Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Teil 1 Der Berater heute – Leiharbeiter im Anzug
Der Reiz der Macht
Berater und ihre Rollen – die kritische Perspektive
Der Stand beim Mittelstand
Image: Die Fassade der Unnahbarkeit
Das Selbstbild des Beraters
Das Werteverständnis des klassischen Beraters
Unsicherheit: Es bewegt sich was
Der Experte frisch von der Uni
Wachsende Ansprüche der Kunden
Das Konzept, das nur entwickelt wird
Fusionen der Großen
Verschlankte Projekte
Disruption – die ständige Bedrohung
Was will der Kunde?
Chance: Identität und Werteverständnis
Werte in Unternehmen
Werte in der Beratung
Teil 2 Der Berater von übermorgen – der Mensch
Flexibler Begleiter mit Allroundblick
Nahbarkeit und Emotionalität
Die Kunst des Zuhörens
Die Wertebrille
Werte: Was sich verändern wird
Innovationen und Wertewandel
Werteveränderung durch Generationswechsel
Vom rationalen Problemlöser zum weisen Gandalf
Fenster auf: Das sagt die Zukunft
Megatrends und ihr Einfluss auf den Berater der nächsten Generation
Chancen für kleinere Unternehmensdienstleister
Neuer Typus Kunde
Vorstoß: Gründerzeit für Berater
Auf der Welle des Megatrends Konnektivität
Mit Einzigartigkeit Geschäft generieren
Pure Future
Ein typischer Berater-Tag im Jahr 2025
Anhang
Literaturverzeichnis
Anmerkungen
Die Autoren
Edgar K. Geffroy
Benjamin Schulz
Impressum
Wir leben gerade in einer Zeit sehr starker Veränderungen. Auch wenn viele das nicht mehr hören können, es ist dennoch Fakt. Selbstverständlich haben uns Veränderungen schon immer begleitet, doch die Geschwindigkeit, in der maßgebliche Veränderungen stattfinden, ist rasant angestiegen, und das nicht nur im technologischen Bereich. Für Unternehmen bedeutet das, sich immer wieder neuen Rahmenbedingungen anpassen zu müssen. Für Berater und Beratungsunternehmen bedeutet das, mit immer neuen Herausforderungen konfrontiert zu werden, die schon heute mehr erfordern als reine Beratertätigkeit, also mehr als Expertenwissen, Datenanalysen und Big Data – und die am Ende mehr zustande bringen, als den Kunden zufriedenzustellen.
Die aktuelle Megatrend-Dokumentation des Zukunftsinstituts veranschaulicht durch einen Rückblick auf die Entwicklungsgeschichte des Menschen die Geschwindigkeit des Wandels: »Menschen lebten zehntausende von Jahren in Jäger- und Sammlergemeinschaften, bevor dann die ersten sesshaften Bauernkulturen entstanden. Vor 200 Jahren begann die industrielle Revolution, die heute die Schwellenländer umkrempelt. […] Rund alle 50 Jahre (plus/minus 15 Jahre) bildet sich seit Beginn der industriellen Revolution eine neue Basistechnologie aus, die bestimmte, neu bestehende Knappheiten adressiert und die Produktivität ›boostet‹. Straßennetz, Automobil und Petrochemie schufen den Nachkriegsboom. Ein Jahrhundert zuvor schuf die Eisenbahn eine Wohlstandswelle. Die letzte große Welle lösten Informationstechnologie und Computer aus.«1
Doch wohin führt dieser immer schneller stattfindende Wandel Berater und Beratungsunternehmen?
Besonders die Informationstechnologie ist dafür verantwortlich, dass sich die Kunden von Beratungsunternehmen weiterentwickelt haben – sie haben nun mehr Wissen und somit mehr Macht: »Sie buchen Beratungsdienste einzeln und verlassen sich weniger auf Anbieter von Gesamtlösungen. Sie werden geschickter darin, abzuschätzen, welche Aufträge sie an Externe vergeben müssen und welcher Dienstleister jeweils am besten geeignet ist.«2 Es werden demnach nicht mehr Anbieter von Komplettlösungen gesucht, sondern Beratungsleistungen werden als einzelne Module so zusammengesetzt, dass sie in Summe zum gewünschten Ergebnis führen. Für große Beratungsunternehmen bedeutet das, dass ihre mangelnde Fähigkeit, ihren jeweiligen Kunden als Ganzes zu sehen, bald zum Problem werden könnte. Denn genau das ist unumgänglich, wenn man als Berater seinem Kunden Lösungen liefern möchte, die auch übermorgen noch greifen.
