Ein schwerer Blitz, ein Flammenmeer schien die ganze Atmosphäre.
Ein rasender Donner, rollend zu den Kontinenten … über die Erde. Dann plötzlich Ruhe, als hätte eine übermächtige Gewalt in das Rasen der Elemente eingegriffen. Die jagenden Wolken, fast still standen sie am Firmament. Der Sturm war wie durch Zaubermacht gebändigt … ein leises Wehen.
Ein heller Schimmer am Osthimmel kündigte den Anbruch des neuen Tages an. Der Kampf der Gestirne, die der Nacht wichen. In grauem Zwielicht Luft, Meer und Erde.
Der Schatten am Boden war klein, wie in sich zusammengebrochen … kleiner werdend … ein Schimmer nur noch und verschwindend im Morgendämmer.
Wende! Neugeburt!
Ein Zittern ging durch die Gestalt des am Boden Liegenden. Die Lippen bebten, sogen die Morgenluft ein. Wie aus Todesschlaf erwachend, hob sich seine Brust. Die Hände griffen nach hinten, streckten sich zu Boden, der Körper, dem Druck folgend, hob sich. Er stand auf, schaute sich um.
Da brach über die Kimm der See der rote Feuerball der Sonne, die finsteren Gewalten der dunklen Nacht vor sich hin in die Flucht treibend.
Der Mann stand, die Arme weit ausgebreitet, als wolle er die Siegerin empfangen. Er stand, harrte, bis sie leuchtete in strahlender Größe, die Sonne, Licht des Tages, das Licht der Tat. Und sich beugend vor der Majestät, schlug er die Hände vor die Augen, neigte sich vor ihr. Die Tat! Vom Schicksal geboten. Er, der Diener. Die neue, noch größere Tat.
Seine Schultern, wie hatten sie gebebt unter der Bürde der letzten … kleineren.
Jetzt! Die Gestalt stand hoch aufgerichtet, wie gewachsen im Sonnenlicht. Das große, das ganz große Werk lag noch vor ihm, dem Vollbringer des größten. Seine Arme strafften sich. Er blickte auf seine rechte Hand. Drei Ringe … wo gestern zwei waren! Sein Auge starrte nach allen Seiten, als könnte er’s nicht fassen …
Wo kam der dritte Ring her, aus dem die neue Kraft zu dem neuen, größeren Werk erwuchs?
Atlantis! Da war’s. Das Wort, das der Alte in Pankong zu ihm gesprochen hatte. Das letzte große Ziel seines Lebens, bevor er einging ins letzte Paradies.
Atlantis! Einst die Königin, die Herrscherin der Welt. Untergegangen durch Schicksalsspruch. Neu erstanden, erweckt zu neuem Leben für die Menschheit … durch dich!
»Atlantis!« Seine Lippen murmelten die Worte vor sich hin.
»Schlafend im Dunkel des Meeresgrundes, gehoben durch dich zum Licht des Tages, neue Stätten der Menschheit bereitend!«
Er schritt zur Hütte. War er es, der gestern noch schwäche taumelnd aus der Hütte wankte? Ein anderer! Ein Größerer, ein Stärkerer … ein neuer Mensch! Die Inkarnation eines Starken!
Werkzeug des Schicksals? Fast Meister des Schicksals jetzt.
Das Flugzeug aus der Halle! Die Apparate hinein. Die starken Schultern spürten kaum die Last der Instrumente. Von Norden her eilte in schneller Fahrt ein U-Boot. Die Freunde!
Das Flugzeug sprang an, gehoben von der energetischen Gewalt des Strahlers. In sausendem Flug stieg es auf, die Bahn der Sonne überholend, verschwand in Mittagshöhe.
Kurs Nordost steuerte das U-Boot durch den Atlantik der Heimat, Europa, Hamburg zu. Seit dem Tage ihrer Abfahrt von Saltadera hatten sie kaum Schlaf gefunden. Was die Wellen des Äthers ihnen aus der Welt, aus Europa zutrugen, war zuviel des Guten, Schönen für ihr Ohr.
Sie kamen nicht los von den Bildern, die der Fernseher zeigte. Wie durch Zauber war das Los der Millionen von Nordeuropa geändert.
Schiffe auf der See, beladen mit Flüchtlingen, auf das große Geschehnis hin hatten sie gewendet, Kurs zur Heimat genommen. In den Hafenstädten in den südlichen Teilen Europas! Die Geflohenen drängten zu jeder Fahrgelegenheit, zurückzukommen zur verlassenen Heimat. In den Hafenstädten der Nordküste herrschte ein einziger Freudentaumel.
Menschen, weinend, lachend, umarmten sich. Der Golfstrom im alten Bett bewegt sich nach Norden … Wärmespender … Lebensspender!
