Warum soll ein Kunde ausgerechnet bei Ihnen kaufen und nicht bei Ihren Wettbewerbern?
Die wenigsten Unternehmen wissen eine Antwort auf diese Frage, weil sie kein klares Alleinstellungsmerkmal haben. Machen Sie doch mal einen Test und fragen Sie bekannte Unternehmen, was das Einzigartige an deren Angebot ist und warum Sie gerade bei ihnen kaufen sollen. Sie werden überrascht sein, wie wenige Unternehmen und deren Mitarbeiter in der Lage sind, ihre Einzigartigkeit in einem klaren und einfachen Satz zu erklären. Das bedeutet, der Kunde soll ohne einen triftigen Grund kaufen. Diese Unternehmen haben in der Regel Probleme mit ihrem Wachstum und kommen meist gerade so über die Runden. Inhaber und Mitarbeiter sind häufig demotiviert, reagieren nur in Verkaufsgesprächen, statt zu agieren, und erzielen nur einen Bruchteil dessen, was sie eigentlich erreichen könnten.
Positionierung – anders sein als andere
Positionierung beschäftigt sich damit, Lücken im Markt zu finden und sie zu besetzen. Es geht um eine Lücke bzw. Nische, in dem Ihr Unternehmen, Ihre Dienstleistung oder Ihr Produkt als einzigartig wahrgenommen wird, sich entfalten kann und Wachstumschancen hat.
Der Begriff »Nische« oder »Marktlücke« hat hierzulande einen negativen Beigeschmack – völlig zu Unrecht. Alle wirklich erfolgreichen Unternehmen, wie z. B. Ebay, Kärcher und viele der in diesem Buch dargestellten, sind zuerst in einer Nische gestartet. Erst wenn sie dort den Durchbruch erreicht hatten, dehnten sie ihr Wirkungsfeld aus und erweiterten ihren Markt.
Heraus aus der Austauschbarkeit
Eine Neupositionierung hilft Ihnen, sich der Austauschbarkeit und den Preiskampfgesprächen zu entziehen. Nur wer sich von anderen unterscheidet, Alleinstellungsmerkmale hat und für eine besondere Spezialisierung bzw. Zielgruppe steht, wird in Zukunft profitabel arbeiten. Wer sich nicht unterscheidet, für den legt die Konkurrenz oder legen die Kunden den Preis fest.
Das Bild des kleinen Baumes zwischen den großen in der folgenden Abbildung zeigt, wie es funktioniert: Auch der kleine Anbieter hat zwischen den großen Platz, wenn er sich auf sein Wachstum in der Lücke konzentriert.
Die Austauschbarkeit bringt Kunden dazu, selbst nach Unterscheidungsmerkmalen zu suchen. Ist es nur der Preis, dann werden sie auch danach entscheiden. In einem Anbietermarkt ohne Alleinstellungsmerkmal bleiben als Unterscheidungsmerkmal anscheinend nur Hardselling-Methoden oder der Preis, wie die jetzt überall so beliebten Werbeslogans »Geiz ist geil« oder »Billig will ich« verdeutlichen. Sie zeigen, dass viele Käufer sich in ihrer Orientierungslosigkeit einzig am Preis ausrichten, weil sie ansonsten keine Unterschiede in den Angeboten mehr erkennen können.
Wer sich nicht selbst positioniert, wird positioniert. Ist das einzige Unterscheidungsmerkmal der Preis, so wird man auch danach unterschieden. Wer positioniert wird, kann sein Markenimage nicht selbst bestimmen.
Hinter Slogans wie »Geiz ist geil«, »ich bin doch nicht blöd« usw. stecken Werbestrategien großer einkaufsstarker Unternehmen, die über die Masse und Dumpingpreise im Ein- und Verkauf Schlachten um Marktanteile kämpfen. Dem Kunden ist das nur recht. So pokert er mit den Preisen der Wettbewerber, und das Preisgespräch wird zwangsläufig zu einem festen Bestandteil im Verkaufsgespräch. Schnäppchen zu machen ist mittlerweile zum Volkssport geworden. Der moderne Kunde fällt seine Kaufentscheidung nicht erst beim Einkaufsakt, sondern informiert sich verstärkt vorher nach den Preisen. Diese Erkenntnis wird von den Markt-Mediastudien bestätigt. Schnäppchenjäger sind aber nicht gleichzusetzen mit Billigkäufern, sondern mit Verbrauchern, die Marken preiswert kaufen wollen.
