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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind
im Internet über http://dnb.d-nb.deabrufbar.
ISBN 978-3-89487-939-6
© 2015 by Henschel Verlag in der Seemann Henschel GmbH & Co. KG, Leipzig
Gemeinschaftsausgabe der Verlage Seemann Henschel GmbH & Co.KG, Leipzig, und Bärenreiter-Verlag Karl Vötterle GmbH & Co.KG, Kassel
Die Verwertung der Texte und Bilder, auch auszugsweise, ist ohne Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen.
Wir danken den Fotografen für die freundliche Überlassung ihrer Bilder zum Abdruck in diesem Buch. Nicht alle Rechteinhaber konnten trotz intensiver Recherchebemühungen ausfindig gemacht werden; in berechtigten Fällen bitten wir um Mitteilung an Catherine Pisaroni, c/o Lenny’s Studio ( www.lennysstudio.com).
Redaktion: Felicitas Herberstein, Wien
Lektorat: Susanne Van Volxem, Frankfurt am Main
Bildredaktion: Catherine Pisaroni, Wien
Umschlaggestaltung: Catherine Pisaroni, Wien
Titelbild: Kristin Hoebermann
Gestaltung und Satz: Grafikbüro Scheffler, Berlin
E-Book: Carolin Scheffler
Inhalt
»Meine Stimme hat mich gefunden«
Macbeth, Sane Francisco Opera, 2007
© Terrence McCarthy
»Meine Stimme hat mich gefunden«
Vorwort
Mein Vater hat immer zu mir gesagt: »Mein Sohn, wenn du später mal dein Geld mit etwas verdienen kannst, was du auch noch gerne tust, dann bist du einer der glücklichsten Menschen dieser Erde.« Die Möglichkeit, meiner bis heute ungebrochenen Neugier freien Lauf lassen und mich mit der Literatur und Musik dieser Welt beschäftigen zu können, ist bestimmt ein großes »Glück« in meinem Leben. Ich bin mehr denn je davon überzeugt, dass die Künste und die Geisteswissenschaften wie eine Art unendliches Tagebuch davon zeugen, wer wir als Menschen sind. Daher möchte ich das Vorwort zu diesem Buch – eine Sammlung von Erfahrungen und Erinnerungen sowie Reflexionen darüber – mit einem Dank an Sie, mein Publikum, beginnen. Mein Alltag ist geprägt von Worten und von jenen rätselhaften Phänomenen namens «musikalische Ideen«, ersonnen von sehr viel sprachgewaltigeren und tiefsinnigeren Menschen als mir. Meine Passion besteht darin, diese Gedanken, Ideen, Geschichten, ja auch Gefühle für wieder andere Menschen hörbar zu machen. Ihnen allen, die Sie einem Künstler ermöglichen, seiner Leidenschaft zu folgen und dabei sogar seinen Lebensunterhalt zu verdienen – Ihnen allen gebührt mein tiefer Dank.
Ich muss zugeben, die Vorstellung, mich an einem Biografie-Projekt über einen gewissen Thomas Hampson zu beteiligen, hat zunächst gemischte Gefühle, wenn nicht sogar ein wenig Unbehagen in mir ausgelöst. Seit ich erwachsen bin, habe ich die meiste Zeit mit Lesen verbracht, voller Bewunderung für Bücher und das Leben jener, die sie für uns schrieben. Ich hatte einfach nicht daran gedacht, selbst einmal meine Gedanken und Erfahrungen zu Papier zu bringen. Die Rückschau auf Vergangenes hat für mich auch etwas Statisches. Wahrscheinlich habe ich das von meinem Vater, der mich immer gelehrt hat, nach vorne zu blicken. Sein Lebensmotto war: »Gib niemals auf« oder auch »Steh auf, wenn du am Boden bist, und lass die Fehler hinter dir«. So ist dieses Buch für mich weniger ein Blick zurück als einer rundherum, um 360 Grad.
