Seit 2003 sind die „brennenden Felder“ (Campi Flegrei) ein Regionalpark und stehen unter besonderem Schutz. Angesichts von 140.000 Einwohnern auf einer Fläche von 28 km² keine geringe Herausforderung!
Die Phlegräischen Felder (Campi Flegrei) zählen zu den spannendsten Gegenden in der Umgebung von Neapel. Vielerorts treten Schwefeldämpfe aus der Erde oder man blickt in kochend-heiß brodelnde Schlammlöcher. Zwischen Pozzuoli und dem Kap von Miseno liegen 40 Krater, davon 25 an Land, die übrigen im Meer. Sämtliche vulkanischen Hotspots sind mit einer riesigen Magmablase im Erdinneren verbunden − ein sog. Supervulkan, von denen es auf der Erde nur etwa 20 gibt! Vulkanischen Ursprungs sind auch jähe Hebungs- und Senkungsbewegungen der Erdkruste. Das Phänomen − es sind keine Erdbeben − wird als Bradisismus (→ Link) bezeichnet. Am deutlichsten sind die verheerenden Zerstörungen in Pozzuoli und Baia sichtbar.
Auch Liebhaber der Antike sind in den Phlegräischen Feldern am richtigen Ort. Wo sonst gibt es die Option, auf dem Meeresgrund liegende antike Artefakte durch den Glasboden eines Boots zu betrachten? Dass trotz der geschilderten Vorzüge hier keine Urlaubsstimmung aufkommt, liegt zum Teil an der Zersiedelung der Landschaft. Hinzu kommt, dass die Phlegräischen Felder vergleichsweise schwierig zu bereisen sind: Busfahrten sind selbst für Einheimische ein Abenteuer mit vielen unbekannten Variablen, und die mangelhafte Beschilderung der touristischen Ziele ist für Autofahrer nicht selten eine Zumutung. Ein Navi leistet gute Dienste! Allenfalls im Badeort Miseno kommt Ferienstimmung auf.
Die Insel Procida gehört geologisch zu den Phlegräischen Feldern. Sie steht jedoch eindeutig im Schatten der beiden prominenteren Inseln Capri und Ischia. Vielerorts bricht die Küste steil zum Meer ab. Badetaugliche Stellen sucht man muss mit der Lupe − sie liegen alle im hinteren Teil der Insel. Procida verbreitet kein Urlaubsflair, dafür jede Menge Atmosphäre − mit authentischen Milieu- und Alltagsszenen. Ein Highlight und ein Fest für Fotografen sind die verschachtelten, bunt verputzten Häuser an der Marina di Corricella, wo sich Tagesbesucher nach der Besichtigung der Altstadt zum Mittagessen an der Mole einfinden. Wegen der dichten Besiedelung ist Procida zum Wandern ungeeignet. Bestes Fortbewegungsmittel ist der öffentliche Bus oder das E-Bike, das am Hafen geliehen werden kann. Die Terra Murata und die Marina di Corricella besichtigt man besser zu Fuß. Die Überfahrt erfolgt von Neapel, Pozzuoli oder Ischia.
Was anschauen?
Pozzuoli: Eine Vielzahl von Attraktionen lässt sich in und um Pozzuoli entdecken, z. B. den nach jüngsten bradiseismischen Katastrophen wieder hergestellten Altstadthügel, das Amphitheater oder am Stadtrand den Solfatara-Krater. Beste Besichtigungstage an der Küste westlich von Neapel sind Samstag und Sonntag, denn dann haben die meisten Attraktionen geöffnet! → Link
Castello Aragonese: Das frühneuzeitliche Kastell bewacht die Bucht von Pozzuoli. Das Museum im Kastell bewahrt die wichtigsten Antikenfunde aus dem Gebiet der Phlegräischen Felder. → Link
Kyme (Cuma): Der nördlichste Vorposten der Region entpuppt sich als weitere Ausgrabungsstätte von Rang. Die wichtigsten Spuren hier haben ausnahmsweise nicht die Römer, sondern Griechen hinterlassen. → Link
Isola di Procida: Wichtigste Sehenswürdigkeit ist die Terra Murata mit der Abtei des Erzengels Michael. Sie steht alljährlich während der Karfreitagsprozession im Fokus. In der Umgebung verweisen immer wieder Schilder auf Drehorte berühmter Leinwandstreifen, die auf Procida gedreht wurden. → Link
Wo wandern?