Harter Wettbewerb sowie austauschbare Produkte und Dienstleistungen unterliegen grundsätzlich dem Preiskampf. Das bedeutet: geringer Deckungsbeitrag, mangelnde Liquidität, sinkende Loyalität und schlechte Kreditwürdigkeit. Ohne Alleinstellung steigt der Streuverlust in der Werbung. Die Umwandlungsquote von Anfragen und Angebotserstellung in Aufträge wird immer geringer und die Neukundengewinnung immer teurer. Gleichzeitig steigen die Werbeaufwendungen. Ein vernünftiger Deckungsbeitrag ist scheinbar nur noch mit Masse und Personaleinsparungen zu erreichen, was in der Regel auf Kosten des Kundenservice geht. Ohne Budget keine Werbung – ohne Werbung keine Neukunden. Steckt ein Unternehmen in dieser negativen Spirale, so wird es dringend Zeit, über seine eigene Positionierung nachzudenken.
Der negativen Spirale folgt die Demotivation
Wer als kleines und mittelständisches Unternehmen im Kopf der Kunden in der Preisschublade landet, produziert auf Dauer noch mehr große Probleme. Die anderen austauschbaren Wettbewerber versuchen ebenfalls, über den Preis Aufträge an Land zu ziehen. Der Preiskrieg und das Verkaufsgespräch mit Sonderangeboten wird zum Alltag. Noch viel schlimmer ist das, was bei Unternehmern und deren Mitarbeitern im Kopf passiert. Der Gedanke, dass der Kunde nicht versucht zu handeln, sondern sich aus seinen vorliegenden Angeboten für das günstigere entscheidet, führt zu einer Prostitution im Angebotswesen: Unternehmen sind ständig über die Preise der Wettbewerber informiert, und bei der Angebotserstellung werden nicht selten ohne Aufforderung gleich Sonderkonditionen angeboten. Oder es wird, wie zum Beispiel im Bauhandwerk, durch geschickte Formulierungen ein scheinbar günstiger, aber in Wirklichkeit offener Endpreis angeboten.
Am Ende muss der Kunde für die angeblich nicht voraussehbaren Mehrkosten, für mehr Stunden und Material, draufzahlen. Unzufriedene Kunden, negative Mund-zu-Mund-Propaganda und ein schleichender Ruin sind vorprogrammiert. Schrumpfende Märkte zwingen auch zum Wildern in fremden Revieren. Um große Auftragslöcher zu vermeiden, bieten zum Beispiel Druckereien ihre Leistungen bundesweit zu Dumpingpreisen an. Die Märkte verändern sich immer schneller.
Motivation und Begeisterung für Mitarbeiter und Unternehmen
Die Lösung liegt darin, ein neues Alleinstellungsmerkmal zu finden, das ein Unternehmen in den Augen seiner Kunden deutlich von der Konkurrenz abhebt. Ein solches Alleinstellungsmerkmal ist wie eine Motivationsspritze für ein Unternehmen: Es macht Mitarbeiter stolz, wirkt belebend und verändert automatisch jedes Verkaufsgespräch. Aber das Wichtigste ist:
Unternehmen, die einzigartig sind und in den Augen ihrer Kunden ein Alleinstellungsmerkmal besitzen, brauchen nicht mehr über den Preis zu verkaufen. Statt Preisgesprächen werden mit Kunden und Interessenten Nutzengespräche geführt.
Das Problem der Glaubwürdigkeit bei Bauchladen-Anbietern
Viele Unternehmen sind in einem Nachfragemarkt groß geworden, stehen aber heute überwiegend vor einem Anbietermarkt. Das heißt: Früher bestimmten die Unternehmen über den Preis, weil die Nachfrage der Käufer größer als das Angebot der Firmen war; das war die Situation in den 50er- und 60er-Jahren. Danach wandelten sich die Märkte ins Gegenteil: Der Bedarf wurde mehr und mehr gesättigt, während gleichzeitig das Angebot der Unternehmen immer noch weiter anstieg. So entstand ein Anbietermarkt, in dem die Käufer entscheiden, was sie wo zu welchem Preis kaufen wollen. Mit anderen Worten: Früher saßen die Unternehmen als Verkäufer am längeren Hebel, heute sind es die Käufer als Abnehmer der Waren.
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