Die Riesenorganisation, mit einem Ruck zum Stocken gebracht, versagte dem plötzlichen Ereignis gegenüber. Jetzt! Keiner der Flüchtlinge schien es erwarten zu können, daß er wieder dorthin zurückkehrte, wo das leere Haus, die verlassene Arbeitsstätte war. Mit Gewalt suchte man sich jeder Fahrgelegenheit zu bemächtigen. Mit Gewalt mußte wieder eingeschritten werden, um ein Chaos zu verhindern. Die großen Tageszeitungen der Welt hatten Reporterflugzeuge entsandt, die dem Golfstrom zur Seite folgten. Die blaue Wellenwand, wie sie sich langsam nach Norden zu bewegte, zeigten die Funkbilder der Fernsehgeräte. Andere Zeitungen hatten ihre Agenten in schnellen Flugzeugen nach Norden gesandt. Die zeigten im Funkbild, wie die Bewohner eines Dorfes zurückkehrten, sich freudig in das alte Nest drängten, zeigten, wie neues Leben sich überall zu regen begann, wie auch in den Landschaften, die noch nicht geräumt, aber zur Räumung verurteilt waren, wie mit Zauberschlag Jammer, Trauer gewichen, wie Aufatmen durch alles ging; die Hände sich mit doppeltem Fleiß zu rühren begannen in gewohnter Arbeit an alter Stätte.
Freude und Jubel überall! Das sterbende Europa war zu neuem Leben aufgewacht, erweckt durch die große Tat …
Wer wußte von der Tat? Wer kümmerte sich um den, der das Werk getan? Die Natur hatte sich selbst für das gerächt, was frevle Hand ihr angetan. Keine andere Meinung herrschte in Europa, in der Welt. Dann wurden langsam andere Stimmen laut. Man achtete ihrer kaum. Sie sagten: Unmöglich, daß die Natur aus sich selbst heraus das gestörte Gleichgewicht der Kräfte hergestellt hatte. Die Sialscholle, einmal zerrissen, abgedrängt von den aufstrebenden Simamassen, konnten niemals wieder dahin zurückkehren, wo sie gelagert hatten. Gewiß, daß ihre Masse, wuchtend auf den im Erdboden begrabenen Sedimentärschichten und anderen Sialmassen, diese nach unten drückte, bis sie, unter die benachbarten Massen gedrängt, Ausgleich suchend, sich hoben.
Nicht die Natur selbst, eine andere Macht mußte hier am Werk gewesen sein. Die gleiche Macht, die auch die anderen Wunder vollbracht: Vineta, Black Island gehoben.
Menschenmacht?
An der Frage scheiterte jeder.
Telenergetische Konzentration?
Das Wort, schon vor längerer Zeit aufgetaucht, beschäftigte unablässig alle führenden Geister der physikalischen Wissenschaft, theoretisch längst erkannt! Doch nie war es gelungen, die Nullpunktenergie auszulösen. Die Wissenschaft, so weit vorgeschritten, stand doch erfolglos vor diesem letzten Hindernis.
Schon war die Mehrzahl der Gelehrten der Meinung, daß dieses Welträtsel dem menschlichen Geist ewig verschlossen bliebe. Denn diese Erkenntnis, weitergeführt bis zur Konstruktion des technischen Mittels, des wirkenden Instruments, müßte der Allgemeinheit in die Hände gegeben, zur Katastrophe, zum Chaos führen.
Jeder einzelne der Beherrscher der übrigen. Kein Diener mehr, nur Herren im Kampf um die alleinige Macht. Tod, Vernichtung für alles Lebende, Umwälzung der Natur. Keine Grenzen mehr für menschlichen Geist, für menschliche Kraft … für menschliche Schwäche.
Das Ende der Menschheit.
Nie konnte Schicksalsmacht solche Waffen in schwache Menschenhand legen. Das Schicksal … Gott, der Lenker aller Dinge?
Sein Werk? Die einzige Erklärung. Da brachten die Zeitungen vom Osten eine neue Wendung.
Reisende, die durch Gebiete gekommen, wo einst die Wiege der Menschheit gestanden, hatten dort mit den Weisen, Alten, den Bewahrern jahrtausendealter Kultur und Wissenschaft gesprochen, bei ihnen Erkenntnis, Lösung des Rätsels gesucht.
Da war die Antwort gekommen.
»Warum sucht ihr nicht bei dem, das euch am nächsten liegen müßte?«
Und wieder ging es durch die Welt wie damals, als die Prophezeiung des Unglücks bekannt wurde, anknüpfte an die mysteriösen Buchstaben J. H. Sein Werk, Menschenwerk? Gab es noch Wesen, die zwischen Gott und den Menschen standen, er müßte es sein. Wo war er? Wer kannte ihn?
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