1 ...7 8 9 11 12 13 ...16 Trevor wiederholt mechanisch: »Du hast einen komischen Hut auf.«
Bill: » Du hast einen komischen Hut auf.«
Trevor kichert. » Du hast einen komischen Hut auf.«
Bill mit einem Anflug von Ungeduld: »Du hast einen komischen Hut auf.«
Trevor, ein wenig beleidigt: » Du hast einen komischen Hut auf.«
Bill: »Stopp.«
»Nicht schlecht«, sagt Bill. »Trevor hat genau das getan, worum ich ihn gebeten habe. Aber es gibt schon ein Problem mit dem, was gerade passiert ist, oder? Wer trägt den komischen Hut?«
Alle schauen auf Trevor. Er trägt eine ramponierte, ölbefleckte Baseballkappe, in weißen Kursivbuchstaben steht Von Dutch auf lindgrünem Grund. Der Schirm neigt sich in einem sonderbaren Winkel, was die langen, eigenartigen Gesichtszüge Trevors betont. »Ich«, sagt Trevor, »nicht du.«
»Richtig!«, sagt Bill. »Aber du hast wieder gesagt: ›Du hast einen komischen Hut auf.‹ Ich glaube, hier stimmt etwas nicht. Du hast getan, was ich dir gesagt habe, und du hast wiederholt, was ich gesagt habe. Aber es hat dich dazu gebracht, etwas zu sagen, was nicht wahr ist.«
Trevor verzieht das Gesicht: »Merkwürdig, dass du das sagst, denn was ich wirklich tun wollte, war …«, er hält inne.
»Was?«
Trevor neigt seinen Kopf zur Seite. »Ich meine, mein Impuls war zu sagen: › Ich habe einen komischen Hut auf!‹«
Bill lächelt: »Dein Impuls war, die Wiederholung zu ändern, damit deine Antwort ehrlich ist.«
»Vermutlich.«
»Das ist ein guter Impuls. Du hast gerade zum ersten Mal die Wiederholung geändert. Folge von jetzt an deinem Impuls. Hier war er richtig. Mit anderen Worten, wenn du ein Wort in der Wiederholung ändern musst, damit deine Antwort ehrlich ist, tu es. Opfere niemals eine ehrliche Antwort der wortwörtlichen Wiederholung.«
Bill wendet sich an Uma, eine kräftig gebaute Frau Anfang dreißig, mit pechschwarzem Haar, das ihr in einem gerade geschnittenen Pony über ihre opalfarbenen Augen fällt. Sie hat bisher kein Wort im Unterricht gesagt. Sie wirkt extrem schüchtern, aber nicht abweisend; ihre Augen blitzen vor Intelligenz. Sie hört sehr aufmerksam zu. Obwohl sie nichts sagt, nimmt sie alles auf.
Bill: »Trägst du eine Perücke?«
Uma nimmt das sehr persönlich: »Ob ich eine Perücke trage?«
»Ja, trägst du eine Perücke?«
»Nein!«, zischt Uma. »Ich trage keine Perücke.«
»Nein!«, erwidert Bill. »Du trägst keine Perücke?« Es klingt, als würde er ihr nicht glauben.
»Scher dich zum Teufel!«, explodiert Uma. Und die Klasse bricht in Gelächter aus.
Bill richtet nun seine Aufmerksamkeit auf Reg: »Du siehst müde aus«, sagt er, was Reg überrascht.
»Ich sehe müde aus?«, sagt Reg.
»Du siehst müde aus«, wiederholt Bill.
»Ich sehe müde aus«, sagt Reg. Seine Stimme nimmt einen scharfen Ton an.
»Ja, du siehst müde aus.«
»Ja, ich sehe müde aus«, sagt Reg gereizt.
»Ja«, sagt Bill. Wegen Regs gereiztem Verhalten ist er jetzt gereizt. »Du siehst müde aus.«
»Ja«, sagt Reg zähneknirschend. »Ich sehe müde aus.«
»Ja«, sagt Bill und betont nochmals: »Du. Siehst. Müde. Aus.«
»Ich bin nicht müde, verdammt nochmal!«, schreit Reg.
