1 ...7 8 9 11 12 13 ...17 Manchmal bieten diese beiden Erziehungsstile, Helikopter und Feldwebel, eine Tarnung für die emotionale Distanz zu den Kindern. Die Familie mag im selben Haus wohnen, am selben Tisch essen und im selben Auto fahren, aber sie könnte genauso gut auf verschiedenen Planeten sein. Die Familienmitglieder sind oft blind für das Problem, weil sie sich seiner Existenz überhaupt nicht bewusst sind. Hätten sie ein vages Gefühl dafür, dass etwas nicht stimmt, wären sie höchstwahrscheinlich ohnehin nicht in der Lage, es zu artikulieren.
Wenn diese Familien dann gelegentlich doch einmal interagieren, verfallen die Eltern entweder in den Helikopter- oder in den Feldwebel-Stil. Entweder heißt es: „Oh, Schatz, du weißt, dass wir dich lieben und alles für dich tun werden“, oder: „Werd nicht emotional in meiner Nähe, Junge! Du tust, was man dir sagt!“
Eine andere Art der Erziehung, die hier nur am Rande erwähnt werden soll, ist das, was wir „Laissez-faire-Eltern“ nennen. Das sind Eltern, die ihre Kinder praktisch sich selbst erziehen lassen.
Einige glauben die Theorie, Kinder würden mit der Fähigkeit geboren werden zu wissen, was für sie richtig ist, wenn man ihnen nur die Zeit und Gelegenheit dafür gäbe, und sie würden schließlich zu erfolgreichen, kreativen Menschen heranwachsen, falls die Eltern einfach aus dem Weg gingen und sich nicht einmischten.
Andere glauben, sie sollten der beste Freund ihrer Kinder sein, sie nie für irgendetwas zur Rechenschaft ziehen und dafür sorgen, dass sie immer glücklich sind und das bekommen, was sie wollen. Sie glauben, dass es wichtiger ist, eine solche Art von Beziehung zu pflegen, als ihren Kindern Selbstdisziplin oder Charakter beizubringen.
Wieder andere fühlen sich schuldig, weil sie außer Haus arbeiten und deshalb wenig Zeit mit ihren Kindern verbringen können. Anstatt ihre Kinder für ihre Taten verantwortlich zu machen, lassen sie ihnen einfach freien Lauf und glauben, dass ein Verantwortungsbewusstsein auf die Kinder abfärbt, wenn sie wenig, dafür aber eine „qualitativ wertvolle Zeit“ mit ihnen verbringen.
Wieder andere haben Probleme damit, ihre Teenager dafür verantwortlich zu machen, dass sie sich so verhalten wie sie selbst am Anfang ihrer Teenagerjahre. Das gängige Argument ist: „Nun, ich bin schnell gefahren, habe Marihuana probiert, ein bisschen zu viel getrunken und habe mich trotzdem gut entwickelt. Das werden sie auch.“ Sie glauben dies trotz der Tatsache, dass viele ihrer Altersgenossen dies nicht taten und dass die gleichen Verhaltensweisen heute viel riskanter sind.
Wieder andere wissen einfach nicht mehr, was sie tun sollen, und haben deshalb einfach aufgegeben, es zu versuchen.
Wir möchten betonen, dass es sich dabei um gar keine Erziehungsmethode handelt, sondern um eine Abkehr von der elterlichen Verantwortung. Wie wir gerne sagen: „Wären Kinder dazu bestimmt, die Familie zu schmeißen, wären sie größer geboren worden.“
Helikopter können nicht ewig schweben, Feldwebel werden irgendwann heiser und Laissez-faire-Eltern tun nichts. Erlauben Sie uns, eine bessere Alternative vorzustellen, die das ganze Leben lang gut funktioniert, aber bei Teenagern besonders effektiv ist: der beratende Erziehungsstil.
In der Reifezeit findet eine wichtige Veränderung in der Denkfähigkeit statt. Kinder gehen von konkreten Denkern zu dem über, was der bekannte Kinderpsychologe Jean Piaget „formale Operationen“ oder abstraktes Denken nannte. Während diese wichtige Veränderung in der Wahrnehmung stattfindet, müssen Eltern die Art und Weise, wie sie erziehen, anpassen, um den Bedürfnissen der neuen Denkprozesse, die in ihren Kindern stattfinden, gerecht zu werden. Neuere Studien zeigen, dass sich das Gehirn von Teenagern fortlaufend und sehr aktiv entwickelt. Diese Forschung scheint darauf hinzuweisen, dass Denkmuster, die zwischen zwölf und fünfundzwanzig Jahren entwickelt werden, mit größerer Wahrscheinlichkeit die Gehirnverdrahtung – und damit zukünftige Verhaltensmuster – beeinflussen als zu jedem anderen Zeitpunkt. (Wir werden diese Entwicklung in Kapitel 6 ausführlicher besprechen).