Auch andere Veränderungen der jüngsten Zeit wirken sich auf die Beratungstätigkeit aus: Wir leben im Moment in einer Welt, die sehr stark durch Werte geprägt ist. Werte fallen heute deutlich schwerer ins Gewicht als noch vor zehn Jahren. Sie sind elementar wichtig für unser Denken, Fühlen und Handeln. Sie steuern uns, treiben uns an oder bremsen uns. Meist geschieht das vollkommen unbewusst. In Unternehmen wird der Begriff Wertebewusstsein heute stärker denn je mit Erfolg und Misserfolg in Verbindung gebracht. Ist ein Unternehmen in einer Phase des Umbruchs – wie beispielsweise bei einer bevorstehenden Fusion, einer Übernahme oder einem Generationswechsel –, erleben die Menschen in den unterschiedlichen Positionen eine Werteveränderung, die auf beratende Tätigkeiten dramatische Auswirkungen hat. Vom Berater ist dann der neutrale Blick von außen auf das gesamte Business des Kunden gefragt. Es ist sein Job, in solchen Situationen ein Begleiter zu sein.
Für Berater wird es demnach immer schwieriger, ihre Kunden optimal zu betreuen und neues Business zu generieren, weil sich der Fokus der Kunden bereits verändert hat. Nicht mehr der Allrounder ist gefragt, sondern ein Mensch mit Expertise, Fokussierung, Unverwechselbarkeit und Nahbarkeit. Diese essenziellen Anforderungen haben viele noch nicht verstanden. Die meisten Berater entwickeln ein Konzept für ihren Kunden, liefern es ab und sagen ihm: »Jetzt ist es an dir, das umzusetzen!« Doch der Kunde ist gar nicht in der Lage, dieses Konzept zu realisieren, weil er nicht weiß, wie er es in die Praxis überführen soll. Glücklicherweise gibt es aber auch Berater – wenn auch nur eine Minderheit –, die dem Kunden beim Prozess der Umsetzung begleitend zur Seite stehen und auch Verantwortung für die Umsetzung übernehmen.
Gute Praxishandbücher für Berater gibt es jede Menge. Doch keines dieser Werke vermag es, einen Ausblick zu geben, mit welchen Anforderungen an seine Person der Berater der nächsten Generation konfrontiert sein wird. Hinweise darauf sucht man auch im World Wide Web vergebens. Hier setzen wir mit unserem Buch an und wollen diese Lücke füllen.
Dieses Buch ist kein Praxisbuch. Es betrachtet Praxisbücher von der Metaebene aus – und liefert den Blick von außen, die ganzheitliche Betrachtungsweise. Wir möchten damit bei Menschen in ganz unterschiedlichen Beratungsfeldern ein Verständnis dafür wecken, wie sich ihre Branche in den nächsten fünf, zehn oder gar zwanzig Jahren weiterentwickeln wird.
Edgar K. Geffroy, Benjamin Schulz
Teil 1
Der Berater heute – Leiharbeiter im Anzug
Berater sind aus unserer heutigen Wirtschaftswelt nicht mehr wegzudenken – sie werden immer gerne dann geholt, wenn eine Situation externe Unterstützung und den Blick von außen erfordert. Über viele Jahrzehnte hinweg galten Berater als »Ärzte eines Wirtschaftssystems«3, die Antworten auf Fragen versprachen, die sich auf Top-Führungsebene Tag für Tag in den Unternehmen stellten. Dort rückte dann eine Liga von Strategen an, die sich zum Teil über Wochen und Monate in bereitgestellten Räumlichkeiten einschlossen und höchstens dann mal gesehen wurden, wenn ein Toilettengang nötig oder der Kaffee ausgegangen war. Was genau hinter diesen Türen stattfand, bekam niemand so recht mit. Die Mitarbeiter eines Unternehmens verfolgten die Anwesenheit der Berater immer mit großer Skepsis bis hin zu Ablehnung, denn wenn sie wieder gingen, war meist nichts mehr wie vorher. In den Köpfen der Mitarbeiter kreisten Fragen wie: Wie schlecht steht es tatsächlich um unseren Arbeitgeber? Wird jetzt alles umstrukturiert? Werden wir jetzt alle entlassen?
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