Schopenhauer sagte: »Die Erinnerung wirkt wie das Sammlungsglas in der Camera obscura: Sie zieht alles zusammen und bringt dadurch ein viel schöneres Bild hervor, als sein Original ist.« Das habe ich in diesem Buch versucht zu vermeiden. Ich möchte vielmehr einige Aspekte aus meinem Leben mit Ihnen teilen, die Sie hoffentlich noch nicht über mich wissen, Gedanken über bestimmte Entscheidungen und ihre Folgen äußern und vor allem aufzeigen, was so viele meiner Mentoren mir in ihrer unglaublichen Weitsicht mit auf den Weg gaben. Natürlich besteht keinerlei Hoffnung auf Vollständigkeit, aber dafür garantiere ich Ehrlichkeit.
Ein Leben ohne Musik ist für mich etwas, das ich nicht kenne. Musik war immer da. Meine Mutter liebte Musik, mein Vater hatte nichts gegen Musik und mochte es auch, sie um sich zu haben, aber sie war für ihn nicht von primärer Bedeutung. Zu meinen frühesten Erinnerungen zählt, wie ich als kleiner Junge mit meinen Spielsachen unter der Orgelbank in unserer Kirche hockte, während meine Mutter übte oder sich ein musikalisches Programm für den Wochenendgottesdienst ausdachte. Etwas deutlicher erinnere ich mich daran, wie meine beiden älteren Schwestern Tonleitern rauf- und runterspielten – durchaus ahnend, dass diese Überei irgendwann auch einmal auf mich zukommen würde.
Sie sehen also, ich mochte Musik schon als Kind, auch wenn mir damals vermutlich noch nicht bewusst war, wie sehr. Aber ich mochte auch viele andere Dinge. Tatsächlich könnte man sagen, dass ich mich sehr leicht von allem ablenken ließ, was mir ad hoc interessanter erschien als das, was ich eigentlich tat. Das ist letztlich wohl symptomatisch für meine gesamte Kindheit. Aus der kritischen Distanz von heute heraus kann ich verstehen, dass meine Eltern so sehr auf Disziplin, auf rationales Denken, Verantwortung und so weiter bedacht waren. Doch ein etwas milderer Blick lässt mich erkennen, dass ich schon immer eine sehr aktive und lebhafte Fantasie hatte. Das ist eben jene »ungebrochene Neugier«, von der ich eingangs sprach. Keine Frage, ich interessierte mich schon früh für alles, was um mich herum passierte. Ich liebte die Naturwissenschaften, spielte gerne Baseball, engagierte mich bei den Pfadfindern und vieles mehr. Aber auch die Welt der Klänge, Musik oder Geräusche in der Natur, faszinierte mich sehr. Meine Intuition und meine Neugier haben mich, vor allem in meinem späteren Leben, dazu getrieben, mich auch intellektuell mit diesen Dingen zu beschäftigen.
Bruno Walter sagt in seinem Vorwort zu Lotte Lehmanns großartigem Lehrbuch More Than Singing. The Interpretation of Songs den klugen Satz: »Für dich kam immer zuerst das Singen und dann das Nachdenken darüber. Du bist befähigt zu lehren, weil du selbst aus deiner Intuition heraus lernst.« Ich liebe dieses Zitat. Ein älterer Arbeitstitel für das vorliegende Buch lautete denn auch ganz in diesem Sinne: Meine Stimme hat mich gefunden.
Liederabend, Wigmore Hall, 2013
© Minjas Zugik
Liebst du um Schönheit – Sie werden sich vielleicht fragen, wie es schließlich zu diesem Titel für mein Buch kam. Nun, meine Verehrung für Gustav Mahler und alle Aspekte seines Lebens ist hinlänglich bekannt. Und die Geschichte, die sich hinter diesem sanften Liebeslied mit dem genannten Titel verbirgt, hat mich immer sehr bewegt und fasziniert. Mahler hat es im Sommer 1902 geschrieben, für seine Frau Alma, mit der er erst fünf Monate verheiratet war. Er schrieb es höchstwahrscheinlich aus einer doppelten Absicht heraus: Ihr Geburtstag war am 31. August, und das eheliche Verhältnis in Erwartung des ersten Kindes, Maria, das im November 1902 auf die Welt kommen sollte, dürfte – wie soll man sagen – etwas unter Spannung gestanden haben. Was auch immer die Hintergründe waren, Mahler bezeichnete dieses Lied als ein »Privatissimum an Alma«, und man kann durchaus behaupten, dass es das persönlichste Liebeslied, wenn nicht gar das einzige ist, das er jemals geschrieben hat.
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