Jüngere Kinder denken konkret und brauchen wohlüberlegte Führung und manchmal auch feste Grenzen. Teenager lehnen sich jedoch oft gegen Richtlinien auf und rebellieren gegen feste Grenzen, weil sie anders zu denken gelernt haben. Während ihre Gehirne allein von Emotionen und extremem Nervenkitzel angezogen werden, haben sie auch die Fähigkeit, abstrakt zu denken und, wenn sie die Chance bekommen, den grundlegenden tierähnlichen Reaktionen der Amygdala – bzw. des „emotionalen Gehirns“, wenn Sie so wollen – zu entkommen und mehr daran zu arbeiten, die Denkfähigkeiten der höheren und fortgeschritteneren Teile ihres Gehirns zu entwickeln.
Teenager lesen die Rettungsbotschaft von Helikopter-Eltern so: „Du bist zerbrechlich und schaffst es nicht ohne mich.“ Und sie nehmen die „Tu, was ich dir sage“-Botschaften von Feldwebel-Eltern auf, die verdeckt kommunizieren: „Du kannst nicht selbst denken, also werde ich es für dich tun.“ Sie interpretieren die „Was auch immer sein wird, wird sein“-Haltung von Laissez-faire-Eltern so, dass sie sich nicht um sie kümmern oder keine Hilfe dabei sind, Grenzen zu setzen, in denen sie sich sicher fühlen können.
Bei viele Eltern schlägt das Setzen von Grenzen ins Erteilen von Befehlen um. Sie untermauern diese Grenzen und Regeln mit weiteren Befehlen – stark angereichert mit Strenge und Wut –, und wenn diese versagen, greifen sie zur Bestrafung. Typischerweise reagieren Teenager auf diese Befehle und Bestrafungen mit Verantwortungslosigkeit, Widerstand und Rebellion.
Eltern, die in Liebe und Logik geschult sind, vermeiden die Helikopter–, Feldwebel- und Laissez-faire-Mentalität, indem sie stattdessen einen beratenden Stil anwenden. Sie stellen Fragen und bieten Wahlmöglichkeiten an. Anstatt ihren Kindern zu sagen, was sie tun sollen, legen sie die Last der Entscheidungsfindung auf die Schultern ihrer Kinder. Sie legen Optionen innerhalb sicherer Grenzen fest.
Eltern können ihre Kinder auf die reale Welt vorbereiten, indem sie das Familienleben so gestalten, dass es die Realitäten widerspiegelt, mit denen ihre Kinder bald selbst konfrontiert sein werden. Daher können wir uns ansehen, wie Berater in anderen Bereichen arbeiten, um unsere Vorstellung eines beratenden Erziehungsstils zu verfeinern.
Unternehmen stellen oft spezialisierte Berater ein, um eine Perspektive von außen auf ein bestimmtes Problem zu erhalten, mit dem das Unternehmen konfrontiert ist. Das Unternehmen stellt die Berater wegen ihres Fachwissens ein, nicht um dem Unternehmen zu sagen, wie es arbeiten soll.
In der Tat würde die Geschäftsführung der meisten Unternehmen einen Berater feuern, der versucht, sie herumzukommandieren.
Berater diktieren nicht, sondern geben Rat. Sie sagen Dinge, wie: „Ich frage mich, ob es für Sie effektiver wäre, wenn Sie …“ Diese Haltung hat tatsächlich große Vorteile, da Berater nicht dafür verantwortlich sind, ob ihre Kunden ihren Rat annehmen. Wenn dem Kunden der Rat des Beraters nicht gefällt, muss er ihn nicht mehr anhören.
Und Berater sind nicht dafür verantwortlich, was passiert, wenn ihre Kunden ihren Rat befolgen oder nicht. Wenn ein Unternehmen Geld verliert, nachdem es der Empfehlung eines Beraters gefolgt ist, wird der Verlust nicht aus der Tasche des Beraters geholt. Im schlimmsten Fall wird der Berater gefeuert und verliert Empfehlungen.
Wenn Berater also Autorität abgeben, geben sie auch gerne die damit einhergehende Verantwortung ab. Das ist ein Vorteil!
Therapeuten und Schulpsychologen
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