1 ...6 7 8 10 11 12 ...24 Man muss analysieren, wie man sich beim Traden fühlt, um zu gewährleisten, dass die Entscheidungen, die man trifft, solide sind. Die Trades müssen auf klar festgelegten Regeln beruhen. Man muss sein Money-Management so strukturieren, dass einen eine Verluststrähne nicht aus dem Spiel katapultiert.
6. Der Hang zur Selbstzerstörung
Trading ist sein sehr schweres Spiel. Ein Trader, der gewinnen und auf lange Sicht erfolgreich bleiben will, muss äußerst ernsthaft an sein Handwerk herangehen. Er kann es sich nicht leisten, naiv zu sein oder anhand einer verborgenen psychologischen Agenda zu handeln.
Unglücklicherweise reizt das Trading häufig impulsive Menschen, Glücksspieler und Menschen, die der Meinung sind, die Welt schulde ihnen ihren Lebensunterhalt. Wenn man des Nervenkitzels wegen tradet, geht man unweigerlich Trades mit schlechten Chancen sowie unnötige Risiken ein. Die Märkte sind gnadenlos und emotionales Trading führt immer zu Verlusten.
Wenn man auf Glücks- oder Geschicklichkeitsspiele setzt, ist das Spekulation. Glücksspiele gibt es in allen Gesellschaften und die meisten Menschen haben in ihrem Leben schon einmal gespielt.
Freud war überzeugt, das Glücksspiel übe einen universellen Reiz aus, weil es ein Ersatz für die Masturbation sei. Die repetitive und aufregende Aktivität der Hände, der unwiderstehliche Drang, die Vorsätze, aufzuhören, der berauschende Charakter der Lust und die Schuldgefühle verbinden das Glücksspiel mit der Masturbation.
Der prominente kalifornische Psychoanalytiker Dr. Ralph Greenson unterteilt die Glücksspieler in drei Gruppen: „normale Menschen“, die zum Vergnügen spielen und damit wieder aufhören können, wenn sie wollen; die Berufsspieler, die das Glücksspiel als Mittel wählen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen; und die neurotischen Spieler, die spielen, weil sie von unbewussten Bedürfnissen dazu getrieben werden und außerstande sind, damit aufzuhören.
Ein neurotischer Spieler meint entweder, er habe Glück, oder er will sein Glück auf die Probe stellen. Wenn er gewinnt, verschafft ihm das ein Gefühl der Macht. Er empfindet die gleiche Lust wie ein Baby, das gestillt wird. Am Ende verliert ein neurotischer Spieler immer, weil er versucht, das allmächtige Glücksgefühl wieder aufleben zu lassen, anstatt sich auf einen realistischen langfristigen Spielplan zu konzentrieren.
Dr. Sheila Blume, Direktorin des Spielsüchtigen-Programms am South Oaks Hospital in New York, hat des Glücksspiel einmal als „Sucht ohne Droge“ bezeichnet. Die meisten Spieler sind Männer, die um der Action willen spielen. Für Frauen ist das Glücksspiel meist ein Mittel der Flucht. Verlierer verbergen meistens ihre Verluste und versuchen so zu wirken und zu handeln wie Gewinner, werden dabei aber von Selbstzweifeln geplagt.
Der Handel mit Aktien, Terminkontrakten und Optionen verschafft dem Glücksspieler ein Hochgefühl und wirkt dabei respektabler, als wenn er auf Pferde wetten würde. Börsenspekulationen machen einen kultivierteren Eindruck als die Zahlenspiele bei einem Buchmacher.
Spieler sind glücklich, wenn Trades zu ihren Gunsten ausgehen, und sie sind schrecklich deprimiert, wenn sie verlieren. Das unterscheidet sie von erfolgreichen Profis, die sich auf langfristige Pläne konzentrieren und sich über einen einzelnen Trade weder besonders ärgern noch besonders freuen.
Das wichtigste Anzeichen für Glücksspiel ist die Unfähigkeit, dem Drang zum Wetten zu widerstehen. Wenn Sie das Gefühl haben, Sie würden zu viel traden und Ihre Ergebnisse seien zu schlecht, hören Sie einen Monat lang damit auf. Das gibt Ihnen Gelegenheit, Ihr Trading neu zu beurteilen. Ist der Drang, zu traden, so stark, dass Sie sich keinen Monat lang von der Action fernhalten können, dann wird es Zeit, dass Sie sich an die Anonymen Spieler wenden oder die Grundsätze der Anonymen Alkoholiker anwenden, die in diesem Kapitel später noch vorgestellt werden.