Wegen starker Zersiedelung ist die Küste westlich von Neapel kein Wandermekka. Kürzere Wanderungen sind allerdings auch hier möglich: am Kap von Miseno (→ Link) oder rund um Lago d’Averno und Monte Nuovo (→ Link).
Wo übernachten?
Für längere Aufenthalte empfiehlt sich die Gegend weniger, sieht man vom Badeort Miseno oder von Procida ab. Verkehrstechnisch günstig liegt der Hauptort der Phlegräischen Felder Pozzuoli, zumal von hier auch die Fähren nach Ischia ablegen.
Pozzuoli
Der Hauptort der Küstenregion westlich von Neapel war in römischer Zeit ein wichtiger Hafen. Spuren aus der Antike finden sich auf Schritt und Tritt. Einige vulkanische Hotspots befinden sich in der unmittelbaren Umgebung des quicklebendigen Städtchens.
Der Hauptort an der gleichnamigen Bucht war lange Zeit der wichtigste römische Hafen am Tyrrhenischen Meer und behauptete auch nach der Zeitenwende − mit dem Ausbau des Hafens Ostia vor den Toren Roms − seine Rolle. Heute ist Pozzuoli für die meisten Reisenden häufig nur Durchgangsstation auf dem Weg nach Ischia oder Procida. Dieser Umstand spiegelt sich auch in der touristischen Infrastruktur wider, die keineswegs auf längere Ferienaufenthalte ausgelegt ist. Auf der anderen Seite rechtfertigen die zahlreichen Attraktionen in der Stadt und in der Umgebung durchaus einen längeren Zwischenstopp. Außerdem ist Pozzuoli ein gut geeignetes Basislager, um die häufig nur mit einem höheren Zeitaufwand erreichbaren Ziele rund ums Kap von Miseno zu erforschen.
Wenige Schritte vom Fährterminal entfernt befinden sich die Reste des römischen Marktplatzes, die ohne den Kauf einer Eintrittskarte vom Straßenniveau einsehbar sind. Überragt wird der betriebsame Fährhafen von der Rione Terra − dem seit römischer Zeit durchgängig besiedelten Altstadthügel.
Der Solfatarakrater oberhalb der Bucht von Pozzuoli
Im letzten Drittel des 20. Jh. hatten bradiseismische Erdbewegungen (→ Link) das historische Zentrum zerstört und unbewohnbar gemacht. Zwar sind die Restaurierungsarbeiten inzwischen abgeschlossen, die Gebäude jedoch gleichen unbeseelten Kulissen − die Rückeroberung durch die Bewohner lässt noch auf sich warten. Geführte Touren durch die Gebäudekeller geben − wie bei San Lorenzo Maggiore in der Altstadt von Neapel − Einblicke in die Bausubstanz in vorchristlicher Zeit.
Zwischen Hafen und Rione Terra liegt das kompakt strukturierte Geschäftszentrum mit seinen verkehrsberuhigten Gassen rund um die gastliche Piazza della Repubblica. Jede Menge Geschäfte und Straßencafés sind auf kurzen Wegen erreichbar und v. a. am Abend erstaunlich belebt. Jenseits des Rione Terra säumt die Küstenlinie Richtung Neapel der gepflegte Lungomare Pertini und lädt zum entspannten Bummel ein.
Die übrigen Attraktionen, allen voran das Amphitheater und der Solfatara-Krater, liegen außerhalb des Zentrums und sind zu Fuß oder mit Bus bzw. Vorortbahn erreichbar. Ähnliches gilt auch für den Lago d’Averno und den Monte Nuovo zwischen Pozzuoli und Baia. Letztgenannte Ziele lohnen auch deshalb einen Abstecher, weil sie sich mit kürzeren oder längeren Spaziergängen verbinden lassen − eine der wenigen Optionen an der ausufernd besiedelten Küste.
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