Bill lächelt: »Halt! Was ist passiert, Reg?«
Reg blinzelt: »Was meinst du?«
»Nun, du bist von der Wiederholung abgewichen, indem du ehrlich geantwortet hast. Ich sagte: ›Du siehst müde aus‹, und du hast geantwortet …?«
» Ich sehe müde aus.«
»Das ist richtig. Und nachdem wir es einige Male wiederholt haben, fügte ich an einer Stelle ein ›Ja‹ ein. Ich sagte: ›Ja, du siehst müde aus.‹«
»Das ist richtig«, bemerkt Jon. »So war’s.«
»Das ist irgendwie reingerutscht, weil die Wiederholung frustrierend wurde. Reg hat seinen Job aber gut gemacht. Er nahm das hinzugefügte Wort auf und wiederholte es. Das ist gut. Das zeigt, dass du wirklich zugehört hast. Was immer dein Partner sagt, du musst es wiederholen. Aber schließlich änderte Reg wirklich die Wiederholung, weil er einen Impuls hatte zu schreien …«
Reg wirft wütend seine Arme in die Luft: »Ich bin nicht müde!«, sagt er. »Herrgott nochmal, ich habe fantastisch geschlafen!«
Bill wirft gleichfalls seine Arme in die Luft: »Okay. Ich hab’s kapiert. Du bist nicht müde!« Die Klasse lacht. Bill lacht auch: »Du sagst also, dass sich der Wiederholungseffekt irgendwie in dir ›aufgestaut‹ hat. Die bloße Wiederholung der Wiederholung fing an dich zu frustrieren, denn ich machte immer wieder die gleiche ungenaue Beobachtung. Diese Frustration löste in dir einen echten Impuls aus, dem du nachgegeben hast, als du sagtest: ›Ich bin nicht müde, verdammt nochmal!‹«
Reg überlegt kurz, dann nickt er.
»Großartig. Denn auch auf diese Weise kann sich die Wiederholung ändern. Um ein arbeitsfähiges Vokabular zu erstellen, nennen wir es ›Stauung‹ (pileup) . Die Stauung ist oft eine natürliche Reaktion auf den Prozess der Wiederholung selbst. Mit anderen Worten, wenn ihr wirklich zuhört und wirklich antwortet, wird die bloße Häufigkeit der Wiederholung etwas in euch bewirken und einen Impuls auslösen.
Was ich sagen will, ist: Wenn ihr die Wiederholungsübung macht, wird euer Partner früher oder später den natürlichen Impuls haben, den Austausch zu ändern. Reg hatte die Wiederholung wirklich satt und sagte also: ›Ich bin nicht müde, verdammt nochmal!‹ Nun, das ist die Änderung. Hätten wir weitergemacht, wäre die Übung da weitergegangen.« Bill dreht sich zu Reg um: »Du bist nicht müde, verdammt nochmal?«
Reg hebt seine Arme und stöhnt: »Bitte. Ich hab’s verstanden.
»Du verstehst es?«, sagt Bill.
»Ich versteh’s«, wiederholt Reg.
»Du verstehst es?«
»Ich versteh’s.«
»Gut.«
Kenny hebt die Hand: »Man ändert also die Wiederholung, wenn man denkt, dass es Zeit ist, zu etwas anderem überzugehen.«
Bill schüttelt den Kopf: »Nein. Sich eine Veränderung für die Wiederholung auszudenken ist falsch. Es ist un organisch und berechnend, wie der Versuch, ein Gespräch zu manipulieren. Mit der Wiederholung wollen wir nicht unseren Verstand entwickeln, sondern eher unsere Instinkte. Alles, was in der Wiederholung geschieht, sollte durch Impulse ausgelöst werden. Von Emotionen. Du musst auf das, was du von deinem Partner hörst, ohne Analyse reagieren. Jedes Mal, wenn dein Verstand in die Wiederholung eingreift, unterdrückst du deine wahren Impulse und katapultierst dich selbst aus der Übung.«
Kenny schüttelt den Kopf: »Ich glaube, ich bin mir nicht ganz sicher, was ein Impuls ist.«
»Natürlich bist du das«, sagt Bill. »Du hattest dein ganzes Leben lang Impulse. Es ist so: Wenn du dich auf einen Nagel setzt, was passiert dann?«
»Autsch!«, sagt Amber.
»Richtig«, nimmt Bill auf. »Dein Impuls ist, aufzuschreien und sofort aufzustehen. Musst du innehalten und nachdenken? Überhaupt nicht. Es ist eine instinktive Reaktion. Es ist ein natürlicher Impuls. Man kann einen Impuls nicht denken . Wenn du dem Impuls aufzustehen folgst, geht es dir gut. Wenn nicht, sitzt du dort und hast Schmerzen, bis du aufstehst.«
Bill macht eine kurze Pause. Dann sagt er: »Eine Verbindung mit seinen Impulsen ist eines der wichtigsten Dinge, die ein Schauspieler entwickeln kann, denn wer du wirklich bist, zeigt sich durch deine spontanen Impulse. Ich meine nicht das ›Du‹, das du gerne wärst, oder das ›Du‹, von dem du glaubst, dass eine andere Person dich so haben will. Ich spreche von deinem wahren Selbst. Um ehrlich gegenüber dir selbst zu sein, musst du handeln, bevor du denkst. Im Moment heißt das: Wiederhole, bevor du denkst. Das mag dem widersprechen, was du in der Vergangenheit gelernt hast: Schau hin, bevor du springst. Denk nach, bevor du sprichst. Sieh dich selbst an, bevor du deiner Tante sagst, dass sie echt fett ist. Ich sage jedoch: Sprich, bevor du denkst. Spring, bevor du hinschaust! Dies ist der einzige Weg, spontan zu sein, der einzige Weg, wie du jemals als Mensch lebendig wirst.
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