May, 1869, p. XII.
606Der Oecanthus nivalis . Harris , Insects of New England. 1842, p. 124. Die beiden Geschlechter des europäischen Oe. pellucidus weichen, wie ich von Victor Carus höre, in nahezu derselben Art von einander ab.
607 Platyblemmus : Westwood , Modern Classification. Vol. I, p. 447.
Ordnung: Neuroptera . – Hier braucht nur wenig bemerkt zu werden, ausgenommen hinsichtlich der Färbung. Bei den Ephemeriden weichen die Geschlechter oft unbedeutend in ihrer düsteren Farbe ab, 608es ist aber nicht wahrscheinlich, daß die Männchen hierdurch für die Weibchen anziehend gemacht werden. Die Libelluliden oder Wasserjungfern sind mit glänzenden grünen, blauen, gelben und scharlachenen metallischen Färbungen geziert, und die Geschlechter weichen oft von einander ab. So sind die Männchen einiger der Agrioniden, wie Professor Westwood bemerkt, 609»von einem reichen Blau mit schwarzen Flügeln, während die Weibchen schön grün mit farblosen Flügeln sind«. Aber bei Agrion Ramburii sind diese Farben in den beiden Geschlechtern gerade umgekehrt. 610In der ausgedehnten nordamerikanischen Gattung Hetaerina haben allein die Männchen einen schönen karminrothen Fleck an der Basis jedes Flügels. Bei Anax junius ist der basale Theil des Abdomen beim Männchen von einem lebhaften Ultramarinblau und beim Weibchen grasgrün. Andererseits weichen bei der verwandten Gattung Gomphus und in einigen anderen Gattungen die Geschlechter nur wenig in der Färbung von einander ab. Durch das ganze Thierreich hindurch sind ähnliche Fälle, wo die Geschlechter nahe verwandter Formen entweder bedeutend oder sehr wenig oder durchaus nicht von einander abweichen, von häufigem Vorkommen. Obgleich bei vielen Libelluliden eine so beträchtliche Verschiedenheit in der Färbung zwischen den Geschlechtern besteht, so ist es doch oft schwer zu sagen, welches das am meisten glänzende ist, und die gewöhnliche Färbung der beiden Geschlechter ist, wie wir eben gesehen haben, bei einer Art von Agrioniden geradezu umgekehrt. Es ist nicht wahrscheinlich, daß in irgend einem dieser Fälle die Farben als Schutzmittel erlangt worden sind. Wie Mr. Mac Lachlan , welcher dieser Familie eingehende Aufmerksamkeit gewidmet hat, mir schreibt, werden die Libellen, die Tyrannen der Insectenwelt, am wenigsten unter allen Insecten von den Vögeln oder anderen Feinden angegriffen. Er glaubt, daß ihre glänzenden Farben als ein geschlechtliches Anziehungsmittel dienen. Gewisse Libellen werden offenbar durch besondere Farben angezogen. So beobachtet Mr. Patterson . 611daß diejenigen Species von Argrioniden, deren Männchen blau sind, sich in großer Zahl auf das blaue Schwimmstück einer Angelleine niederließen, während zwei andere Species von hellweißen Farben angezogen wurden.
Es ist eine zuerst von Schelver beobachtete interessante Thatsache, daß die Männchen mehrerer zu zwei Unterfamilien gehörigen Gattungen, wenn sie zuerst aus der Puppenhülle ausschlüpfen, genau so wie die Weibchen gefärbt sind, daß aber ihre Körper in einer kurzen Zeit eine auffallend milchigblaue Farbe erlangen in Folge der Ausschwitzung einer Art von Öl, welches in Äther und Alcohol löslich ist. Mr. Mac Lachlan glaubt, daß bei den Männchen von Libellula depressa diese Veränderung der Farbe nicht vor nahezu vierzehn Tagen nach der Metamorphose eintritt, wenn die Geschlechter bereit sind, sich zu paaren.
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