Nachdem ich jahrzehntelang als Psychiater tätig war, gelangte ich zu der Überzeugung, dass die meisten Fehlschläge im Leben der Selbst- oder Eigensabotage geschuldet sind. Wir scheitern in unseren beruflichen, persönlichen und geschäftlichen Angelegenheiten nicht wegen Pech oder Unfähigkeit, sondern um einen unbewussten Wunsch nach dem Scheitern oder Versagen zu erfüllen.
Ein hochintelligenter Freund von mir hat sein Leben lang seine Erfolge zunichtegemacht. Als junger Mann war er erfolgreicher Apotheker, verlor dann aber seine Apotheke; er wurde Broker und stieg fast bis an die Spitze seiner Firma auf, doch dann wurde er verklagt; schließlich verlegte er sich aufs Trading, schmiss aber hin, um sich aus seinen vorherigen Katastrophen herauszuarbeiten. Er schob alle seine Fehlschläge neidischen Vorgesetzten, inkompetenten Regulierungsbehörden und der mangelnden Unterstützung durch seine Ehefrau in die Schuhe.
Schließlich war er ganz unten. Er hatte keinen Job und kein Geld. Von einem anderen Trader, der ausgestiegen war, lieh er sich ein Börseninformationssystem und beschaffte sich von ein paar Leuten Geld, die gehört hatten, dass er früher ein guter Trader gewesen war. Er begann, mit diesem Anlagepool Gewinn zu erzielen, und als sich das herumsprach, investierten noch mehr Menschen bei ihm. Mein Freund hatte einen Lauf. Zu dieser Zeit ging er auf eine Vortragsreise durch Asien, tradete aber von unterwegs weiter. Er machte einen Abstecher in ein Land, das für seine Freudenhäuser berühmt ist, und ließ dabei eine sehr große Position in Anleihe-Futures ohne Sicherheits-Stopp offen. Als er in die Zivilisation zurückkehrte, hatte der Markt eine große Kursbewegung vollzogen und sein Pool war vernichtet. Ob er versuchte, sein Problem zu erkennen? Daraus etwas zu lernen? Nein – er gab seinem Broker die Schuld! Danach verhalf ich ihm zu einem attraktiven Job bei einer großen EDV-Firma, aber dort begann er die Hand zu beißen, die ihn fütterte, und wurde entlassen. Am Ende ging dieser hochintelligente Mann von Haustür zu Haustür, um Fassadenverkleidungen aus Aluminium zu verkaufen – während andere mit seinen Methoden Geld verdienten.
Wenn Trader in Schwierigkeiten geraten, geben sie gern anderen Menschen oder dem Pech oder etwas anderem die Schuld. Es tut weh, die Ursache seines Versagens bei sich selbst zu suchen.
Einmal kam ein prominenter Trader in meine Sprechstunde. Sein Kapital war durch einen Kursanstieg des US-Dollar vernichtet worden, den er massiv leerverkauft hatte. In seiner Jugend hatte er gegen einen beleidigenden, überheblichen Vater angekämpft. Er hatte sich mit den großen Positionen, die er darauf setzte, dass ein etablierter Trend sich umkehren würde, einen Namen gemacht. Dieser Trader hatte seine Short-Position immer weiter aufgestockt, weil er nicht zugeben wollte, dass der Markt – der stellvertretend für seinen Vater stand – größer und stärker ist als er.
Das sind nur zwei Beispiele dafür, wie Menschen ihre selbstzerstörerischen Neigungen ausleben. Wir sabotieren uns selbst, indem wir uns wie impulsive Kinder benehmen und nicht wie intelligente Erwachsene. Wir klammern uns an unsere selbstzerstörerischen Muster, aber sie lassen sich behandeln – Versagen ist eine heilbare Krankheit.
Der mentale Rucksack aus der Kindheit kann verhindern, dass man an den Märkten erfolgreich ist. Man muss seine Schwächen erkennen und daran arbeiten, etwas daran zu ändern. Führen Sie ein Trading-Tagebuch – schreiben Sie zu jedem Trade die Gründe für den Einstieg und den Ausstieg auf. Suchen Sie nach sich wiederholenden Mustern des Erfolgs und Misserfolgs.
Читать дальше