5.2 Kreditdienstleister und -käufer
Die EU-Kommission will mit den neuen Vorgaben über Kreditdienstleister und -käufer einen EU-weiten Markt für Kreditdienstleister, die im Auftrag von Banken oder Kreditkäufern die Bedienung von Kreditverträgen überwachen oder vertragliche Rechte und Pflichten durchsetzen, schaffen.
5.2.1 Kreditdienstleister
Die Kommission hatte daher vorgeschlagen, dass Kreditdienstleister ihre Dienstleistungen nach einer Zulassung bei einer zuständigen nationalen Behörde in der gesamten EU erbringen dürfen (EU-Pass). [54]Dazu müssen sie die zuständige Behörde in ihrem Herkunftsmitgliedstaat u.a. über den Mitgliedstaat, in dem sie ihre Tätigkeiten ausüben wollen, informieren. [55]Grundsätzlich soll die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats die Tätigkeiten des Kreditdienstleisters – auch diejenigen im EU-Ausland – überwachen. Die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaats kann jedoch „angemessene Verwaltungsstrafen oder Bußgelder“ verhängen und „Abhilfemaßnahmen ergreifen“, wenn sie feststellt, dass der Kreditdienstleister gegen die Vorschriften der Richtlinie verstößt und die Behörde des Herkunftsmitgliedstaats nicht einschreitet. [56]Als Voraussetzung für die Zulassung schlug die EU-Kommission vor, dass Geschäftsleitung und qualifizierte Anteilseigner von Kreditdienstleistern u.a. „ausreichend gut beleumundet“ sein müssen. Auch dürfen sie nicht in ein laufendes Insolvenzverfahren verwickelt oder für zahlungsunfähig erklärt worden sein. [57]
Die Kommission schlug vor, dass Kreditdienstleister die Dienstleistungen für Kreditgeber nur auf Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung erbringen dürfen. Diese muss u.a. Angaben über die zu erbringenden Leistungen, die Vergütung und den Umfang der Vertretungsmacht gegenüber dem Kreditnehmer enthalten. Auch wollte die Kommission, dass Kreditdienstleister die von Kreditgebern erhaltenen Anweisungen aufzeichnen und diese – wie auch ihre Korrespondenz mit Kreditgebern und Kreditnehmern – mindestens zehn Jahre aufbewahren und sie den zuständigen Behörden auf Anfrage zur Verfügung stellen. [58]
Der Ministerrat unterstützt den Ansatz der Kommission und stellt darüber hinaus klar, dass die Tätigkeit der Kreditdienstleister auch solche Kredite umfassen kann, die nicht notleidend sind. Mit dem EU-Pass für Kreditdienstleister ist der Ministerrat grundsätzlich einverstanden. Er schärft aber erwartungsgemäß die Befugnisse nationaler Aufseher. So sollen die Aufsichtsbehörden des Gaststaates zusätzliche Befugnisse bekommen, um auch ohne Einverständnis des Aufsehers des Heimatstaates intervenieren zu können, wenn sofortiges Handeln notwendig ist, um einer ernsthaften Bedrohung des kollektiven Interesses der Kreditnehmer zu begegnen. [59]
Darüber hinaus stellt der Rat klar, dass der EU-Pass nur für die Tätigkeit von Kreditdienstleistern gilt, die sich auf Kredite bezieht, die von CRR-Kreditinstituten [60]vergeben wurden. Mitgliedstaaten, die die Tätigkeit von Kreditdienstleistern auch für Nicht-Bankkredite zulassen, können dies zwar tun; in dem Fall findet der EU-Pass aber keine Anwendung. [61]
Unabhängig davon, ob ein Kreditdienstleister grenzüberschreitend arbeitet, sollen die Aufseher stärkere Eingriffsbefugnisse bekommen. So sollen sie interne Verfahren ( policies und internal governance and control arrangements ) beim Kreditdienstleister verlangen können, die die Achtung der Rechte des Kreditnehmers in Übereinstimmung mit den Gesetzen über den Kreditvertrag garantieren und auch sonst eine faire und sorgfältige Behandlung der Kreditnehmer gewährleisten. [62]
Der Rat hebt zudem die Zulassungsvoraussetzungen für Kreditdienstleister etwas an: Neben einer sauberen Bilanz in Bezug auf Geldwäsche muss das Management des Kreditdienstleisters als Ganzes ausreichend Kenntnisse und Erfahrung vorweisen, um die Tätigkeiten als Kreditdienstleister kompetent und verantwortungsvoll erfüllen zu können. [63]
Der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission findet nur auf Kreditkäufer Anwendung, die keine Banken sind. Wer Kredite an Kreditkäufer veräußern will, muss vorher Informationen zur Verfügung stellen, mit denen die potenziellen Käufer den Wert des Kreditvertrags ermitteln können. Sie sollen etwa einschätzen können, wie wahrscheinlich es ist, dass sie über die Veräußerung von Sicherheiten den Wert des Vertrags wiedereinbringen können. Die EBA soll das Format für die Übermittlung dieser Informationen harmonisieren.
Der Vorschlag sieht außerdem umfassende Meldepflichten für kreditverkaufende Banken vor. Sie müssen die zuständigen Aufsichtsbehörden bei jedem Kreditvertrag über den Kreditnehmer, den Kreditkäufer, den Wert und die Art der Sicherheiten informieren sowie darüber, ob es sich um einen Verbraucherkredit handelt. [64]Kreditkäufer müssen ihre zuständigen Behörden informieren, wenn sie beabsichtigen, einen Kreditvertrag unmittelbar, d.h. ohne Einschaltung eines Gerichts, zu vollstrecken. Sie müssen die Behörden auch über den Kreditnehmer, sich selbst, den Wert und die Art der Sicherheiten informieren sowie darüber, ob es sich um einen Verbraucherkredit handelt. [65]
Der Ministerrat lockert die Meldepflicht der kreditverkaufenden Banken. Sie sollen Transaktionen nur quartalsweise an die Aufsicht melden müssen, dazu soll aber auch die Identität der Kreditkäufer gehören. Aggregierte Meldungen sollen über die Anzahl und Umfang der veräußerten Kredit-Portfolios erbracht werden sowie darüber, ob Verbraucherkredite betroffen sind. Der Rat stellt klar, dass für Kreditkäufer (die nicht bereits Banken sind) keine Zulassungspflicht gelten soll. Es wird aber eine Meldepflicht eingeführt. Die EBA solle so Anbieter und Nachfrager von Kredit-Portfolios einfacher zusammenbringen können. Der Rat streicht die Meldepflicht im Vorfeld einer Vollstreckung.
5.3 Außergerichtliches Verfahren für die Realisierung von Sicherheiten
Wenig Chance auf eine baldige Annahme hat der Vorschlag der EU-Kommission zur Einrichtung eines beschleunigten Verfahrens zur außergerichtlichen Realisierung von Sicherheiten (AECE-Verfahren (Accelerated Extrajudicial Collateral Enforcement)). Die Kommission hatte vorgeschlagen, dass alle Mitgliedstaaten einen solchen „eigenständigen gemeinsamen Mechanismus“ einführen sollen. Das AECE-Verfahren soll neben die nationalen gerichtlichen und außergerichtlichen Vollstreckungsverfahren gestellt werden. [66]
Das AECE-Verfahren soll nur für Kredite an Unternehmen und nicht für Verbraucherkredite gelten. Kreditgeber und Unternehmensschuldner „können“ das Verfahren in Anspruch nehmen. Sie müssen dies schriftlich oder, falls vom Mitgliedstaat vorgeschrieben, notariell vereinbaren. Kreditgeber müssen Unternehmensschuldner „unmissverständlich“ über die Folgen des Rückgriffs auf das AECE-Verfahren informieren. [67]
Das AECE-Verfahren gilt nur für Kreditverträge, die durch „bewegliche oder unbewegliche Vermögenswerte“ besichert sind; ausgenommen ist jedoch etwa der Hauptwohnsitz des Kreditnehmers. [68]Die AECE-Vereinbarungen müssen die Kriterien, die die Anwendung des AECE-Verfahrens auslösen (Realisierungsfall) und einen Zeitraum nach dem Realisierungsfall angeben, in dem der Kreditnehmer den Kredit noch zurückzahlen kann, um das AECE-Verfahren abzuwenden.
Die Mitgliedstaaten können eine Verlängerung dieses Zeitraums um mindestens sechs Monate vorsehen, falls Kreditnehmer bereits 85% des Kredits zurückgezahlt haben. Die Vereinbarungen müssen einen „direkt vollstreckbaren Titel“ enthalten, so dass der Kreditgeber nicht vor Gericht ziehen muss. [69]Der Kreditgeber informiert den Kreditnehmer „in der Regel“ binnen vier Wochen nach einem Realisierungsfall über seine Absicht, nach dem AECE-Verfahren zu vollstrecken, und darüber, ob eine öffentliche Versteigerung oder ein Privatverkauf stattfinden wird. Nach Erhalt der Informationen darf der Kreditnehmer über die Sicherheiten nicht mehr verfügen. [70]
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